Chili Con Knarre

romantische Geschichte gehört? Es war Liebe auf den ersten Blick. Und das alles, weil beide einen Hund retten wollten! Sie nannten den Beagle Sunshine, nach dem Film, den die beiden gerade gesehen hatten - Little Miss Sunshine .«
    James schwärmte: »Ein großartiger Film.« Er musste erst die Details verarbeiten. »Glaubt June denn, dass Colin einfach nur versucht hat, Eindruck bei Parker zu schinden, oder ließ sie durchblicken, dass er sich immer wie ein Held benimmt?«
    Gillian schüttelte den Kopf. »Nach Junes Aussage ist Colin über Parkers Tod zutiefst erschüttert. Er kam sofort hierher, um bei der Behandlung ihrer Patienten auszuhelfen, und June meint, er sei eine sehr mitfühlende und großzügige Seele.« Sie schob sich ein Haarbüschel aus der Stirn. »Es sieht ganz danach aus, als hätten wir es hier trotz einer privilegierten Kindheit - die besten Schulen, Sommeraufenthalte in Maine , finanzielle Unterstützung beim Aufbau seiner Praxis - nicht mit einem egoistischen Individuum zu tun.«
    »So selbstlos das alles auch erscheinen mag, aber wie soll Colin sich eigentlich um zwei Praxen kümmern?«, wunderte sich James.
    »Das weiß ich nicht, aber er fühlt sich in Parkers Praxis offenbar sehr zu Hause. Colin und Parker haben sich regelmäßig gegenseitig in ihren Praxen besucht und einander ausgeholfen oder dem anderen einfach nur bei der
Arbeit zugesehen.« Sie verschränkte ihre Hände. »June glaubt, dass sie wirklich Seelenverwandte waren.«
    Die ganzen Anspielungen auf Liebe und Romantik gingen James langsam auf die Nerven. »Das klingt fast so, als wäre dieser Colin zu edel, um wahr zu sein. Laster hat doch jeder. Welche sind seine?« Er warf einen unfreundlichen Blick auf Gillian. »Ist das alles, was June zu dem Thema zu sagen hatte?«
    »Geduld, mein Freund.« Gillian tätschelte seinen Unterarm. »Sie zeigte mir sogar zwei Fotos von Colin, die bei Parker auf dem Schreibtisch ihres Sprechzimmers stehen. Nun rate mal, was er auf einem dieser Fotos trägt?« Gillian rutschte aufgeregt auf ihrem Sitz herum.
    James hatte keine Ahnung. »Ein Tutu?«, meinte er boshaft.
    »Blödmann! Kein Tutu, sondern eine Anglerweste, mit Haken und Ködern und all dem anderen Zeug dran.«
    Vor James’ geistigem Auge tauchte sofort die Köderfliege von Mr. Sneeds Hut auf. »Das ist in der Tat interessant, Gillian. Doch er könnte zu all seinen anderen Talenten ja durchaus ein echter, preigekrönter Angler sein«, entgegnete er zögernd.
    »Pah«, gab Gillian zurück und erhob abwehrend ihre Hand. »Aber lass mich doch erst mal ausreden. Colin Crabtree ist nämlich keinesfalls ohne Makel.«
    James musste an Dwights Gesicht denken, das sich verdunkelt hatte, als er auf Parkers Freund zu sprechen kam, und er wurde ganz aufgeregt. »Dann hat er also doch ein paar Laster!«
    »Jedenfalls eins. Und June wollte eigentlich gar nicht darüber reden. Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass
sie selbst ein ganz klein wenig in Colin verliebt ist.« Gillian lehnte sich in ihren Sitz zurück und starrte träumerisch aus dem Fenster. »Schließlich wachsen gut aussehende, einfühlsame Tierliebhaber nicht auf Bäumen.«
    »Das Laster, Gillian?«, erinnerte James.
    »Nun, er mag vielleicht die Tiere lieben, aber sie erwidern seine Liebe nicht immer«, platzte es unvermittelt aus Gillian heraus, als wäre es ihr unangenehm, Colin zu kritisieren. »Nach mehrmaligem Nachhaken und drei Tassen Ginsengtee gab June zu, dass Colin mit Menschen sehr viel besser umzugehen vermag als mit Tieren.«
    James war verwirrt. »Was soll das heißen?«
    »Es heißt, dass er einen besseren Humanmediziner abgegeben hätte. Weißt du, Tiere können nur mit ihren Augen und einer gewissermaßen verborgenen Stimme sprechen. Man muss in der Lage sein, ihre Körpersprache zu deuten, um zu verstehen, was sie einem mitteilen möchten. Einige haben diese Gabe«, fügte sie hinzu, »andere nicht.«
    »Hat es da Klagen gegeben?«, forschte James neugierig nach.
    Gillian nickte. »Parkers Stammpatienten bitten darum, von Dwight Hutchins anstatt von Colin empfangen zu werden. June erzählte auch, dass Colins Praxis nicht besonders gut liefe. Ein wütender Bauer namens Ramsay draußen in Mt. Sidney soll sich bei all seinen Freunden wegen der Geburt eines seiner Tiere, die von Colin betreut wurde, beschwert haben.«
    James drückte das Gaspedal durch, sein Herz schlug schneller vor Erregung. »Dann könnte Geld also ein Motiv sein!«

    »Vermutlich schon«,