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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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langsam in die Küche. Am Tresen bleibe ich stehen, stelle das Glas ab und drehe mich zu ihm um. «Eigentlich ein Wunder, dass du überhaupt etwas bemerkst, so selten wie du hier bist.»
    Verblüfft über meinen ungewohnten Widerspruch starrt mich Konrad an.
    Ruhig spreche ich weiter. «Seit Monaten kommst du nur noch am Wochenende nach Hause. Es gibt Tage, an denen ich mich frage, ob du überhaupt noch hier wohnst. Und wenn du tatsächlich mal anwesend bist, verbreitest du miese Laune, sprichst kaum mit mir oder behandelst mich, als wäre ich Luft. Ich bin doch kein Möbelstück! Außerdem –»
    «Was soll denn dieser anklagende Ton?», unterbricht er mich. «Spielst du jetzt die vernachlässigte Ehefrau? Du kennst das Baugewerbe doch gut genug und weißt, dass ich mich um die wichtigsten Projekte persönlich kümmern muss.»
    Herausfordernd blicke ich ihn an. «Ah, du meinst wahrscheinlich das Wohnungsprojekt von unserem Hausarzt, oder?»
    Konrad ringt nach Luft, als würde ich ihn für alle Bausünden seiner Branche verantwortlich machen. «Wie … Wie kommst du jetzt ausgerechnet darauf?»
    Ich spüre seine Verunsicherung. Er möchte Zeit gewinnen. Sucht nach Ausreden.
    «Nun, vor einigen Tagen war ich bei Gideon zur Grippeimpfung –»
    «Ja und?», unterbricht er mich erneut mit dem letzten Rest seiner Überheblichkeit.
    Eigentlich würde ich ihn gerne anschreien, ihn beschimpfen und meiner Wut freien Lauf lassen, aber ich beherrsche mich. Auf keinen Fall will ich zu einer geifernden Frau werden.
    «Gideon hat sich definitiv keine neue Wohnung gekauft», beginne ich ganz sachlich. «Du hast mich belogen. Und da dieser Schlüssel definitiv nicht ihm gehört, muss es deiner sein. Ich nehme an, er passt zur Wohnung deiner Geliebten. Tja, so ein Herzanhänger spricht eben eine deutliche Sprache.»
    «Eine Geliebte?! Was für ein absurder Gedanke ist das denn. Wann hätte ich denn dafür Zeit? Wo ich doch Tag und Nacht schufte», schnauft er. «Ich habe nie von Gideon gesprochen. Da musst du dich verhört haben. Es handelt sich um Dr. Lent. Ein wichtiger Kunde von mir.»
    «So ein Quatsch! Das glaubst du doch selber nicht. Ich glaube dir jedenfalls kein Wort. Ab sofort trete ich in einen Streik, bis du mit der Wahrheit rausrückst», erkläre ich kühl und klappere kurz mit den Absätzen.
    Konrads griesgrämige Mine verzerrt sich zu einer hässlichen Grimasse. Siegessicher fährt er sich mit der Hand durchs Haar. «Streik?» wiederholt er abfällig. «Wir haben eine Abmachung, vergiss das nicht!»
    An diesem Punkt werde ich zu meinem eigenen Erstaunen aggressiv. Plötzlich habe ich keine Angst mehr, etwas falsch zu machen, meinen tyrannischen Ehemann zu enttäuschen, ja nicht einmal, mich zu zanken. Es ist, als würde mir das enge Mieder den Rücken stärken.
    «Hörst du dir eigentlich manchmal selbst zu? Wir leben doch nicht in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrtausends, wo sich der Herr des Hauses alles erlauben durfte und die Frau sein Machtgehabe widerspruchslos ertragen musste, weil die Emanzipation noch in Stoffwindeln steckte! Damals hättest du mich mit einer Waschmaschine ruhigstellen können. Aber fürs Protokoll:
Ich
halte mich seit fünfundzwanzig Jahren an unsere Abmachung, was man von dir nicht behaupten kann. Du hast mir nämlich Treue geschworen. Doch wie mir mittlerweile klar geworden ist, existiert unsere Ehe nur noch auf dem Papier. Für dich bin ich nur eine Putzfrau – und ab und zu die billige Köchin für deine wichtigen Kunden. Dein ganz persönliches Aschenputtel, für läppische einhundert Euro im Monat …» Plötzlich fällt mir Ullas Rechenbeispiel ein. «Eigentlich müsste ich Lohnausgleich verlangen! Sagen wir mal, eine Verdoppelung meines Taschengeldes. Und zwar rückwirkend … äh, das wären für fünfundzwanzig Jahre lange Haushaltsdienste ganze … dreißigtausend Euro.»
    «Pah! Zu den fünfundzwanzig Jahren fehlen aber noch viereinhalb Monate», stellt er pingelig fest. «Davon abgesehen: Was soll dieses Emanzengefasel? Oder kommst du jetzt etwa in die Wechseljahre?»
    «Wechseljahre?», wiederhole ich spöttisch. «Das trifft wohl eher auf dich zu! Denn wie es aussieht, willst du mich gegen eine andere Frau auswechseln.»
    Konrad zuckt mit den Schultern und schlägt plötzlich einen versöhnlicheren Ton an.
    «Vielleicht war ich wirklich zu wenig zu Hause und du zu viel allein, seit Jens und Timo ausgezogen sind.»
    Sein Lächeln ist so aufgesetzt und

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