Cholerabrunnen
schenkten gleich Glühwein aus. Der wärmte durch und bald sah jeder der Besucher wirklich die Reste des Altars, das verbrannte Buch darauf, die angeschlagenen Figuren… und die Sauberkeit der Baustelle.
Sauber… er fühlt sich nicht sauber. Trotzdem ist er wieder hier. Liegt es nur am Geld? Er weiß es nicht. Irgendwie kommt das alles ganz tief aus seinem Innersten. Will er wirklich so sein? Nein, eigentlich nicht. Er ist trotzdem so und grüßt die Herren am Tisch, lässt sich auf einen Scotch ein, isst auch ein Tagesgericht und bedankt sich höflich für den Umschlag, den man ihm am Ende der Unterhaltung zusteckt.
„Ist etwas mehr, als ausgemacht. War ja auch ein voller Erfolg. Sagen Sie Bescheid, wenn es wieder so klappt. Sie wissen ja… drei sind noch unten und warten auf uns!“
Zwischenspiel 2 – Museumsarbeit
Wie stellen Sie sich das eigentlich vor, Herr Engelhardt? Das geht doch gar nicht. Der Platz war ein einziges Fiasko, eben tot. Nichts ging da. Nun, das Museum eben… und das Hotel war schon einmal ein Versuch, wenigstens in der Nähe etwas zu schaffen, wieder Leben da hineinzubringen. Aber mit mäßigem Erfolg. Die Touristen wohnten da und flüchteten in der Regel einfach hinauf auf die Brühlsche Terrasse. Und dann? Nichts. Der Platz war tot, wurde bestimmt von diesem Mahnmal. Ja, ich weiß, dazu gibt es auch ganz unterschiedliche Ansichten, aber eines kann ich Ihnen wirklich versichern, Herr Engelhardt, die Keller bleiben auf keinen Fall so offen, wie sie jetzt gesichert werden!“
Na, das werden wir noch sehen, sagt sich der Gerügte und macht auf dem Absatz kehrt. Politiker… immer dem Wähler verpflichtet. Auch vier Jahre nach der Wiedervereinigung machen die nichts anderes, als zu versuchen, es allen recht zu machen. Heute Hüh und morgen Hott… nein, das ist wahrlich nicht sein Ding! Wie kam er nur darauf, sich an den zu wenden? Kultus… da steckt man die ganze Bildung rein und die Schulen ächzen, weil sie keine Mittel bekommen, der jeweiligen Direktor wegen jeder Packung Druckerpapier ins Regionalschulamt fahren muss. Schweigen will er lieber vom Papierkram, wenn eine teure Druckerpatrone gekauft werden muss. Was erzählte jetzt seine Tochter? In der Schule der Enkel brachte man anstelle der alten, guten Kreidetafeln welche an, auf die man nur mit bestimmten abwischbaren Stiften schreiben kann. Kosten? Er will es gar nicht wissen. Jedenfalls zu teuer. Und dann wissen die im Amt nicht einmal, welche Stifte die richtigen sind. Nun müssen die stundenlang schrubben, um diese versehentlich gekauften Folienstiftschreibereien, also sogenannte ‚Permanentmarker’, wieder zu entfernen. Dass dabei die Oberfläche Schaden nimmt…
Oberfläche…
Gestern erst stand er wieder inmitten der geöffneten Keller. Was da hinten am Johanneum schiefgelaufen ist, will ihm auch niemand sagen. Teures Geld wurde sicher ausgegeben und irgendwer koordinierte die Arbeiter nicht richtig. Sie buddelten zu zeitig an einer Stelle, die man noch als Lagerort und später als Anfahrtroute benötigt. Und nun schüttete man dort alles wieder zu. Unverstand!
Nichts. Sie wollen nicht. Gut. Dann verschwinden die Keller eben wieder. Ein Jammer ist das! Da unten starben Menschen, da findet man heute beim Ausgraben angeblich alles Mögliche. Uniformteile, Gebeine, auch alten Hausrat. Er könnte heulen und darf es doch nicht. Er muss stark wirken, allen zeigen, wie gut er drauf ist, was er kann, wie er sich für Dresden und die Aufarbeitung des 13. Februars einsetzt. Dabei ist auch das inzwischen sehr umstritten.
„Und?“
Ein Kollege und Mitstreiter erwartet ihn draußen im Auto. Er schüttelt nur den Kopf.
„Nein, alles kommt weg. Man wolle den Investoren tiefenentkernte Flächen zur Verfügung stellen. So ein Unverstand! Dann sagen die vielleicht, sie hätten schon in ihrer Planung die alten Keller mit verwenden können. Na ja, keine Ahnung, ob das von der statischen Seite her noch tragbar ist, aber mal ganz ehrlich… bisher kam Dresden auch ohne diesen Platz voller Häuser aus. Warum dann jetzt diese Eile? Ich kann das nicht verstehen!“
Ja, weil alles schön aussehen soll, wenn die Kirche wieder erstrahlt. Er verflucht seine Zustimmung zum Wiederaufbau. Damit nahm er sich alle Argumente aus der Hand, die er jetzt für den Neumarkt gebrauchen könnte… eher dagegen.
„Und nun?“
Ja, und nun. Er weiß es auch nicht. Vielleicht sollten sie den Platz besetzen? Das wäre zumindest ein
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