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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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ist immer in Action – vor jedem Schuhkauf wird eine intensive Marktanalyse vorgenommen –, Stillstand wäre ihr Tod. Sie ist eine echte Bereicherung in meinem Leben.
    Frau Dienstag entwickelt momentan eine Persönlichkeitsstruktur, mit der sie eine prima Schulleiterin werden könnte. Sie empfindet Gefallen daran, die Kollegen auflaufen zu lassen: »Ich hab die dann nur so angeguckt und ganz ernst gesagt: Bitte nicht in dem Ton.« Sie bewundert die konsequenten Kollegen: »Die entschuldigt das Fehlen nur mit Attest, und zwar VOM ERSTEN TAG an.« Sie geht souverän mit neuen Anforderungen um: »Klar kann ich Physik unterrichten, das lese ich mir im Bus an.«
    Ihren Unterricht macht sie vorbildlich. Gut vorbereitet und souverän meistert sie ihren Alltag und hat nur selten Probleme.
    Ich vermute bei ihr so etwas wie ein Privatleben, kann mich aber auch täuschen. Und sie weiß auch genau, was sie mit einem Schulleitergehalt anfangen würde. »Guck, guck, das ist genau der Wagen, den Frau Fischer fährt. Ein Jaguar, ist der nicht geil?«
    Bei Frau Dienstag kann ich immer jammern und mich bedauern lassen: »Du Arme, achtundzwanzig Siebtklässler, ganz alleine und dann auch noch Linolschnitt.«
    Frau Dienstag kennt alle meine Schüler und mein gesamtes Lehrerkollegium aus meinen Erzählungen, das erleichtert die Analyse sehr: »Also, Frau Schwalle war die mit dem Teddypulli, die mit dem Mann, der nach England abgehauen ist, und die nicht weiß, wo sie im Sommer ihre vier Katzen unterbringen soll.« – »Vergiss doch Herrn Johann, der hat doch sowieso nichts drauf.«
    Fräulein Krise ist die Pädagogik-Königin. Sie unterrichtet alles. Sie kann, weiß und macht auch alles. Es gibt keine Methode, die sie noch nicht ausprobiert hat, und kein Thema, dass sie nicht geschickt in ihren Unterricht einbauen kann. Gibt es monsunartige Regenfälle in Rumänien, bastelt sie sich daraus eine Kunstunterrichtseinheit. Die Präsidentschaftswahl in Südkorea integriert sie geschickt in den Matheunterricht, und läuft im Fernsehen ein besonders spannender Tatort , dann kann man davon ausgehen, dass sie in der nächsten Woche darüber ein Diktat schreiben lässt. Fräulein Krise weiß immer, wie alles geht. Neben ihr sieht jeder Professor blass aus. Sie ist die Grande Dame der Didaktik. Im Gegensatz zu Frau Dienstag und mir schüttelt Fräulein Krise ihre Unterrichtsvorbereitung aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung oft einfach aus dem Ärmel. In meinem Ärmel ist gar nichts drin zum Rausschütteln.
    Kennengelernt haben Fräulein Krise und ich uns auf dem Raucherhof. Für kurze Zeit unterrichteten wir an der gleichen Bildungsanstalt. Ich war völlig fertig, weil ich nicht wusste, was ich mit den Schülern in der nur noch zwanzig Minuten entfernten Doppelstunde Kunst machen sollte. »Mach doch was mit Keith Haring«, sagte sie mit sonorer Stimme und zog lässig an ihrer Extra-Slim-Zigarette. Keith Haring. Ja, so was mögen die Schüler bestimmt, dachte ich. Eigentlich wollte ich denen die Zentralperspektive beibringen, aber dieses Fräulein Krise hatte recht. Keith Haring war der Schlüssel zum Erfolg. Von dem Moment an war mir klar: Die hat’s echt drauf. Heimlich habe ich nach jeder Pause aufgeschrieben, was sie beim Rauchen gesagt hat. Oft konnte ich es direkt in meinen Unterricht einbauen. Das tue ich heute noch. Viele meiner Vorträge im Unterricht fangen mit den Worten an: »Also, eine Freundin von mir meint ja, dass …«
    Obwohl wir alle drei an verschiedenen Schulen arbeiten, denke ich vormittags oft an Frau Dienstag oder Fräulein Krise. Hätte ich nicht lieber das und das sagen sollen? Was kann ich eigentlich machen, wenn der Schüler immer so und so ist? Wie kann ich denen denn das und das beibringen? Ach, ich rufe einfach Frau Dienstag an oder frag Fräulein Krise. »Frau Dienstag, du glaubst nicht, was heute bei uns passiert ist.« – »Fräulein Krise, sag doch mal, was ich machen soll, die sind immer so …«
    Und das Verrückte ist: Die beiden wissen immer eine Lösung. Unglaublich! Ohne sie würde ich nicht nur im Lehrerzimmer vor mich hinmurmeln, extrem zu- oder abnehmen, mich in den Schlaf weinen oder gar nicht mehr schlafen – ich bin mir sicher, ich säße schon im Allgäu in eine Decke gewickelt auf der Terrasse einer teuren Burn-out-Klinik.
    »Deine Klasse wieder …«
    Meine Klasse wurde gelobt! Meine Klasse wurde gelobt! Meine Klasse wurde gelobt! Am liebsten würde ich sofort Frau Dienstag und Fräulein

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