Cholerabrunnen
Immer, wenn sie in den Leerlauf kommt und nicht zeitig genug vorher heruntertourte, folgt noch ein Kreischen… und schon stehen die nächsten Menschen auf den Balkonen, kommen gar welche vorbei, die sich aufregen, dann jedoch stehen bleiben und einfach zusehen.
„Verdammt noch eines… Zuschauer… die brauchen wir nun wirklich nicht! Hätten wir die Bergung nicht lieber am Tage…?“
Mauersberger verbietet Schnittge den Mund. Heber hat an den Armaturen zu tun und sorgt dafür, dass die Seile und Bänder nicht zu straff gespannt werden.
„Die fliegen uns um die Ohren, sage ich Dir!“
Dann schließlich hebt sich die in den Alphalt um den ehemaligen Gullideckel eingelassene Eisenplatte ganz langsam an. Darunter sieht man schon die Umrisse des Tresors. Beides wird komplett herausgehoben, dann auf dem zusätzlich bereitstehenden Lkw verladen.
„Und die Platte? Was machen wir nun mit der?“
Frenzel schaut ungläubig auf das Geschehen. Mauersberger spricht mit Heber, der ein paar Male nickt, dann Schnittge und Frenzel herzu bittet, mit ihnen auf die Ladefläche klettert. Gemeinsam lösen sie die Gurte. Vorsichtig muss das geschehen. Dann schlagen sie die Platte mit dem Loch in der Mitte an, prüfen die Stabilität.
„Hmm… müsste halten. Wieder an die gleiche Stelle?“
Die Gaffer verstehen davon nichts. Sie schauen nur und erkannten zum Glück auch bisher nicht den Tresor als solchen. Das, was sie hoben, verschwand nun nach Anheben der Platte gleich unter einer groben Plane. Keine Umrisse mehr, nichts, was Verdacht erwecken könnte. Die Platte setzt man nun neben dem eigentlichen Loch ab. Ein paar Spieße und rot-weißes Plastikband sollen übereifrige Gaffer davon abhalten, ins Loch zu fallen. Mauersberger wies dies an. Er will keine weiteren Opfer. Auch wenn Schnittge dazu grinst.
Wenig später fahren alle mit Kranwagen und Lkw ab.
In guter Entfernung steht ein dicker Herr, den einige als den Bauunternehmer Weinert kennen. Er beobachtete die ganze Prozedur und rieb sich erst die Hände, als die Polizei vorbeikam. Immerhin rief er mehrfach mit verstellter Stimme an und brachte so die Behörden ins Schwitzen, eher noch in Zugzwang. Leider blieb dann der Erfolg aus und die Kerle schafften es doch tatsächlich, einen der vier Tresore zu bergen. Er könnte fluchen, lässt es aber noch und will ihnen sofort nachfahren, doch irgendwie verliert er sie aus den Augen, kann die nicht gerade kleinen Fahrzeuge nicht wiederfinden, als sie in Richtung Süden quer durch die Stadt verschwinden. Wo sind die hin? Er muss es klären, ihnen auf den Pelz rücken.
„Aber Herr Polizeirat, das ist ein ganz klarer Fall von Anmaßung. Ich muss dem nachgehen. Wer weiß, was diese Leute motivierte, aber sie buddelten auf dem Platz herum… ohne Genehmigung. Und wer weiß, was sie nun auch noch daraus geborgen haben! Ich will es gar nicht wissen. Besser so! Aber der Firma Heber GbR müssen wir ganz schnell auf die Schliche kommen. Die sind ja gemeingefährlich! Stellen Sie sich mal vor, da wäre noch jemand in das Loch gefallen!“
Der Polizeirat schaut in die Runde. Drei seiner besten Mitarbeiter hier im Präsidium Dresden stehen vor ihm und machen ihm Vorhaltungen für das Abblasen der Verfolgung. Nun, vielleicht arbeitete er dabei zu übereilt und zu offensichtlich. Er kann und darf aber keine weiteren Ermittlungen zulassen. Sonst… nein, er mag es nicht, darüber nachzudenken.
„Kümmern Sie sich um die Sicherung des Gebietes. Dann kommt es nicht wieder zu so etwas. Und schütten Sie den Kram einfach wieder zu. Jetzt haben wir keine weitere Planung dort, wie mir die Gesellschaften Neumarkt und Frauenkirche mitteilten. Also, nichts geschehen. Wir haben andere, wichtigere Fälle!“
Behringer, der sich nur ganz am Rande einbrachte und seine Beobachtungen an eben dieser Grabung zum Besten gab, zuckt nur mit den Schultern. So unentschlossen kennt er den Chef nicht. Da steckt vielleicht mehr dahinter? Oder ist er übermüdet? Er selbst sorgte ja leider bisher noch nicht wirklich dafür, dass sich irgendwer besser fühlen darf. Keinerlei Erfolge… nun ja, man kann eben auch nicht alles haben. Er flucht und verlässt den Beratungsraum.
Der Polizeirat hat eine Verabredung. Wie immer Mittwochs. Gemütlich schlendert er vorbei an der Baustelle zum Hotel. Fortschritte sieht man allerorten. Er erinnert sich an die erste Öffnung, die Besichtigung des Altars. Kalt war es vor Wochen noch und clevere Geschäftsleute
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