Chili Con Knarre
beschäftigt, die anderen Gäste davon zu überzeugen, dass ich nicht zum Dienstpersonal gehörte!« Sie deutete auf die sanft abfallenden Hügel vor dem Fenster. »Und jedes Mal, wenn ich hierherkam, zurück ins Tal, um meine Familie zu besuchen, wurde mein Heimweh ein wenig größer. Eines Tages, als ich für ein langes freies Wochenende hier war, zeigte mir meine Mutter eine Stellenanzeige, in der eine Redakteurin für The Star gesucht wurde.« Sie lächelte wehmütig. »Dieser Job ist extra für mich frei geworden. Das spürte ich tief in meinen Eingeweiden.«
»Ein Glück für uns«, sagte James freundlich.
»Das empfinden nicht alle so.« Murphy zog eine der Linien auf ihrer Karte nach. »Reporter sind nicht immer sehr beliebt, James. Wir müssen den Leuten ins Gesicht und unter ihre Haut kriechen - ihnen sogar hinterm Gebüsch versteckt auflauern! Im Dienste der Nachrichten müssen wir uns anschleichen, uns verschwören und den Leuten auf die Pelle rücken. Ich erinnere mich gut, dass ich bei dir mehr als einmal angeeckt bin.«
Kichernd stimmte James zu. »Das ist wohl wahr. Und
ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht leicht war, auf Parkers Beerdigung Fragen zu stellen.«
»Ganz bestimmt nicht.« Murphys Seufzer war erfüllt von Traurigkeit. »Und ich habe auch nichts erfahren, was uns weiterhelfen würde. Wie schon gesagt, Colin war anwesend und schien wirklich zutiefst erschüttert zu sein. Ich lernte auch Gary Lowe kennen, Kinsleys Exfreund. Den sah ich allerdings nur kurz, weil er gleich nach der Trauerfeier zurück nach New York fliegen musste. Ich war sehr überrascht, dass die beiden mal ein Paar gewesen sind, denn Gary sieht gar nicht aus wie jemand, mit dem eine kluge, umwerfend aussehende und reiche junge Frau liiert wäre, aber Kinsley klebte die ganze Zeit an ihm, als wäre er ihr Lebensretter.«
James verarbeitete diese Information. »Was ist mit dem Geld? Da was rauszukitzeln dürfte auch nicht einfach gewesen sein.«
»Nein, das war es auch nicht, aber während des Flugs sprach ich mit Kinsley ganz offen darüber. Ich ließ sie wissen, dass ich mich mit Parkers Tod beschäftige und alles über die finanziellen Hintergründe in dieser Angelegenheit wissen wollte. Sie war sehr entgegenkommend.« Murphy verfolgte den raschen Wandel der Landschaft von der dicht bewaldeten, gewundenen Straße, die aus Quincy’s Gap hinausführte, bis hin zum flachen Land mit der viel befahrenen Interstate . »Man muss sich darüber im Klaren sein, dass in Kinsleys Seele etwas zerbrochen ist. Ich konnte sie kaum dazu bringen, etwas zu sagen, aber sie erzählte immerhin, dass ihre Schwester und sie, als sie mit fünfundzwanzig ihr Erbe antraten, ein Testament gemacht haben. Darin sprachen sie sich jeweils ihren
Anteil des Erbes zu, wobei ein Teil davon auch für Wohltätigkeitsorganisationen ihrer Wahl bestimmt wurde.«
»Hast du eine Ahnung, welche Wohltätigkeitsorganisationen das sind?«
Murphy schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, sie war viel zu durcheinander, um viel zu reden, und mir war nicht danach, sie noch mehr zu bedrängen, als ich das ohnehin schon tat.«
James bemerkte vor sich ein Schild nach Mt. Sidney . »Ist das meine Abfahrt?«, fragte er.
»Oh! Ich bin offenbar doch als Schreiberin besser denn als Beifahrerin. Tut mir leid.« Sie vertiefte sich in die Landkarte, die sie in ihrer Hand hielt. »Wir fahren jetzt etwa zwei Kilometer weit in nördlicher Richtung auf der Route 11. Dann sollten wir eigentlich linker Hand schon den Hof sehen.«
Nach ein paar Minuten wurden die Gebäude, die die Straße säumten, von einem endlos scheinenden Feld abgelöst, auf dem Dutzende brauner und weißer Kühe drahtiges gelbes Gras kauten.
»Die gehören bestimmt zu Ramsays Hof«, meinte Murphy und deutete auf die weidende Herde.
Es war eine große Farm. James fuhr an einem Feld nach dem anderen vorbei, bis rechts ein weißes Schild mit grünen Buchstaben und der Aufschrift Ramsays Rinderfarm auftauchte. Unter dem Schild saß eine rostige Aluminiumbriefbox auf einem schiefen Pfosten. Daran lehnte die Hälfte eines verwitterten Wagenrads, um deren alte Speichen sich die Reste einer Clematisranke wanden. Um das Rad herum waren Chrysanthemen gepflanzt, deren einstmals lebhaftes Paprikarot zu rostigem Braun
verblasst war. Als James und Murphy in die staubige Auffahrt einbogen, tauchte vor ihnen ein zweistöckiges Bauernhaus mit Blechdach und mehreren Außengebäuden auf. In einigem Abstand vom Haus erhoben
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