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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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nerven.
    Als Konrad kurz danach mit dem Koffer in der Hand die Verbindungstür zur Garage öffnet, dreht er sich nochmal um. «Aber das mit dem Ehrenamt geht natürlich nur, wenn es nicht mit deinen anderen Aufgaben kollidiert. Du kennst meine Meinung dazu.»
    «Nein, nein», beeile ich mich zu versichern und wünsche ihm eine gute Fahrt.
    Berauscht von meiner Kühnheit, schwebe ich nach Konrads Abreise durchs Haus und genieße das sahnige Gefühl, ihn mit seiner Gier nach Ansehen um den Finger gewickelt zu haben.
     
    Kurz darauf rufe ich Ulla an, um nachzufragen, wie es ihr inzwischen geht.
    «Der Fuß ist abgeschwollen, ich kann schon wieder auftreten, und wenn dieser doofe lilablassblaue Fleck verschwunden ist, wird der Fuß auch wieder zum anderen passen», berichtet sie in gewohnt atemlosem Tempo. Doch ihrer Stimme fehlt heute irgendwie die Fröhlichkeit.
    «Das hört sich zwar sehr erfreulich an, aber du klingst verändert», stelle ich besorgt fest. «Ist auch wirklich alles in Ordnung?»
    Sie atmet hörbar tief aus. «Na ja, ich bin ein bisschen sauer wegen Henry … Erst hat er versprochen, sich das ganze Wochenende um mich zu kümmern und dann …»
    «Hat er dich versetzt?»
    Sie antwortet nicht sofort, sondern brummt: «Nee, nicht so direkt.»
    «Entschuldige, Ulla, ich wollte nicht indiskret sein.» Ich wechsle lieber das Thema. «Brauchst du irgendwas? Ich muss heute den Wocheneinkauf machen und besorge gerne etwas für dich mit.»
    «Oh, das wäre klasse, Evelyn. Der Kühlschrank ist nämlich bis auf ein paar Essiggurken und ein Joghurt ziemlich leer. Das ist mir noch nie passiert. Macht mich richtig nervös.»
    Ich angle nach dem bereitliegenden Block. «Na, dann mal her mit der Einkaufsliste, heute habe ich noch jede Menge Zeit, denn morgen fange ich schon im Seniorenstift an.»
    «Hey, du hast den Job bekommen! Oberprima!», freut sie sich für mich und gratuliert mir herzlich. «Du musst mir nachher genau berichten.»
     
    Bepackt mit zwei großen Tüten voller Obst, Gemüse und diverser Grundnahrungsmittel klingle ich drei Stunden später bei Ulla. Als ich aus dem Fahrstuhl trete, erwartet sie mich bereits auf einer Krücke gelehnt an der Tür zu ihrer Wohnung. Der gesunde Fuß steckt in einem dicken Socken, der andere ist noch bandagiert. Sie ist ungeschminkt, hat die Haare zu einem straffen Knoten zusammengebunden und trägt einen übergroßen, dicken rosa Pulli zu einer dunkelroten Jogginghose.
    «Komm doch rein», fordert sie mich auf, als ich staunend im Hausflur stehen bleibe.
    «Entschuldige, dass ich dich so anstarre, aber du siehst unglaublich jung in den Sachen aus, wie ein Teenager.»
    Abwehrend hebt sie eine Hand. «Ach was, nur hier im dunklen Treppenhaus. Bei Tageslicht wirst du deine Meinung ganz schnell ändern. Ich hab grässliche Ringe unter den Augen, weil ich in den letzten Tagen mit dem doofen Druckverband am Fuß so schlecht geschlafen habe.»
    Ich stelle die Tüten in der Küche ab, ziehe schnell meine beige Jacke aus, die sich plötzlich noch unscheinbarer anfühlt als sonst, und packe die Lebensmittel weg. «Schmerzt er auch wirklich nicht mehr?», frage ich Ulla, die im Türrahmen lehnt.
    «Heute geht’s wieder», erklärt sie und bewegt wie zum Beweis vorsichtig die Zehen.
    «Ich will dich ja nicht mit meiner Fürsorge nerven, Ulla, aber warum setzt du dich nicht aufs Sofa, und ich mach uns etwas zu trinken, wie wäre das?»
    «Ach nein, du nervst mich überhaupt nicht. Meine Mutter würde mich nerven. Wenn die wüsste, was passiert ist, würde sie aus dem Allgäu anreisen, mich zu Megaportionen Käsespätzle mit Zwiebeln nötigen, fette Quarkumschläge auf den Fuß legen und alle drei Minuten nachfragen, ob der Fuß noch kühl genug ist.» Theatralisch rollt sie die Augen, dreht sich um und sagt im Weggehen: «Ein starker Kaffee wäre gut, Evelyn, vielleicht wache ich dann auf. Irgendwo findest du einen von diesen Espresso-Kochern, weißt schon, die man auf die Herdplatte stellt.»
    Ich entdecke das kleine Metallkännchen im Oberschrank. «Schon gesehen», rufe ich ihr hinterher.
    Kurz darauf sitzen wir gemütlich bei Kaffee und knabbern teure Pralinen aus einer protzigen Schachtel, die Henry ihr mitgebracht hat. Ulla liegt zwischen vielen Kissen auf dem Sofa und hat das Bein hochgelegt. Ich mache es mir wie schon beim letzten Mal in einem der Korbstühle bequem.
    «Nun erzähl schon», fordert sie mich ungeduldig auf. «Wann genau fängst du an? Hast du die

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