Chili Con Knarre
auf die Uhr. »In zehn Minuten gehen die Lichter aus. Na los.«
»Ich möchte jedenfalls nicht hier im Dunkeln stehen«, hauchte Danas Partnerin. Bennett scheuchte sie mit der Hand weiter und zögernd bewegten sich die Schüler vorwärts.
James folgte ihnen in die Kammer der Kathedrale , wo alle vier beschlossen, ihre Zeichenutensilien auszupacken
und gegen das Geländer gelehnt, die Spalten und Vorsprünge der Felswände vor ihnen zu studieren. Weil er nicht nur herumstehen wollte, lief James in seinem Kontrollbereich umher, nickte den Schülern zu, die sich ihrer Arbeit widmeten und fragte sich, wie Lindy wohl mit Rektor Chavez vorankam.
Plötzlich stahl sich ungebeten das Bild von Murphy Alistair in ihrem Sportdress vor sein geistiges Auge. James spürte seinen Puls schneller werden, und der Gedanke, dass sie immer freundlich zu ihm gewesen war, ließ ihn nicht mehr los. Sogar mehr als freundlich. Es gab Zeiten, da hatte Murphy regelrecht mit ihm geflirtet, glaubte er sich zu erinnern.
Auf dem Weg zurück in die Kathedrale versuchte James Murphys hübsches Gesicht und ihre schlanke Gestalt aus seinen Gedanken zu verbannen. Dort angekommen, fiel ihm auf, dass zwei der vier Schüler, die nebeneinander gearbeitet hatten, nicht mehr zusammen am Absperrungsgeländer standen.
»Wo sind denn eure Partner hin?«, fragte er den verbliebenen Jungen und das Mädchen. »Das waren doch Dana und … Jacob, oder?«
Der Junge zuckte mit den Achseln und bewegte anspielungsreich seine Augenbrauen. »Ich glaube, die studieren eine andere Art von künstlerischem Kontrast.«
Das Mädchen kicherte, während James versuchte, die Bedeutung dieser Worte zu erfassen. Sein Magen krampfte sich zusammen. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf die Suche nach diesem eigensinnigen Duo zu machen, das sicherlich nichts Gutes im Schilde führte, und es wieder ans Arbeiten zu bringen. Gelänge
ihm dies nicht, konnte er sich lebhaft vorstellen, was Lindy mit den beiden - und mit ihm - anstellen würde, wenn sie dahinterkäme.
»Wohin sind sie gegangen?«, fragte er das Mädchen, indem er sich hinter ihr aufbaute und den autoritären Ton anschlug, den er vor Jahren als Professor an der William & Mary Universität zur Perfektion gebracht hatte.
Das Mädchen deutete auf einen Durchgang, der zurück zum Ausgang führte, und James eilte davon. Seine Füße hatten gerade einen glitschigen Abhang erreicht, als die Höhle in absolute Dunkelheit getaucht wurde. Unfähig, seine Vorwärtsbewegung abzustoppen, torkelte James und verlor, da er das Geländer nicht mehr sehen konnte, das Gleichgewicht, woraufhin er mit seinem Hinterteil hart auf einem Stück feuchten Betons landete. Die Sitzfläche und die Beine seiner Hose waren sofort klitschnass und James begann zu frösteln. Nach dem Geländer tastend, zog er sich hoch und rieb sich die Gänsehaut, die seine ganzen Arme bedeckte. Die Dunkelheit verfluchend, drückte er die Knöpfe seiner Uhr, bis das Zifferblatt fahl aufleuchtete und ihm die Zeit zeigte: 19:01.
Binnen Sekunden erstrahlte die gesamte Innenbeleuchtung in blendendem Weiß und Gelb. James rieb sich die Augen, zog an seinen durchweichten Hosenbeinen, die ihm an der Haut klebten, und setzte seine Suche nach den beiden Schülern fort.
Zu seiner Rechten hörte er in der Ferne das Echo schneller Schritte, und plötzlich tauchte Dana auf, die aus einem der verbotenen Pfade auf ihn zugelaufen kam. Im Halbdunkel bewegte sich ihr Gesicht auf und ab wie ein Mond über schwarzem Meer. James öffnete den Mund,
um sie anzuschreien, doch er bekam keine Gelegenheit dazu. Sobald Dana ihn erreicht hatte, klammerte sie sich an ihn und brach lautstark in Tränen aus.
Nachdem er ihre scharfen Nägel von seinen Oberarmen gelöst hatte, forderte James sie auf, sich zu beruhigen. »Ist ja gut«, sagte er sanft. Diesen Satz wiederholte er immer und immer wieder, bis seine Geduld schließlich am Ende war.
»Dana«, schrie er sie grob an. »Jetzt hör endlich auf! Ich kann dir nicht helfen, solange du so aufgelöst bist!«
»Ich … ich …«, waren die einzigen verständlichen Laute, die James verstehen konnte.
»Was ist denn nur los mit dir?«, brummte er etwas milder gestimmt. »Bist du verletzt?«
»I-i-ich ni-ni-nicht«, stammelte sie mit gerötetem, tränenüberströmtem Gesicht. Sie wischte sich ihre laufende Nase mit ihrem Ärmel ab und versuchte Luft zu holen. »Es-es ist Ms. W-Willis!«, jammerte sie. »I-ich gl-glaube, sie ist
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