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Chindi

Chindi

Titel: Chindi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Zuflucht nach Virginia zu bringen.«
    »Die Möbel?«, fragte sie. »Die Bücher? Was?«
    »Alles. Die ganze Anlage, mit Stumpf und Stiel. Die Frau hat den Verstand verloren.«
    Hutch wusste nicht, was sie sagen sollte, wenn ihr auch der Grundgedanke verständlich war. Hier draußen, endlos viele Lichtjahre von Arlington entfernt, befand sich die Zuflucht an einem für die Akademie ungünstigen Standort. Schlimmer noch, würden sie sie lassen, wo sie war, mussten sie eine Möglichkeit finden, um Plünderer und Vandalen fern zu halten. Zu Hause dagegen konnten sie die Zuflucht zu einer Touristenattraktion machen.
    Als sie darüber nachdachte, fragte sie sich, ob die Direktorin nicht vielleicht doch die richtige Entscheidung getroffen hatte. Warum sollte man einen solchen Fund nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen? Die Akademie erhielt 51 Prozent ihrer Zuwendungen aus Steuermitteln, da hatten die Steuerzahler wohl jedes Recht der Welt, sich anzusehen, was mit ihrem Geld bezahlt wurde. Aber sie erkannte auch, dass George nicht in Stimmung war, diese Angelegenheit zu diskutieren.
    »Ich werde das nicht zulassen.« Leere Worte, und das wussten sie beide. »Hutch.« Er starrte sie an, als könnte sie etwas tun, als könnte sie Sylvia Virgil Vernunft eintrichtern. Mogambo abwehren. »Das ist unanständig.«
    »Archäologen waren schon immer Grabräuber«, sagte sie sanft. »Das ist ihr Job.« Beinahe hätte sie unser gesagt. Weil sie dazu gehört hätte, weil sie geholfen hatte, unzählige Artefakte abzutransportieren. Aber sie war nur eine Amateurgrabräuberin.
    Sie stellte sich die Zuflucht mit ihren unauffälligen Baikonen und den trüben Fenstern am Ufer des Potomac vor.
    Mit Horden von Schulkindern auf den Korridoren und Händlern, die Sandwiches und Papierdrachen feilboten. Und einem Andenkenladen. Und die Besucher würden sagen, dass sie von echten Aliens gebaut wurde. Sie würden sich an ihren Getränken und ihrem Popcorn laben und sich einbilden, sie wüssten, was für ein Gefühl das gewesen war, als George und sein Team die Zuflucht entdeckt hatten.
    George hatte Recht. Und all diese Leute, die sich mit Töpfen und Messern und Krügen aus Sumer, Ägypten und Mexico und später aus Quraqua, Pinnacle und Beta Pac davongemacht hatten, hatten auch Recht. Sie konnte sich nicht dazu durchringen, all die Arbeit zu verdammen, die sie im Laufe der Jahre unterstützt hatte. Trotzdem…
    Ohne die nadelspitzen Gipfel und die Zwillinge und den großen Ring (von all dem würden sie nichts nach Arlington bringen können), was wäre die Zuflucht dann noch?
     
    Am Silvesterabend kehrten sie zurück auf die Memphis. Am Boden blieb ihnen nichts mehr zu tun, und inzwischen hatten sie alle das Bedürfnis, aus der mobilen Kuppel herauszukommen oder endlich nicht mehr in der Landefähre schlafen zu müssen, also gingen sie wieder auf das Schiff und feierten eine weitere Party.
    Es hatte Vorbehalte gegeben, ob diese ganze Feierei so kurz nach Kurts Tod nicht gegen die Regeln des Anstands verstoßen musste, aber Hutch hatte den anderen versichert, Kurt hätte gewollt, dass sie ihr Leben lebten und ihre Feste feierten, was durchaus der Wahrheit entsprach. Außerdem entstanden so tiefere persönliche Beziehungen, eine Möglichkeit, die Fremdheit ihrer Umgebung zu überwinden. Also erhoben sie ihre Gläser auf den verstorbenen Captain, tranken auf die anderen Kameraden, die ihr Leben gelassen hatten, und ersäuften sich in Gegenwart aller übrigen in alkoholischen Getränken.
    »So sollte Archäologie stattfinden«, sagte Hutch spät am Abend zu Nick. Sie hatte sich einen Partyhut aufgesetzt und vermutlich schon ein bisschen zu viel getrunken, aber es gab keine Vorschriften bezüglich des Alkoholkonsums eines Captains, abgesehen davon, dass er im Falle eines Notfalls handlungsfähig sein musste. Folglich bewegte sich Hutch in einem Rahmen, in dem etwas Kaffee und ein paar Tabletten ausreichend waren, um sie wieder auf Vordermann zu bringen. Bill half ihr, die Grenzen einzuhalten, und scheute sich nicht, sie in aller Öffentlichkeit zurechtzuweisen, wenn sie seiner Meinung nach diese Grenzen übertrat.
    Um Mitternacht küsste wie üblich jeder jeden. George hatte sich ein wenig geziert, als Hutch ihm ihre Lippen geboten hatte. Dann aber brachte er ein Lächeln zustande und rang sich ein züchtiges und flüchtiges Küsschen auf den Mundwinkel ab. Armer George. Er war ein Getriebener, schlimmer als alle anderen, die ihr bisher

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