Chicagoland Vampires
es doch mal aus seiner Sicht – der Kerl ist nun mal Meister dieses Hauses oder war es zumindest. Sein Leben dreht sich nur um Kontrolle und Ordnung und um den Kampf gegen das Chaos. Und jetzt, auf einmal, nistet sich in seinem Kopf jemand ein, der sein Verhalten beeinflussen kann – und ihn dazu bringt, einen seiner Vampire zu verletzen? Das wird für ihn ein ganz großes Problem sein.«
»Das verstehe ich«, sagte ich. »Aber genau darum geht es mir – Ethan hat sich nicht plötzlich in ein Arschloch verwandelt. In seinem Kopf hockt eine Hexenmeisterin und sorgt dafür, dass mit seinen Gefühlen irgendwas nicht in Ordnung ist. Ich nehme bestimmt keine Leute in Schutz, die sich schlecht benehmen, aber in diesem Fall ist es nicht seine Schuld . Und außerdem geht es um mich . Er weiß, dass ich selbst auf mich aufpassen kann. Aber anstatt es zuzulassen, dass ich ihm helfe, wächst zwischen uns diese Spannung, wie ihr das nennt, und die macht mich wahnsinnig .«
»Weißt du, was das Problem ist?«, fragte Lindsey. »Ihr seid beide noch in der Vor-Liebe.«
»Wie bitte?«, fragten ich und Margot im Chor.
»Das ist die Phase, wenn ihr aufeinander scharf seid, euch aber noch nicht darauf einigen konntet, tatsächlich zusammen zu sein. Das ist die Vor-Liebe-Stufe. Er hat sich selbst eingeredet, dass er die Beziehung nicht aus irgendeinem dämlichen Grund beendet, denn ihr seid ja noch in der Vor-Liebe-Stufe, also scheint das ›auf Eis legen‹ für ihn nicht sonderlich schlimm zu sein.«
Ich seufzte. »Das ergibt einen Sinn. Aber wie kann ich das ändern? Ich will, dass Mallory aus seinem Kopf verschwindet, aber das könnte noch eine Zeit lang dauern. Was, wenn es Jahre dauert? Soll ich bloß rumsitzen und warten? Ich meine, als er seine Zimmertür aufgemacht hat, war er halb nackt.«
»Er will dich«, sagte Lindsey. »In körperlicher und auch in jeder anderen Hinsicht. Vielleicht musst du ihn einfach noch mal daran erinnern, dass du auf dich selbst aufpassen kannst.«
»Wie?«
»Mädchen, du bist die Hüterin dieses Hauses, und du wurdest von Catcher und Luc und Ethan ausgebildet. Er ist jetzt im Sparringsraum. Geh runter und tritt ihm in den Arsch .«
Ich lächelte verschmitzt. Das war ein Plan, der Hand und Fuß hatte.
Ich war eine Frau mit einem Ziel, und Halbherzigkeit würde mich nicht weiterbringen. Daher würde ich all meine Fähigkeiten zum Einsatz bringen – und außerdem die meisten meiner Klamotten ablegen. Die offizielle Sportkleidung des Hauses Cadogan war ziemlich bieder – ein Oberteil, das wie ein schwarzer Sport-BH aussah, und eine Yogahose. Ein solches Outfit garantierte Bequemlichkeit bei maximaler Beweglichkeit.
Catcher Bells Sportkleidung hingegen war dazu gedacht, dass ich meinen Körper in der Bewegung betrachten konnte – und daher war viel weniger Stoff im Spiel. Eine sehr knappe Sporthose und ein Bandeau-Top.
Ich schlängelte mich in das Ensemble, richtete meinen Pferdeschwanz und ging hinunter in den Sparringsraum. Ethan schien eine Pause von den Sitzungen und politischen Machenschaften gebraucht zu haben; er trug einen weißen Kampfsportanzug und brachte einer Handvoll Novizen eine Kata bei, einen zentralen Baustein des Vampirkampfstils.
Doch als er mich erblickte – und meine spärliche Bekleidung –, hielt er inne, und seine Augen funkelten. Ohne seine Novizen vorzuwarnen, kam er zu mir herüber.
»Ja?«
»Wir haben unser vorheriges Gespräch noch nicht beendet.«
»Und du hast vor, es noch einmal zu versuchen?«
»Ich habe vor, dich zur Vernunft zu bringen.«
»Pass auf, was du sagst, Hüterin.«
Ich ging einen Schritt auf ihn zu, sodass sich unsere Nasen fast schon berührten. Er hatte sich für mich pfählen lassen; ich hatte keine Angst vor ihm. Ich würde ihm das heute Nacht beweisen, egal, auf welche Art.
»Du hast mich im Kampf gesehen«, sagte ich leise zu ihm, »und du weißt, dass ich selbst auf mich aufpassen kann. Du weißt, dass ich es niemals zuließe, dass du mir wehtust. Ich bin kein Mensch. Ich bin eine Unsterbliche, praktisch unzerstörbar, eine erstklassig ausgebildete Novizin und Hüterin dieses Hauses. Aber wenn du glaubst, du könntest mir etwas anhaben, dann zeig’s mir doch .«
Entsetzen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Wie bitte?«
»Du und ich, hier und jetzt. Du gibst dein Bestes, mich zu verletzen.« Ich bedachte ihn mit dem herausforderndsten Blick, den ich zu bieten hatte. »Ich garantiere dir, dass du es nicht
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