Chili Con Knarre
Hübschen schon mal gesehen hätte.«
Dalai Lama fing in diesem Augenblick doch tatsächlich zu schnurren an.
Gillian schüttelte den Kopf. »Unser Haustierarzt ist auf einer Tagung. Wir lieben ihn und vertrauen ihm wirklich grenzenlos, aber der Arzt, der ihn vertritt …« Sie warf James einen besorgten Blick zu. »Nun, wir haben einfach das Gefühl, dass er sich nicht richtig kümmert. Er sieht die Tiere nicht als eigenständige Wesen . Wissen Sie, was ich meine?«
Die Assistentin schürzte ihre Lippen. »Und ob ich das weiß! Ich wünschte, Sie hätten Ms. Willis kennengelernt, die Frau, die diese Praxis eröffnet hat. Sie war einfach zauberhaft im Umgang mit Tieren.«
»Und sie ist heute nicht hier?« Gillian gab sich überrascht.
»Oh, das stand doch in allen Zeitungen!« Die Assistentin schien entsetzt zu sein, dass Gillian die neuesten Schlagzeilen nicht kannte. » Sie war nämlich die Person, die man tot in den Höhlen gefunden hat.«
»Nein!« Gillian schwankte, und James streckte seine
Hand aus, um sie festzuhalten, weil er nicht wusste, wie weit sie wohl in ihrer überzeugenden Vorstellung gehen würde.
»Doch!«, entgegnete die Frau. »Die Polizei hat schon drei Mal sämtliche Angestellten hier befragt und diesen Ort hier auf der Suche nach Anhaltspunkten auseinandergenommen. Das war ziemlich traumatisch. Die Aura hier war tagelang komplett gestört!«
»Ich möchte nicht selbstsüchtig klingen«, jammerte Gillian, »aber wer wird sich denn nun um mein kostbares Baby kümmern?«
»Der Partner von Ms. Willis, Dwight Hutchins.« Die Assistentin stand auf und reichte Gillian ein Klemmbrett. »Keine Sorge. Auch er kann sehr gut mit Tieren umgehen.« Sie senkte ihre Stimme. »Dr. Hutchins trauert natürlich um den Verlust seiner Freundin und Geschäftspartnerin und ist deshalb vielleicht nicht sehr gesprächig, aber Ihre Katze ist bei ihm in bester Obhut.«
Gillian hielt inne und wandte sich dann an James. »Oh, ich glaube nicht, dass ich da jetzt rein kann. Nimmst du ihn bitte, James? Ich halte lieber ein Schwätzchen mit …«, sie wandte sich an die Assistentin, »wie heißen Sie gleich noch mal, meine Liebe?«
»June.«
»Ich glaube, ich brauche jetzt Junes tröstlichen Beistand«, sagte Gillian und lächelte die Assistentin freundlich an.
In Panik beäugte James den Katzentragekorb. »Aber ich weiß doch gar nicht, was ich Dr. Hutchins über seine Symptome erzählen soll.«
»Erzähl ihm einfach, dass er nicht regelmäßig fressen
will und sein halbes Essen auskotzt!«, klagte Gillian und ließ sich dann entkräftet in einen der Stühle im Wartezimmer fallen, als wäre das alles zu viel für sie. »June? Haben Sie vielleicht zufällig einen Kräutertee?«
June sprang hinter ihrer Theke auf. »Selbstverständlich! Was anderes trinke ich gar nicht. Was halten Sie von einem Magic Mantra Mulberry ?«
Gillian stöhnte vor Glück. »Perfekt. Ich wusste doch, dass meine Instinkte mich nicht trogen, als ich diesen Termin vereinbart habe. Manchmal muss man einfach Vertrauen haben in die innere Stimme.«
June strahlte. Dann gab sie James ungeduldig zu verstehen, mit ihr nach hinten in den Untersuchungsraum zu kommen und dort zu warten. Ohne sich die Mühe zu geben, ihm die Tür zu öffnen, eilte sie in die Küche davon, jeder ihrer flotten Schritte von Glöckchenklang begleitet.
Gleich darauf begann Dalai Lama erneut zu miauen. James hatte keine Ahnung, wie er dieses Tier trösten sollte, also sagte er einfach immer wieder pst und betete, der Tierarzt möge endlich kommen. Während er dem gereizten Kater beruhigende Worte zuflüsterte, betrachtete er ein übergroßes Poster an der Wand, auf dem die verschiedenen Katzenrassen abgebildet waren. Er schaute so gebannt auf die Zeichnung der Abessinierkatze, dass er den Mann, der im weißen Laborkittel den Untersuchungsraum betrat, fast nicht bemerkt hätte.
»Dwight Hutchins«, murmelte der Tierarzt zur Begrüßung. Er übersah James’ dargebotene Hand und wandte sich umgehend dem Tragekorb zu. Mit einem Blick auf den braunen Aktendeckel in seiner Hand warf er einen
neugierigen Blick auf Dalai Lama. »Interessanter Name. Was hat er denn für Probleme?«
Der Tierarzt vermied jeglichen Blickkontakt mit James und konzentrierte sich ausschließlich darauf, die Katze aus ihrer Kiste herauszuholen. Dwights Verhalten bot James die Gelegenheit, ihn völlig ungeniert zu mustern. Für einen fertigen Tierarzt und Partner in einer Praxis war er sehr jung. James
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