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Cholerabrunnen

Cholerabrunnen

Titel: Cholerabrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Jahnke
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haben ihn. Der wird noch etwas wissen. Diese Leute, sollten sie nicht ausgebombt oder von einem Feuer bedroht gewesen sein, heben doch immer alles auf. Er kannte da einige, die ganze Häuserbodenkammern voller alter Akten lagerten und trotzdem in allen Gesellschaftsformen so taten, als wüssten sie nichts von ihrer Vergangenheit. Er grinst. Warum die es hier in der DDR zu nichts brachten, kann er sich vorstellen. Dass Bauer es jetzt auch nicht schaffte…? Schlappschwanz! Na ja, kulturinteressiert eher.
    Sie stehen wenig später am Pavillon des Vereins für den Wiederaufbau der Kirche und schütteln die Köpfe. Mauersberger besonders, der den ganzen Kampf gegen diese Entscheidung schon vor Jahren miterlebte und offiziell dagegen stimmte.
    „In den Fünfzigern gab man sogar Lose aus. In einer Lotterie zugunsten des Wiederaufbaus. Würde mich heute einmal interessieren, was aus dem ganzen Geld wurde! Na ja, und dann blies man das wieder ab und die kleinen Buden mit den vielen Losen wurden umbenannt. Da gab es sogar noch ein halbes Jahr Lose mit diesem Frauenkirchenaufdruck, obwohl die Lotterie offiziell schon dem Wiederaufbau und später der Erhaltung des Zwingers zugesprochen wurde. Na ja, wer weiß, vielleicht kam das Geld wenigstens in diesen Topf. Doch den edlen Genossen von früher traue ich ehrlich gesagt alles zu… nur nichts Gutes!“
    Bauer rümpft angewidert die Nase. Mauersberger bekommt dies mit, sagt aber nichts. Schnittge schaut sich die Plakate und Auslagen am Pavillon an.
    „Mann, was die hier alles machen! Konzerte. Wer ist denn dieser Güttler? Müsste man den kennen?“
    Bauer zieht die Augen hoch und Mauersberger sieht sich in seiner Annahme bestätigt. Kultur. Na ja, vielleicht lässt sich da etwas machen… für die Zukunft und diesen Bauer. Dessen Firma macht sicher auch bald zu und die haben doch nichts. Man muss ihm unter die Arme greifen, dann bemüht der sich auch, alte Verbindungen und Papiere zu finden. Ist zwar etwas Blauäugigkeit dabei… wenn er gar nichts hat und beisteuern kann, wird er sicher von den anderen geschnitten und fliegt irgendwann aus der Runde. Aber das steht ja noch nicht fest. Also… aushalten. Der Druckereibesitzer zieht die Luft ein.
    „Ja, die machen viel und der Güttler ist einer der Initiatoren des Wiederaufbaus. Da, schaut Euch das mal an… sogar Uhren gibt es!“
    Vor ihnen liegen drei Stück davon. Goldenes Gehäuse und das Ganze für fünfzig Mark? Ist garantiert vergoldet. Nicht einmal besonders formschön. Angeblich will man eine ganze Reihe auflegen, die Sammler in aller Welt dazu bringen, dass sie kaufen und damit die Kirche unterstützen. Ob das funktioniert? Mit der Uhr allein auf jeden Fall nicht. Mauersberger kauft sie sich nicht, schaut auf Tücher, die die Ehefrau des Ministerpräsidenten kreierte Wer sich so alles einbringen will! Und Bücher gibt es… worüber eigentlich? Über den ewigen Kampf gegen den Staat und die bisherigen Entscheidungen? Dann wären sie seit letzter Woche alle überholt. Na ja, man könnte einen zweiten Teil anschließen und hätte schon wieder Käufer… Ach was, er verzettelt sich.
     
    „Hier. Hier muss Haus Nummer 12 sein. Das ist es. Hier… sehen Sie? Unverkennbar, oder?“
    Bauer hält den Plan in der Hand und steht an einer Stelle. Er kann das Johanneum von der Seite sehen, erblickt auch die Querachse der Kirche, wenn man die noch in den wenigen stehen gebliebenen Außenmauern erkennen kann, sie nicht von den vielen Trümmern und den darin wachsenden Büschen, gar Bäumen überragt und verdeckt wird.
    „Hier… die zwölf. Hmm… ja, könnte stimmen.“
    Schnittge greift nach dem Plan, will seinen nicht erst aus der Mappe holen. Dann blickt er sich um.
    „Wie soll man denn da drankommen? Nein, also wirklich… zugeschüttet. Einfach so. Das ist doch verrückt, oder?“
    Frenzel lacht leise vor sich hin.
    „Dass es einfach wird, sagte ja niemand. Also, Mauersberger… wie stellen Sie sich das nun im Detail vor? Sollen wir als die immer noch lebenden Wächter auftreten und die weitere Bebauung verhindern oder macht es eher Sinn, wenn wir uns wirklich still und heimlich nach den ersten Grabungen in die Keller begeben, die Tresore suchen, öffnen, so sie noch da sind, das, was drinnen ist, entnehmen und verschwinden? Dann wird man sich natürlich fragen, warum wir uns plötzlich nicht mehr gegen all dies aussprechen. Aber… na ja, irgendwann findet man einen offenen Safe, schickt wegen aktueller Spuren daran

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