Chili und Schokolade
bitte Frau Stoll, dass ich mich sehr freue.»
«Sehr schön, Frau Meyer. Könnten Sie denn gleich morgen anfangen?»
«Huch! Äh, ja … selbstverständlich», antworte ich etwas irritiert über das Tempo.
Herr Keller atmet erleichtert auf. «Wunderbar. Für diesen Monat habe ich Sie zur Frühschicht eingeteilt, von sechs bis zehn Uhr. Sie werden auch beim Servieren helfen und dadurch unsere Bewohner kennenlernen.»
«Muss ich etwas mitbringen?», erkundige ich mich.
Herr Keller überlegt einen Moment. «Besitzen Sie eine weiße Bluse und dazu einen Rock oder eine Hose in Schwarz? Arbeitskleidung für die Küche bekommen Sie von uns. Also bis morgen dann, und bitte, seien Sie pünktlich!»
Ich habe einen Job! Aufgekratzt murmle ich nach dem Auflegen immer wieder leise:
Ich habe einen Job!
vor mich hin und muss mich beherrschen, nicht laut loszukichern.
Eine übermütige Viertelstunde später weicht meine Freude jedoch dem Schockgedanken an Konrad. Der packt gerade in seinem Ankleidezimmer die Koffer für eine weitere Woche auf der Baustelle in Düsseldorf. Ob er das Gespräch mitangehört hat?
Aber ich komme nicht mehr dazu, mir eine passende Ausrede zu überlegen. Denn plötzlich steht er im schwarzen Anzug, schwarzem Hemd und offenstehendem Kragen in der Küche.
«Mit wem hast du eben telefoniert?»
Ich fühle eine verräterische Röte in meinem Gesicht aufsteigen. Geschäftig rolle ich die Ärmel meines beigen Pullis hoch und verteile geräuschvoller als üblich Tassen, Teller und was wir sonst noch zum Frühstück benötigen auf dem Tisch.
«Äh … wie bitte?», frage ich bemüht beiläufig, als hätte ich ihn wegen des Geschirrklapperns nicht verstanden.
«Wer eben am Telefon war?»
«Oh, es war nicht für dich», antworte ich ausweichend und frage nach seinen Sonderwünschen für das Frühstück, um ihn abzulenken.
Doch er bohrt misstrauisch weiter. «Wer ruft dich denn so früh am Morgen an? Carla kann es ja wohl nicht gewesen sein. Die feine Dame steht doch nie vor elf Uhr auf.» Gewohnt lässig streicht er sich eine noch feuchte Haarsträhne zurück.
«Äh … also …», stottere ich unsicher. Mir fällt nichts ein. Doch dann kommt mir ein rettender Gedanke. «Es war die Besitzerin der schwarzen Pudeldame. Du weißt schon, die vom Freesienweg.»
Fordernd hält Konrad mir seine Kaffeetasse hin. «Was will
die
denn von dir?»
Meine Güte, was ist nur los? Er interessiert sich doch sonst nicht so für mich, denke ich verzweifelt, während ich zittrig seine Tasse fülle. Normalerweise darf ich morgens keinen Laut von mir geben, damit der Herr ungestört seine Zeitung lesen kann. Die liegt jetzt aber unbeachtet neben seinem Teller. Möchte er sich etwa unterhalten? Was sag ich denn jetzt? Meinen Mann kann ich nämlich noch weniger als andere belügen.
«Ja … also … Sie wollte fragen …», beginne ich und versuche krampfhaft, die gefährlichen Worte
Seniorenstift
und
Aushilfe
aus meinem Kopf zu verbannen. Doch dann platze ich damit raus: «Also, da ist dieses Seniorenstift, ja?»
Konrad beißt genüsslich in ein Schinkenbrötchen. «Ja?», fragt er kauend.
Merde!, wenn mir nicht sofort eine geschickte und vor allem glaubwürdige Erklärung einfällt, bin ich geliefert. «Nun ja, die suchen Hilfe … Und ich wollte doch …»
Erstaunt, ja beinahe freundlich, sieht er mich an. «Wenn du dich ehrenamtlich betätigen möchtest, habe ich nichts dagegen!», erteilt er mir überraschend seine Erlaubnis.
Natürlich! Warum ist mir das nicht selbst eingefallen?! Ich bin gerettet! Konrad
liebt
soziales Engagement. Nicht wegen seiner überschäumenden Güte, sondern weil eine wohltätige Frau, die ihre Freizeit in eine gute Sache investiert, das Ansehen des Mannes hebt. Dafür ist er sogar zu Geldspenden bereit. Denn nichts ist für den standesbewussten Konrad wichtiger als sein guter Ruf. Mindestens so wichtig wie die Familientradition fortzusetzen und die Firma noch erfolgreicher zu machen.
«Ja … äh, natürlich ehrenamtlich. Aber ich wusste nicht, ob es dir recht ist … weil du doch neulich so wütend warst», fahre ich zögernd fort.
«Wie dem auch sei», erwidert er und greift nun doch nach der Zeitung.
Zufrieden lächelnd beuge ich mich über den Tisch zu ihm und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. «Das ist wirklich lieb von dir, Konrad.»
«Ja, ja, schon gut. Kein Grund, gleich rührselig zu werden.» Es klingt etwas ungehalten. Das Thema scheint ihn bereits zu
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