Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
ich nicht einmal die Zeit hatte, meinen eigenen Schwertgriff zu packen.
Eine lange karmesinrote Linie erschien auf der Wange der Wache.
»Ihr habt mich enttäuscht «, sagte sie heiser.
Der Duft des Feenbluts waberte durch den Raum, und meine Augen rollten nach hinten, so verlockend roch es. Ich hatte schon häufig Blut in Beuteln und sogar frisch von der Quelle genossen, aber das war nichts im Vergleich zu der Gier, die ich empfand, weil auf der anderen Seite des Raums einige Feenblutstropfen vergossen worden waren.
Meine Fangzähne senkten sich herab. Ich kämpfte verzweifelt darum, nicht die Kontrolle zu verlieren, mit einem Sprung den Raum zu durchqueren und den blutenden Feensöldner als Appetithäppchen zu vernaschen. Dank Franks Einschränkungen hatte ich in den letzten Tagen praktisch kein Blut zu mir genommen, und mein Blutdurst meldete sich mit aller Macht.
Ich packte meinen Schwertgriff so fest, dass sich meine Fingernägel in das Fleisch meiner Handfläche bohrten. Ich wusste, wenn ich die Kontrolle verlor, dann würden wir nicht nur die Feen verlieren … sondern vermutlich auch unser Leben.
»Ihr habt euch über eure Königin hinweggesetzt«, betonte Claudia, »und werdet dies als Zeichen eures Ungehorsams bis in alle Ewigkeit tragen.«
Sie ließ das Schwert klirrend zu Boden fallen. Auf der fein geschliffenen Spitze war ein karmesinroter Tropfen Blut zu sehen.
Claudia ging zu der weiblichen Wache hinüber, nahm auch ihr das Schwert weg und wiederholte den Vorgang. Jetzt war die Luft mit der doppelten Menge Blut und Magie erfüllt.
Die Vorfreude ließ mich erschaudern. »Jonah.«
»Merit«, presste er hervor. »Reiß dich zusammen!« Aber seine Stimme klang heiser, und als ich ihn ansah, erwiderten silberne Augen meinen Blick.
Hatte niemand von dieser Reaktion gewusst? Hatte niemand daran gedacht, uns mitzuteilen, dass wir in Schwierigkeiten wären, wenn die Feensöldner bluteten, wenn sie angegriffen wurden. Auch das zweite Schwert fiel klirrend zu Boden. Die beiden Feen standen blutend vor ihrer Königin, die die Waffen ihres Zornausbruchs vor ihre Füße hatte fallen lassen.
»Auch du wirst diese Narbe tragen«, sagte sie. »Dafür, dass du dich der Erinnerung verweigert hast, dass ich und nur ich die Königin bin, der du Treue geschworen hast. Du triffst keine Entscheidungen für die Feen!«
Ihre Stimme wurde immer lauter. Als die Macht zu groß wurde, gingen die Wachen in die Knie.
Ich widerstand dem Verlangen, mich ebenso zu Boden zu werfen, denn mein Blutdurst war einfach zu groß.
Ich machte einen schwerfälligen Schritt, und der zweite, dritte und vierte fielen mir schon leichter. Ich hatte die Feen fast erreicht, und sie dufteten so köstlich …
»Merit! Nein!« Jonah rief nach mir, aber ich hatte den Raum so schnell durchquert, dass die Fee keine Zeit mehr hatte zu reagieren. Er zappelte in meinen Armen, während ich mich auf den Biss konzentrierte.
Ich war an meinem Ziel, an seiner Kehle, die Zähne gebleckt und bereit zuzubeißen. Das war keine Beleidigung oder eine Bedrohung oder eine Gefahr für sein Leben – es war eine Schmeichelei. Ein Kompliment an das Blut, das durch seine Adern floss und in meinen Augen den Wert von Gold hatte … Aber Claudia war damit offenbar nicht einverstanden.
»Blutsaugerin!«, schrie sie, und ohne jede Vorwarnung befand ich mich in der Luft und flog durch den Raum. Ich krachte mit solcher Wucht gegen die Wand, dass mir die Luft aus den Lungen gequetscht wurde – und mit ihr der Blutdurst aus meinem Körper.
Mein Kopf und mein Körper schmerzten, und mein Brustkorb hob und senkte sich, weil ich unter großer Anstrengung Luft zu holen versuchte. Ich legte eine Hand auf den Fußboden und konnte meinen Kopf gerade so weit heben, dass ich sie auf mich zukommen sah.
»Du wagst es, in meinem Domizil nach dem Blut einer Fee zu gieren? In meinem Turm?«
Claudias Zorn war endlos und hatte ihre Augen schwarz verfärbt. Sie schritt mit solcher Wut im Blick auf mich zu, dass ich nicht mehr viel auf mein Leben gab. Wenn sie mich erreichte, würde sie tun, was sie tun musste.
Aber dann konnte ich sie auf einmal nicht mehr sehen. Jonah stellte sich mit erhobenem Katana zwischen uns.
»Wenn Ihr sie anfasst, dann werde ich Euch angreifen, egal, welche Konsequenzen das hat.«
Hätte ich nicht ohnehin schon auf dem Boden gelegen, dann hätten mich seine Worte umgehauen.
»Du wagst es, dich mir entgegenzustellen, Blutsauger?«
»Ich wage das bei
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