China
wollte man mit der Verfolgung von Kritikern Exempel statuieren und einschüchtern. Durch körperliche Arbeit sollten sie für den neuen Staat nützlich sein und auf den „richtigen“ Weg gebracht werden. Im Laufe der Jahre wurden die Arbeitslager systematisch zu fabrikmäßigen Produktionsstätten weiterentwickelt
.
Die kommunistische Partei reagierte daraufhin schnell mit einer „Anti-Rechts-Kampagne“ ab Juni 1957. Sämtliche wichtige Positionen in Presse und Kultur wurden mit linientreuen Anhängern besetzt. Kritiker wurden verfolgt und drastisch bestraft. Viele wurden inhaftiert und hingerichtet. Man schätzt, dass bis 1958 zwischen 400 000 und 700 000 Menschen aufs Land verbannt oder für Jahrzehnte in Umerziehungs- und Arbeitslager interniert wurden. Diese Maßnahmen trafen nicht nur Intellektuelle, auch die einfache Bevölkerung war der Willkür der Parteifunktionäre ausgesetzt. Oft genügten schon alltägliche unpolitische Meinungsverschiedenheiten um als „Abweichler“ angeklagt und verurteilt zu werden.
Mit der Hundert-Blumen-Kampagne wollte Mao Zedong alle Schichten der Bevölkerung unter der Zielsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs vereinen – ein Versuch, der letztendlich scheiterte und in restriktiven Zwangsmaßnahmen endete
.
(c) picture-alliance/dpa
Der „Große Sprung nach vorn“
(1958–1960)
China war über Jahrtausende hinweg Landwirtschaftlich geprägt, der weitaus größte Teil der Bevölkerung arbeitete in der Landwirtschaft. Dagegen waren Gewerbe und Industrie kaum entwickelt und auf wenige Zentren konzentriert. Mao Zedong hielt China für wirtschaftlich rückständig und wollte deshalb die Industrialisierung vorantreiben. Sein ehrgeiziger Plan sah vor, Großbritannien innerhalb von 15 Jahren in der schwerindustriellen Produktion zu übertreffen. Neben der Schaffung größerer Produktionseinheiten sollte dies durch Massenkampagnen für Arbeiten an der Infrastruktur wie Bewässerungsanlagen und Straßen erreicht werden.
Stahl statt Getreide
Erster Ansatz für den „Großen Sprung nach vorn“ war eine Bodenreform, die ab 1949 durchgeführt wurde: Grundbesitzer wurden enteignet, um ihr Land unter den bisher Landlosen Bauern zu verteilen. Bis 1955 fanden dann Kampagnen zur Kollektivierung statt, der Landbesitz der Bauern ging in den Gemeinbesitz über. Im Zuge der Kampagne des „Großen Sprungs nach vorn“ wurden Volkskommunen gegründet, in denen alle Bauern zusammengefasst wurden. Dadurch konnte der Staat die Arbeitskräfte zentral verwalten und steuern, um mehr Arbeitskapazität für die Industrie zu nutzen. Außerdem sollte durch das Kollektiveigentum das persönliche Interesse der Bauern vom Land, das sie bearbeiteten, abgezogen werden. Diese Kommunen umfassten bis zu 5000 Haushalte und konnten sich über mehrere Dörfer erstrecken.
Der Anbau landwirtschaftlicher Güter wurde zugunsten der Erzeugung von Eisen und Stahl vernachlässigt.
Ein gescheitertes Experiment
Als während des „Großen Sprungs nach vorn“ die Volkskommunen eingeführt wurden, sollten die Bauern nicht mehr ihr eigenes Land bewirtschaften und kein eigenes Vieh mehr besitzen, sondern der Gemeinschaft dienen. Die Volkskommunen sorgten für das gesamte Leben der Mitglieder. So wurde beispielsweise in Gemeinschaftsküchen gegessen und die Betreuung von Kindern und Alten war zentral organisiert. Nach 1962 wurden die Volkskommunen modernisiert: Die Einheiten wurden verkleinert, und den Bauern wurden mehr Freiheiten eingeräumt. Als Deng Xiaoping 1978 an die Macht kam, wurden die Volkskommunen schrittweise aufgelöst
.
40 Millionen Hungertote
Aufgrund dieser Maßnahmen in der Landwirtschaft kam es 1959–1961 zu Versorgungsengpässen bei Getreide, die sich zu Hungersnöten auswuchsen. Bereits 1959 sah sich Mao aufgrund des Misserfolgs der Kampagne zum Rücktritt als Staatspräsident gezwungen. Nach massiver Kritik an der Sowjetunion in einer Parteizeitung wurden alle russischen Experten aus China abgezogen, was die Situation weiter verschlechterte. Bis 1961, als die Kampagne nach verheerenden Dürren und Überschwemmungen ausgesetzt wurde, verhungerten schätzungsweise 40 Millionen Chinesen. Zudem stellte sich der im „Großen Sprung nach vorn“ erzielte Wirtschaftszuwachs als nur auf dem Papier existierend heraus. Da die Pläne zur Eisenproduktion und Getreideernte so ehrgeizig waren, kam es häufig vor, dass die Erfolgszahlen von lokalen Kadern geschönt wurden, um ihren Vorgesetzten
Weitere Kostenlose Bücher