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Chocolat

Chocolat

Titel: Chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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beugte sich hinunter und zog den Hund zärtlich an den Ohren. »Er ist ein freundlicher kleiner Kerl, und so lebhaft.«
    Hartnäckig: »Wie soll er denn heißen?«
    Guillaume schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht, daß ich ihn lange genug behalten werde, um ihm einen Namen zu geben, ma mie .«
    Anouk warf mir einen seltsamen Blick zu, und ich schüttelte den Kopf.
    »Ich dachte, Sie könnten vielleicht einen Zettel ins Schaufenster hängen«, sagte Guillaume und setzte sich an die Theke. »Vielleicht meldet sich sein Besitzer ja doch.«
    Ich schenkte ihm eine Tasse Mokka ein und stellte sie zusammen mit ein paar Florentinern vor ihn hin.
    »Natürlich.« Ich lächelte.
    Als ich kurz darauf wieder zu Guillaume hinübersah, saß der Hund auf seinem Schoß und ließ sich Florentiner füttern. Anouk schaute mich an und zwinkerte mir zu.
    Seit Anouk und ich hier eingezogen sind, haben wir noch an keinem Sonntag so viele Kunden gehabt wie heute. Unsere Stammkunden – Guillaume, Narcisse, Arnauld und die anderen – sagten wenig, nickten Joséphine freundlich zu und benahmen sich wie immer. Narcisse hatte mir einen Korb voll Endiviensalat aus seinem Gewächshaus mitgebracht, und als er Joséphine sah, reichte er ihr ein kleines Sträußchen Anemonen, das er aus seiner Jackentasche zog. »Die bringen ein bißchen Farbe in den Laden«, murmelte er dazu.
    Joséphine errötete, schien jedoch erfreut und wollte sich bei ihm bedanken. Doch Narcisse winkte verlegen ab und schlurfte davon.
    Dann kamen die Neugierigen. Während der Messe hatte es sich herumgesprochen, daß Joséphine Muscat bei mir eingezogen war, und den ganzen Vormittag über riß der Strom der Kunden nicht ab. Joline Drou und Caro Clairmont kamen in Frühlingskostümen und bunten Kopftüchern und überbrachten eine Einladung zu einem Wohltätigkeitstee am Palmsonntag. Armande mußte über ihren Anblick lachen.
    »Sieh mal einer an, die sonntägliche Modenschau!« rief sie amüsiert aus.
    Caro wirkte entnervt.
    »Du dürftest eigentlich gar nicht hier sein, Maman«, sagte sie mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton. »Du weißt doch, was der Doktor gesagt hat, nicht wahr?«
    »Allerdings weiß ich das«, erwiderte Armande. »Was ist los, sterbe ich dir nicht schnell genug? Schickst du mir deswegen diesen wandelnden Totenkopf ins Haus, um mir den Vormittag zu verderben?«
    Auf Caros gepuderten Wangen erschien ein Anflug von Röte.
    »Wirklich, Maman, wie kannst du so etwas –«
    »Ich halte den Mund, sobald du dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmerst«, raunzte Armande schlagfertig, und Caro kerbte fast die Bodenfliesen mit ihrenPfennigabsätzen, so eilig hatte sie es plötzlich, den Laden zu verlassen.
    Dann kam Denise Arnauld, um sich zu erkundigen, ob wir heute mehr Brot bräuchten.
    »Nur für alle Fälle«, sagte sie mit neugierig funkelnden Augen. »Wo Sie doch jetzt einen Gast haben und so.« Ich versicherte ihr, wenn uns das Brot ausginge, würden wir uns an sie wenden.
    Dann Charlotte Edouard, Lydie Perrin, Georges Demoulin; eine kaufte vorzeitig ein Geburtstagsgeschenk, eine andere erkundigte sich nach den Einzelheiten des Schokoladenfests – so ein origineller Einfall, Madame –, der nächste hatte vor der Kirche sein Portemonnaie verloren und dachte, ich könnte es vielleicht gefunden haben. Ich ließ Joséphine hinter der Theke bedienen. Sie trug eine meiner gelben Schürzen, um ihre Kleider vor Schokoladenflecken zu schützen, und sie machte ihre Sache überraschend gut. Sie hat sich heute besonders sorgfältig zurechtgemacht. Der rote Pullover und der schwarze Faltenrock sind adrett und geschäftsmäßig, das dunkle Haar wird von einem Tuch aus der Stirn gehalten. Ihr Lächeln ist professionell, ihre Haltung aufrecht, und obwohl ihr Blick hin und wieder ängstlich zur Tür wandert, wirkt sie kaum wie eine Frau, die um sich und ihren Ruf bangt.
    »Sie ist schamlos«, zischte Joline Drou, als sie mit Caro Clairmont noch einmal am Laden vorbeiging, »einfach schamlos. Wenn man sich überlegt, was dieser arme Mann alles mitgemacht hat –«
    Joséphine stand mit dem Rücken zu ihnen, aber ich sah, wie ihre Schultern sich strafften. Da das allgemeine Gespräch gerade abgeebbt war, hatten alle die Worte verstanden, und obwohl Guillaume einen Hustenanfall vortäuschte, um Joline zu übertönen, wußte ich, daß Joséphine es gehört hatte.
    Es entstand betretenes Schweigen.
    Dann ergriff Armande das Wort.
    »Tja, meine Liebe, wenn die

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