Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
fünf Minuten draußen und geh dann rechts. Mal schauen, ob ich mir den Vogel unauffällig ansehen kann. Blauer BMW -Touring, drei oder vier Kisten hinter dir, sagst du? Fahr los, sobald ich aus der Haustür komme. Wenn er dir folgt, wissen wir Bescheid. Dann ruf mich über Handy an. Okay? So, eine Steckdose noch. Am liebsten würd ich hierbleiben und noch ein bisschen stöbern. Da gäb’s so einiges zu finden, glaub ich. Unter den Esstisch im Wohnzimmer hat der zum Beispiel eine Handgranate geklebt, mit Paket-Klebeband. Erinnere mich dran, dass ich dir von dem Comstock-Typen in Cannes erzähle, bei dem ich mal war. Das glaubst du nicht, echt. Bis gleich. Ende.«
Der Kerl in dem blauen BMW trinkt aus einem Pappbecher, verdreht den Kopf und starrt gegen die tief einfallenden Sonnenstrahlen zu der Achs-Wohnung im fünften Stock hoch. Da gibt’s aber nichts zu sehen. Gut, dass wir das nicht nachts durchgezogen haben, denkt sich der Stocker. Man sieht den Kerl in dem Wagen auch nur schemenhaft. Die Frontscheibe spiegelt, und wenn der Bursche nicht die Wischer angestellt hätte, um die Kastanienblüten vom Glas der Windschutzscheibe zu entfernen, dann hätte ich von dem nichts mitbekommen. Ich werde alt, denkt er und sieht kurz darauf den Zeno aus der Eingangstür gegenüber kommen. Die Stofftasche hält er auf Kniehöhe. Was zum Teufel macht er jetzt? Er winkt zurück in Richtung Haus und wirft eine Kusshand in den ersten oder zweiten Stock hoch. Und geht dann gemächlich nach rechts, blickt dabei die Hausfassade an und nickt und lächelt.
Stocker startet den Octavia, der unter Protest vor sich hin grummelt. Ein Blick in den Rückspiegel: nichts. Der BMW rührt sich nicht. Der Kerl hinterm Steuer schaut immer noch zum fünften Stock hoch. Stocker fädelt in den fließenden Verkehr ein und wirft einen Blick über die Schulter. Der BMW steht. Wahrscheinlich falscher Alarm, denkt er sich, biegt an der Ecke links und nach hundert Metern wieder links. Siegesstraße, so heißt diese hier. Passt ja irgendwie. Auf der rechten Seite kommt ihm der Zeno entgegen. Der tritt jetzt vom Bürgersteig zwischen zwei Autos auf die Straße und reckt den Kopf, um zu sehen, was so alles hinter dem Octavia fährt. Kein blauer BMW dabei. Alles klar. Zeno reckt den Daumen nach oben, Stocker bremst ab und Zeno springt in den Wagen. Die Stofftasche wirft er nach hinten und schaut aus dem Rückfenster.
»Fahr an. Fahr da vorne rechts, dann sind wir wieder auf der Leopoldstraße. Wow, dass du das gemerkt hast, den BMW , meine ich. Das war super. Was denkst du, wer da am Steuer war?«
»Weiß ich nicht, aber du hast eine Vorstellung da auf der Straße vorhin abgeliefert, das war irgendwie … George Clooney als junges Mädchen, würd ich mal sagen. Was sollte das denn? Seit wann machst du einen auf Schauspieler?«
»Dein Problem ist: Du kennst mich überhaupt nicht. Weil, eigentlich bin ich ganz anders. Ich komm nur so selten dazu. Verstehst?«
»Nein. Wer war der Kerl in dem Wagen?«
»Der? Ach so ja, das war ein alter Bekannter, wenn ich mich nicht täusche. Der Sperber Fritz. Der ist aber vor ein paar Jahren in den Zwangsruhestand versetzt worden. Versteh ich also gar nicht, was der da macht. In einem Kripo-Dienstwagen. Das heißt, so langsam wird mir einiges klar.«
»Zwangsruhestand, was ist das denn? Warum? Wo war der? Und was wird dir klar?«
»Der Sperber? Der war ein Sonderfahnder. Der kommt noch aus der ›Dirty Harry‹-Generation. Der hat die höchste Aufklärungsquote von allen Kollegen in der Ettstraße gehabt. An die zweitausend Ganoven hat der in Staatspension geschickt. Ist im Rotlichtmilieu aufgewachsen, der Sperber, und Erfolg hat für den mehr gezählt als die Dienstvorschriften. Der hat die ganze Palette draufgehabt: Schlägereien bei Festnahmen, Strafvereitelung im Amt, illegaler Waffenbesitz, solche Sachen. Zum Beispiel hatte der immer eine Derringer 9 mit rausgefeilter Seriennummer im Hosenbund und eine abgesägte Pumpgun im Auto. Der war 1972 bei dem Sonderkommando dabei beim Olympia-Attentat. Ist vor zwei Jahren, glaube ich, frühpensioniert worden und soll seitdem als Leibwächter für Leute aus der Hochfinanz gearbeitet haben. Bei einem der Flicks war der mal, und als Clint Eastwood in München war, wer glaubst du, war da sein Bodyguard?«
»Der Sperber? Dann muss der jetzt um die fünfundsechzig sein, oder?«
»Richtig! Ich weiß noch, da war damals ein großes Foto in der Abendzeitung. Sperber und Clint
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