Chili Con Knarre
glaube, ich habe schon seit Jahren keine normale
Autowerbung mehr gesehen«, hörte James Lucy sagen, die hinter ihm stand. »Hast du gesehen, womit Lindy diese Piñata gefüllt hat? Sie hat sie mit Bonbons und kleinen Tequilafläschchen bestückt! Auf der Blue Ridge High wird man noch jahrelang von dieser Party sprechen!«
James murmelte etwas Unverständliches und verfolgte bestürzt, wie Murphy Champagner in zwei kleine Sektflöten aus Plastik füllte. Während des Einschenkens blickte sie auf und lächelte ihn an. James, dessen Magen sich zusammenkrampfte, suchte panisch nach einer Lösung, die ihn vor dem Dilemma bewahrte, sich zwischen seiner ehemaligen und seiner gegenwärtigen Freundin entscheiden zu müssen, wenn es Mitternacht schlug.
»Hoffentlich habt ihr euren Champagner griffbereit, denn uns trennen nur noch dreißig Sekunden vom neuen Jahr!«, trällerte Dick Clark unverdrossen weiter.
Im selben Augenblick, als Murphy von der Küche ins Wohnzimmer ging und Lucy ihr Kleid in Form zupfte, um sich darauf vorzubereiten, einen zärtlichen Kuss auf James’ Lippen zu drücken, unternahm Gary einen Versuch, seine schlummernde Braut zu wecken.
»Kinsley«, sagte er leise, aber doch laut genug, dass James es hören konnte. Er wiederholte ihren Namen noch zwei Mal und versuchte dann, sie in eine Sitzposition zu schieben. Aber sie rutschte sofort wieder zurück auf die Couch und fiel mit dem Gesicht nach unten in die Kissen. »Kinsley!…« Garys Stimme klang alarmiert, als er seine frischgebackene Ehefrau umdrehte und ihre Wangen mit seinen Handflächen tätschelte.
Gillian, die gleich daneben stand, beugte sich über das Paar und erkundigte sich besorgt: »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
»Zehn!«, verkündete Dick Clark, und im Raum begann man einstimmig mitzuzählen.
»Neun!«, schrie Lucy, als sie sich an James’ rechte Seite drückte.
Gary sah Gillian flehend an. »Ich kann sie nicht aufwecken!«
Gillian beugte sich über Kinsleys Körper und runzelte die Stirn.
»Fünf!«, stimmte Murphy links von James stehend ein, während sie ihm eine Sektflöte hinhielt.
James griff nicht nach dem Drink. Seine Augen sahen wie gebannt auf Gillian. Plötzlich winkte seine Freundin ihm zu. »James, ich brauche dich!«
»Drei!«, kreischten die Partygäste.
Gerade als Lucy besitzergreifend eine Hand auf seinen Arm legen wollte, schob James sich durch die Menge und ließ sich neben Kinsley auf die Knie fallen. Ihre Brust hob und senkte sich, aber als er sah, wie schlaff ihre Gesichtszüge waren, bekam er es mit der Angst. Eine Sekunde lang sah er sich wieder in den Luray Caverns und starrte entsetzt auf Parkers leblose Gestalt.
»Zwei!«
Lucy hatte ihre Position verändert, um James beobachten zu können, und er nahm sofort Blickkontakt zu ihr auf.
»Ruf einen Krankenwagen!«, brüllte er ihr über die Gäste hinweg zu, die gerade mit voller Lungenkraft »Eins!« geschrien hatten.
Dann explodierte es im Raum. Ein frohes neues Jahr dröhnte es immer und immer wieder durchs Haus, Papiertröten wurden geblasen, Luftschlangen von der Decke gerissen und Ballons zum Platzen gebracht. Plötzlich gruben sich ein paar lange kräftige Finger in James’ Schulter.
»Treten Sie bitte beiseite«, befahl McClellan mit tiefem Bassgrollen, das die Kakophonie der Feiernden zum Erliegen brachte. Er überprüfte Kinsleys Puls, schob sanft ein Augenlid nach oben, um ihre Pupillen anzusehen und sah Gary dann mit versteinerter Miene an. »Wie lange ist sie schon in diesem Zustand?«
Gary zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Zwei Stunden vielleicht. Sie hat eine Menge von diesem roten Zeug getrunken, und sie hat in letzter Zeit viel durchgemacht«, fügte er abwehrend hinzu. »Wer sind Sie überhaupt? Sind Sie Arzt oder was?«
»Ich bin von der Bundespolizei«, antwortete McClellan und hob Kinsley dann hoch in seine Arme. »Ich bringe sie ins Krankenhaus. Das geht viel schneller, als wenn wir auf die Sanitäter warten. Am Silvesterabend sind die Notdienste immer total überlastet«, teilte er Gary mit und marschierte los.
»Warten Sie!«, protestierte Gary, unterbrach sich dann aber, offenbar unsicher, weswegen er protestieren wollte. »Ich komme mit Ihnen!«, fügte er hinzu und folgte dem Sergeant, der sich einen Weg durch die Menge bahnte. In seinem Kielwasser blieben gaffende Münder und das ängstliche Geflüster der Partygäste zurück.
Sekunden nach McClellans Aufbruch trafen zwei Mitglieder der örtlichen
Weitere Kostenlose Bücher