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Chocolat

Chocolat

Titel: Chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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Messe«, plappert Georges ihr nach. Luc steht neben ihr und macht ein verdrießliches Gesicht. Dahinter die Drous mit ihrem Sohn, der in seinem Matrosenhemd verlegen dreinblickt. Ich sehe Muscat nicht unter den Leuten, die die Kirche verlassen, nehme jedoch an, daß er auch da ist.
    Caroline Clairmont lächelt mich spitzbübisch an.
    »Sieht so aus, als hätten wir es geschafft«, sagt sie mit Genugtuung. »Wir haben schon mehr als hundert Unterschriften gesammelt –«
    »Das Schokoladenfest.« Unwirsch unterbreche ich sie mit leiser Stimme. Ich kann mir nicht leisten, das Thema in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Sie versteht den Wink nicht.
    »Genau!« ruft sie aufgeregt aus. »Wir haben zweihundert Flugblätter verteilt, und die Hälfte der Einwohner von Lansquenet hat bereits unterschrieben. Wir sind in jedem Haus gewesen … na ja, in fast jedem Haus.« Sie grinst. »Mit einigen Ausnahmen, natürlich.«
    »Verstehe«, erwidere ich betont kühl. »Vielleicht können wir ein andermal darüber reden.«
    Sie registriert den Rüffel und errötet.
    »Selbstverständlich, Vater.«
    Sie hat natürlich recht. Die Aktion hat einen deutlichen Erfolg gezeitigt. Der Pralinenladen ist seit Tagen so gut wie leer. In so einer kleinen Gemeinde hat die offene Mißbilligung durch den Gemeinderat schließlich ein größeres Gewicht als die stillschweigende Kritik der Kirche. Wer wagt es noch, unter den mißbilligenden Augen des Gemeinderats in diesem Laden zu kaufen, zu naschen und zu schlemmen … Dazu braucht es mehr Mut und mehr Widerspruchsgeist, als diese Hexe Rocher es ihnen wert ist. Wie lange wohnt sie überhaupt schon hier? Das verirrte Lamm findet stets zur Herde zurück, Vater. Ganz instinktiv. Sie ist nichts weiter als eine kurzlebige Abwechslung für die Leute im Dorf. Aber am Ende kommen sie alle wieder zur Besinnung. Ich gebe mich nicht der Illusion hin, daß sie es aus Reue oder Einsicht tun – Schafe sind von Natur aus dumm –, aber sie besitzen einen gesunden Instinkt. Ihre Füße tragen sie nach Hause, auch wenn ihre Gedanken in die Irre gehen. Mit einemmal verspüre ich eine tiefe Zuneigung zu ihnen, zu meiner Gemeinde, meiner Herde. Ich möchte ihre Hände in meinen fühlen, ihr warmes, dummes Fleisch berühren, mich in ihrer Bewunderung und in ihrem Vertrauen aalen.
    Ist das die Antwort auf meine Gebete, Vater? Ist das die Lektion, die ich lernen mußte? Auf der Suche nach Muscat lasse ich meinen Blick noch einmal über die Menge schweifen. Er kommt jeden Sonntag in die Kirche, er kann doch unmöglich an diesem besonderen Sonntag die Messe versäumt haben … Doch die Kirche leert sich, und ich kann ihn immer noch nicht entdecken. Ich erinnere mich auch nicht, daß er die Kommunion empfangen hat. Er wird doch sicherlich nicht gegangen sein, ohne ein paar Worte mit mir zu wechseln. Vielleicht wartet er noch im Innern der Kirche, sage ich mir. Die Sache mit seiner Frau hat ihn sehr mitgenommen. Vielleicht braucht er meinen geistlichen Beistand.
    Der Korb mit den Palmsträußchen wird immer leerer. Jedes einzelne wird in Weihwasser getaucht und gesegnet. Jeder wird mit einem Handauflegen verabschiedet. Luc Clairmont weicht vor meiner Berührung zurück und murmelt wütend irgend etwas vor sich hin. Seiner Mutter ist das offenbar peinlich, und sie lächelt mir über die gebeugten Köpfe hinweg entschuldigend zu. Immer noch keine Spur von Muscat. Ich werfe einen Blick in die Kirche: sie ist leer, bis auf ein paar ältere Leute, die immer noch vor dem Altar knien. Der heilige Franziskus steht neben dem Eingang; umringt von Gipstauben wirkt er seltsam vergnügt für einen Heiligen, sein strahlendes Gesicht würde eher zu einem Verrückten oder einem Betrunkenen passen. Es ärgert mich plötzlich, daß jemand die Statue ausgerechnet hier am Eingang aufgestellt hat. Ich finde, mein Namenspatron müßte würdevoller sein, mehr Eindruck machen. Statt dessen scheint dieser grinsende Narr mich zu verspotten, eine Hand zaghaft zum Segen ausgestreckt, mit der anderen wiegt er eine Taube vor seinem dicken Bauch, als träumte er von Taubenpastete. Ich versuche mich zu erinnern, ob die Statue schon dort gestanden hat, als wir beide aus Lansquenet fortgegangen sind, mon père . Wissen Sie es noch? Oder ist sie vielleicht verrückt worden, womöglich von Leuten, die mich verhöhnen wollen? Der heilige Hieronymus, dem diese Kirche geweiht ist, hat keinen solchen Ehrenplatz: in der düsteren Nische, wo er vor einem

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