Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
was ist, dann bin ich hinter dir.«
»Klingt gut und erinnert mich an eine Freundin, die beim Sex immer ganz laut meinen Namen gerufen hat. Zeno … Zeno … Zeno … Das hat mich so genervt, dass ich zu ihr gesagt hab: ›Jetzt bleib doch mal ruhig, ich bin doch hier. Genau hinter dir.‹«
Blödes Gerede unter Stress, denkt sich der Stocker und schaut dem Zeno nach, der mit seinem merkwürdigen schlenkernden Humpeln über die stark befahrene Straße tänzelt und ohne sich umzudrehen den linken Arm mit dem Transponder in der Hand hebt. Dann ist er auch schon drin in dem Haus. Wie zum Teufel hat der die Haustür aufbekommen, der ist doch kaum stehen geblieben?
Zwei Minuten später klickt das Funkgerät in Stockers Hand dreimal. Drinnen, er ist drinnen. Stocker rückt den Rückspiegel im Octavia zurecht und schaut sich die anderen Autos an. Alle leer und unverdächtig. Auch auf der Straße ist nichts, worüber man groß nachdenken müsste.
Plötzlich ist Zenos Stimme zu hören. Laut und ein bisschen atemlos: »Alter, wow, das solltest du sehen. Ein Wohnzimmer, unfassbar. Der hat da einen Flügel stehen, wie der Udo Jürgens auf der Bühne. Direkt neben der Wendeltreppe zu den Schlafzimmern hoch. Und an den Wänden, da hängen Bilder. So was von farbig. Voll die Kacke, Mann. Warte mal: Miró, das steht auf einem, und das andere, das hier, das sieht aus wie ein Riesen-Comic-Bild. Da steht, ist schwer zu lesen, aber ich glaub: Roy Lichtenstein. Und auf dem hier: Chagall. Ein irres Farbgekleckse, sag ich dir. Alles in Blau. Mit Engeln drauf. Oder Motten, sieht man nicht so genau. Wer gibt für so was Geld aus?«
»Zeno, halt deine kulturlose Schnauze und tausch die Steckdosen aus. Los, mach hinne, Mann. Und Funkstille haben wir ausgemacht. Funkstille.«
»Ist ja gut, Mama. Ich bin jetzt in der Küche. In dem Kühlschrank, Scheiße nein, das ist eine Kühlwand, da hat der Mistkerl sicherlich dreißig Dosen Kaviar. Und fünf verschiedene Sorten Schampus. Hier: Roederer Cristal Rosé. Den gibt’s nicht mal bei uns in der Kneipe. Egal, ich fang jetzt an. Gleich hier in der Küche. Die Steckdosen sehen wirklich genauso aus wie unsere Auswechseldinger. Ich nehm alles zurück, was ich über deinen John gesagt hab. Bis gleich, Alter.«
Der ist nervös, sonst würde er nicht so viel reden, denkt sich der Stocker. Auf der Straße ist dichter Verkehr, es ist noch immer hell, aber die Luft wird irgendwie blasser, weil die untergehende Sonne nur noch mit ein paar vereinzelten Strahlen durch die Äste blinzelt. Ein leichter Wind ist aufgekommen. Von den alten Kastanienbäumen am Straßenrand rieseln die kleinen Blütenblätter wie Neuschnee auf die geparkten Autos. Stocker sieht im Rückspiegel eine Bewegung in einem der Autos hinter ihm. Ein blauer, absolut unauffälliger 3 er- BMW , ein Touring. Das Kennzeichen sieht man nicht. Aber da sitzt einer am Steuer, denkt sich der Stocker. Unauffällig, genau wie ich. Und wartet auf was. Auf was?
»Zeno, hörst du mich?«
»Klar und deutlich. Ich hab schon drei Steckdosen ausgetauscht. Küche, Bad und Schlafzimmer. Geht ruck, zuck, das sind alles Klemmverbindungen. Jetzt geh ich in den Ankleideraum. Wow, der Kerl hat hier an die hundert Anzüge hängen. Von hell bis dunkel. Alles da. Und Schuhe, Alter, also, das sind vierzig Paar, oder noch mehr. Und Hemden erst, ich sag dir …«
»Sei mal ruhig, ich will was wissen. Was für Dienstfahrzeuge habt ihr bei der Münchner Kripo gehabt zu deiner Zeit?«
»Wir? Meistens BMW s, 3 er, und die Bonzen, die hatten 5 er. Hast du nie ›Derrick‹ gesehen? Einen Kripowagen erkennst du relativ leicht. Der ist meistens in einem uninteressanten Blau, oft auch ein Kombi, und immer ein bisschen verstaubt. Warum?«
»Genau so einer steht hier, drei oder vier Autos hinter mir. Der muss schon hier gewesen sein, als wir ankamen. Ich hab nichts bemerkt. Bis jetzt eben. Wenn du rauskommst, dann geh auf der Straße nach rechts und dann die erste wieder rechts. Halt deine Tasche tief, dann sieht er die bei dem Verkehr vielleicht nicht. Das da vorne ist Gott sei Dank eine Einbahnstraße, da kann er dir nicht nachfahren, falls er es auf uns abgesehen hat. Obwohl, woher soll der wissen, dass wir hier sind?«
»Kann keiner wissen. Wenn der mitgekriegt hätte, was wir hier tun, dann wär schon lange das SEK hier. Oder ein paar uniformierte Burschen vom Trachtenverein ›Die lustigen Blaulicht-Buam‹ mit ihrem Vereinsauto. Ich mach jetzt schnell und bin in
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