Chicagoland Vampires
Blicke der Formwandler an den Tischen nicht, um ihren Willen durchzusetzen. Sie legte eine Hand auf die Theke, beugte sich vor, bis ihre beachtliche Oberweite beinahe das Holz berührte, und sah Catcher unverwandt an.
»Setz dich hin. Iss was«, sagte sie.
Catcher beeilte sich, auf dem Barhocker neben mir Platz zu nehmen, während Berna mit einem siegreichen Lächeln hinter der roten Ledertür verschwand, die in den hinteren Bereich der Bar führte.
»Weise Entscheidung«, sagte ich.
Catcher rieb sich mit den Händen übers Gesicht. »Ich will nichts zu essen«, sagte er. »Ich will, dass das vorbei ist.«
»Das verstehe ich«, flüsterte ich ihm zu. »Aber ich glaube, Zweck der Übung ist es, die Kontrolle aufzugeben. Mallory hat einfach das getan, was sie wollte, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. Jetzt sieh dir an, wo uns das hingebracht hat. Das Rudel hat sich eingeschaltet, um ihr eine Chance zu geben, ohne dass sie es hätten tun müssen, und sie hat diese Chance vermutlich überhaupt nicht verdient. Lass sie den schweren Teil der Aufgabe übernehmen, und lass ihnen das Recht, auch die Regeln zu bestimmen.«
Catcher schnaubte sarkastisch, blieb aber sitzen. Ich verbuchte das als Sieg.
Berna und ein weiterer Formwandler, den ich nicht kannte, brachten uns Teller mit Essen, die sie vor uns abstellten. Es schien sich um Kohlrouladen zu handeln, eine besondere Spezialität des Hauses. Während wir das in Papier eingewickelte Besteck ausrollten, goss Berna aus einer ungekennzeichneten Flasche Wein drei kleine Gläser ein, die sie uns anschließend reichte.
»Ich hoffe, hier ist niemand Vegetarier«, sagte ich, während ich keine Zeit verschwendete und meine Zähne in den Kohl mit dem scharfen, gut gewürzten Fleisch schlug. Es gab nicht viele Dinge, die so entspannend auf mich wirkten wie eine gute, herzhafte Mahlzeit, und ich dankte den Göttern – egal, ob den ukrainischen oder anderen –, dass ich ungestraft so viel essen konnte, wie ich wollte. Manchmal war es doch nicht so schlecht, ein Vampir zu sein.
Wir aßen schweigend und ohne Unterbrechung, während uns Berna zusah. Sie stand hinter der Theke und warf abwechselnd einen Blick auf unsere sich langsam leerenden Teller und die Seifenoper, die in dem kleinen, unscharfen Schwarz-Weiß-Fernseher lief, der hinter der Bar stand. Ich kannte weder die Sendung noch ihre Darsteller, aber wie es schien, hatten ein Arzt und eine Krankenschwester eine Affäre, während die Frau des Arztes im Nebenzimmer im Koma lag.
Als wir unsere Teller geleert hatten – für Berna gab es auch keine Alternative –, räumte sie sie weg und pfiff leise.
Kurze Zeit später trat Gabriel durch die rote Ledertür. Er bedeutete uns, ihm in das heruntergekommene Hinterzimmer der Bar zu folgen, wo drei weitere Formwandler in Lederjacken an einem alten, lacküberzogenen Tisch saßen. Sie hielten Karten in den Händen, und gut gefüllte Gläser standen in Greifnähe vor ihnen.
Ich nickte ihnen respektvoll zu und stellte zufrieden fest, dass sie meinen Gruß erwiderten. Catcher hielt klugerweise die Klappe.
Wir folgten Gabriel durch eine weitere Tür in einen Bereich der Bar, den ich noch nicht gesehen hatte – die Küche, die nach Desinfektionsmitteln, Fleisch und ordentlich durchgekochtem Kohl roch.
Nach wenigen Schritten standen wir im Eingang eines weiteren Raums und sahen zu, wie eine kleine Frau in Jeans, T-Shirt und mit einem Haarnetz vor einem Großküchenspülbecken stand und mit einer riesigen Sprühpistole Teller von Essensresten befreite.
Jedes Mal, wenn mich etwas überraschte, war ich mir ziemlich sicher, dass ich für die nächste Zeit vor Überraschungen gefeit wäre. Was niemals der Fall war.
Das Mädchen mit der Sprühpistole? Niemand Geringeres als Mallory Delancey Carmichael.
»Mallory«, sagte Gabriel.
Sie stellte die Waschbrause ab und sah zu ihm hinüber. Ihre Wangen liefen hochrot an, als sie bemerkte, wen er an den Ort mitgebracht hatte, der offensichtlich ihr neues Zuhause war.
Sie hing die Sprühpistole über einen Haken an der Wand und wischte sich die Hände an der Hose ab. Ihr dünnes T-Shirt war praktisch durchgeweicht, und die Haut an ihren Händen war rissig und an mehreren Stellen aufgesprungen. Das lag vermutlich weniger am Wasser als an der Magie, die sie gewirkt hatte.
»Hallo«, sagte sie kleinlaut.
Durch eine Fliegengittertür am anderen Ende des Raums kam kühle Luft herein. Vor ihr stand ein bulliger Formwandler in einer
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