Chili Con Knarre
Chavez saß. Sie teilten sich einen Teller Apfelküchlein und unterhielten sich angeregt. »Welche der Schwestern ist das?«, erkundigte James sich im Flüsterton bei Lindy.
»Ich vermute, dass es Kinsley ist«, murmelte Lindy unglücklich. »Sie hat zwar erst vor vier Tagen mit dem Unterrichten angefangen, aber ich vermute, sie wollte keine Zeit verlieren, sich an Luis heranzumachen.«
»Hast du dich denn nicht persönlich um die Begleiter gekümmert?« James war verwirrt. Eine Kellnerin kam vorbei, und er bestellte süßen Tee und den Truthahnteller mit Süßkartoffelbrei und Saubohnen. »Warum hast du sie denn überhaupt gefragt, wenn du Angst davor hattest, sie könnte euren Rektor becircen?«
Lindy bestellte einen Cheeseburger und einen Gartensalat und wandte sich dann an James, um seine Frage zu beantworten. »Ja, ich habe mich selbst um alle Begleiter gekümmert, aber die Bibliothekarin hat sich eine schlimme Erkältung eingefangen und konnte deshalb nicht kommen. Offenbar hat sie Kinsley gebeten für sie einzuspringen, und dann kam völlig unerwartet noch Adam Sneeds Großvater und meldete sich freiwillig, um auszuhelfen. Er sagte, er sei von St. Louis auf Besuch hier
und würde gern unsere berühmten Tropfsteinhöhlen besichtigen.«
»Ist das der Typ zu meiner Rechten?«, erkundigte sich James, und als Lindy nickte, fragte er: »Wie heißt er denn?«
»Mr. Sneed. Er spricht etwas undeutlich, wenn er was sagt, sagt aber nicht viel. Wäre schön, wenn es dir gelänge, das Eis zu brechen, damit ich mich richtig bei ihm bedanken kann. Jedes Mal, wenn ich in seine Nähe komme, weicht er zurück.« Lindy schob sich ein Apfelküchlein in ihren Mund und kaute mechanisch vor sich hin.
Als das Essen serviert wurde, begrüßte James seinen Tischnachbarn zur Rechten. Der ältere Herr hatte eine große quadratische Sonnenbrille auf, wie sie nach James’ Vermutung Menschen mit grauem Star trugen, und war mit einem verlotterten Tweedblazer über einem Rollkragenpullover bekleidet. Sein Gesicht wies vor allem um die Augenpartie herum viele Falten auf, und seine vorgewölbte Stirn war stark gefurcht. Er hatte eine unglaublich krumme Nase und seine Haut schien einen leichten Stich ins Orangefarbene zu haben. Sein Haar war weitgehend unter einem braunen Anglerhut versteckt, an dem eine einzelne schwarz-rote Köderfliege festgehakt war.
Nachdem er seinen Arm ausgestreckt hatte, um den vor James stehenden Salzstreuer zu nehmen, räusperte sich der Mann und sagte mit heiserer Stimme: »Ich bin Mr. Sneed. Sehr erfreut, Sie kennenzulernen.« Dann grub er seine vergilbten Schneidezähne in ein Stück Roastbeef mit brauner Sauce. Fetttropfen sprenkelten den kurzen ergrauenden Bart des Mannes, und James
wandte sich ab, um sich auf seinen eigenen Teller zu konzentrieren.
Kurz vor sechs scheuchte Lindy ihre Schüler in die Busse, und sie legten den kurzen Weg zu den Luray Caverns zurück. Der Parkplatz war so gut wie leer, da die Führungen für diesen Tag schon beendet waren. Nur eine Minimalbesetzung von Angestellten des Höhlenbetriebes war noch damit beschäftigt, das Gelände zu säubern und alles für den nächsten Tag vorzubereiten. Das Oldtimermuseum, der Gemischtwarenladen und das Restaurant hatten für diesen Tag bereits geschlossen. Während er im trüben Schein der Laternen langsam durch das riesige Gartenlabyrinth auf den Eingang zulief, wo sich die langen Schatten der Bäume gespenstisch über die Hecke schoben, beschlich James ein merkwürdiges Gefühl.
Die Schüler spürten sofort das Besondere dieses Augenblicks und verfielen entweder in Schweigen oder tauschten sich aufgeregt tuschelnd aus.
»In diesem Labyrinth soll ein Mädchen umgebracht worden sein«, sagte einer der Jungen laut und deutete auf die dichte Blätterwand zu seiner Rechten.
Lindy fuhr ihn an. »Hör auf damit, Charlie. Auf diesem Gelände ist noch keiner umgekommen. Hör auf, deinen Klassenkameraden Angst einzujagen.«
Am Eingang reichte sie dem Pförtner die Tickets und wandte sich dann in einer kurzen Rede an ihre Schüler. Sie ermahnte alle, mit ihren Partnern zusammenzubleiben. Die Paare durften sich dreißig Minuten lang frei in den Höhlen bewegen, um sich einen Ort auszusuchen, wo sie die Zeit mit Bleistift- oder Kohlezeichnen zubringen konnten.
»Ihr werdet nicht die übliche Führung bekommen«, informierte Lindy ihre Schüler, »aber die Führer werden um Punkt sieben Uhr eine ganze Minute lang die Beleuchtung ausmachen. Bis
Weitere Kostenlose Bücher