Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
Vom Netzwerk:
ins Gesicht. Sicher vermutet er schon das Rechte.
    „Er legte alles in anderer Währung an. Man kann sich vorstellen, dass der Gauleiter von Sachsen über einige Rücklagen verfügte und die wurden auch zum Schluss noch recht gut in Dollar getauscht. Außerdem kam er an die Goldreserven der Sächsischen Landesbank heran. Und die, meine Herren, die fehlen bis heute. Obwohl man den alten Bunker an der Comeniusstraße mittlerweile für neue Häuser schleifen will, auch wenn man den Bunker in Grillenburg intensiv durchsuchte, Nachfahren der Familie Mutschmann befragte, ihnen drohte oder sie auch mit bestimmten Zugeständnissen lockte. Alles ohne Erfolg. Und als ich auf diese Unterlagen stieß, die unsere Familien zusammen bringen, war mir sofort klar, warum.“
    Frenzel, immer noch aufgeregt und sich gar nicht einbekommen könnend, hörte diese Rede schon, komm aber gleich ins Grübeln.
    „Gold… hier?“
    Mauersberger nickt, als sein Gegenüber auf die vier Punkte der Karte zeigt. Ja, wo denn sonst?
    „Gibt es Aufzeichnungen, die belegen, dass der Kram dahin kam und nicht irgendwo anders versteckt wurde?“
    Nein. Ja, klar. Die gibt er nicht heraus. Ob sie seinem Ehrenwort vertrauen würden? Dazu kennen sie ihn zu wenig. Er nickt trotzdem.
    „Ja, kann ich bezeugen, jedoch nicht vorlegen.“
    Nun wiegt Schnittge den Kopf hin und her.
    „Warum?“
    Mauersberger lacht auf. Eben kommen die Suppen, Sie lassen es sich heute recht gut gehen. Er lacht nun auch den ehemaligen Honorarkonsul an und der mag nicht, wenn man sich scheinbar über ihn lustig macht. Er winkt nur ab.
    „Ja, behalten Sie es für sich. Ist Ihre Versicherung, weil Sie ja bisher nicht wissen, was wir mit Ihrem Wissen und vor allem mit Ihnen machen. Ach so… apropos… Sie sprachen gerade von einer Familie Mutschmann… besteht denn heute noch die Gefahr, dass die irgendwelche Ansprüche geltend machen könnten?“
    Bauer wird hellhörig. Das klingt nach Komplikationen. Mauersberger nickt langsam.
    „Es gibt Nachkommen. Und die scheinen auch etwas zu wissen. Darum, meine Herren, müssen wir uns gerade jetzt, wo der Zugang zu all dem sicher irgendwie vereinfacht werden kann, auch noch um die kümmern. Aber dazu später. Ja, es gibt also eine Familie und es gibt Berichte über die Einlagerung. Es handelt sich in etwa um… nun, ich will Sie nicht beunruhigen, aber es sind nach heutigem Wert an die vierundachtzig Millionen Mark. Edelmetall. Nicht die Dollars!“
    Bauer muss rechnen. Er sitzt auf der Toilette, versucht, ein paar wenige letzte weiße Flecken auf einem zerknitterten und speckig gewordenen Notizzettel aus seiner stets leeren Brieftasche zu beschreiben, schimpft über den Kugelschreiber, muss schließlich doch allein im Kopf rechnen.
    Was man nicht alles tun könnte mit solch einem riesigen Betrag! Über zwanzig Millionen für ihn allein. Zumindest wenn Mauersberger hält, was er vorhin vollmundig versuchte, allen klarzumachen und zu versprechen. Soviel Geld… was kann er damit tun?
    Er mag die Literatur, weiß, dass er nicht in dieses Geschäft passt, wohin ihn das Leben vor einigen Jahren verschlug. So geht es eben jemandem, dessen Vergangenheit und Familie dem nun zum Glück nicht mehr existierenden Staat nicht gefiel. Schwamm drüber. Es herrscht noch ein wenig der alten Aufbruchstimmung von neunundachtzig. Vielleicht wird alles mit eben dieser Eröffnung, dieser nie geahnten Chance anders, besser… zumindest nachvollziehbar?
    Er rechnet noch einmal. Arbeiten bräuchte er nicht mehr. Sein Hobby würde er zum Beruf machen, und wenn er damit eine Bauchlandung hinlegt… na ja, das ist zu überleben, ohne auch nur einen wirklichen Verlust einzufahren. Er muss sich eben nur Limits setzen.
    Er grinst. Dann geht er wieder. Zu lange darf er die Herren nicht warten lassen. Auch wenn sie ihn durchweg nicht akzeptieren. Sein Großvater war eben anders, seine Familie darum seither nicht gelitten und somit wurde aus ihm eine Art… Duckmäuser? Er mag es nicht, wenn er sich so bezeichnet. Es trifft jedoch den Nagel auf den Kopf. Wem auch immer der gehören sollte.
    „Ah, Bauer, wieder da? Zu viel gegessen, oder?“
    Schnittge grinst über Frenzels Worte. Mauersberger zieht die Augen hoch und bedeutet ihm, sich schnell zu setzen. Wahrscheinlich machte man schon vor seiner Rückkehr Witze und der bis vor wenigen Tagen noch für ihn völlig Fremde hat schon eine Weile die Nase davon voll. Wäre zumindest ein netter Zug. Bauer glaubt an nichts

Weitere Kostenlose Bücher