Cholerabrunnen
nicht ändern. Wir fanden ihn in einem Schlammloch. Dort sollte noch nicht gearbeitet werden und er ist sicher auch nicht von allein da hineingefallen. Kinder entdeckten ihn, als sie vor dem Verkehrsmuseum warteten. Die haben ja nun auch neue Öffnungszeiten. Zum Glück ist wieder offen… nach der Flut. Verrückte Zeit. Aber Ihr Sprecher ist leider Tot, Herr Minister!“
Der lässt sich nun hart auf den Sessel fallen.
„Tot… ermordet, sagen Sie?“
Nicken. Dann berichtet Behringer, der seinen obersten Chef begleitet und die Unterlagen bei sich hat. Sein Gegenüber wird immer bleicher. Veränderungen kann er scheinbar nicht gut wegstecken. Aber das ist auch nicht geplant.
„Wer bearbeitet das? Ich will den besten Mann, das beste Team daran haben, verstanden?!“
Beide Besucher nicken. Behringer behält den Fall also. Zufrieden kann er damit nicht sein. Zumal er wieder einmal keinerlei Gründe kennt.
Das Telefon klingelt. Es ist nur der Hinweis, dass jemand im Vorzimmer wartet. Mauersberger nimmt nicht ab, steht aber auf und geht etwas steif quer durch den Raum. Er ahnt, was jetzt kommt, schaut gleich herunter auf den Dicken vor seiner Bürotür, bittet ihn herein und bietet ihm Kaffee oder auch einen Schnaps an. Weinert nickt bei beidem, setzt sich recht bequem und ohne zu fragen in die Couchecke und nicht auf einen der drei Stühle vor Mauersbergers Schreibtisch. Dann schlägt er noch die Beine übereinander, was bei seiner Fülle etwas… komisch aussieht.
„Nun, Mauersberger, es steht eins zu eins. Was sagen Sie?“
Der nickt langsam vor sich hin. Niemals erwartete er, dass es der Dicke wirklich schafft, diesen Tresor zu heben. Ja, es gibt noch zwei. Und ja, er gibt nicht auf. Aber wieder war ein Toter zu beklagen. Er kannte ihn nicht. Der Mann ist ihm herzlich egal. Was soll er mit so einem? Ministerium… seine Geschäfte macht er auf anderen Ebenen, lässt sich nicht von der Politik vereinnahmen.
Ja, Schnittge riet ihm zum Eingreifen. Vielleicht wäre dann einiges anders gekommen. Ohne Renzels Zureden… na ja, das ist aber eine Hypothese. Er versucht ein Lächeln.
„Und, haben Sie ihn schon geöffnet?“
Zwischenspiel 3 – Verkaufpoker
„Wir können dieses Bauen nicht befürworten. Und dabei ist es uns herzlich egal, ob nun diese Brücke schon vor hundert oder erst vor einem Jahr geplant wurde. Sie stört genau das, was Ihnen den Titel einbrachte. Eine herrliche, unberührte Auenlandschaft. Und kommen Sie mir bitte nicht mit diesem verdammten Schwachsinn, dass eine Stadt an einem Fluss eben Brücken bräuchte. Kann ja sein, dass Sie das so sehen, aber… na ja, es ist eben auch eine Verantwortung, die Sie alle haben. Und der werden Sie mit der Brücke nicht gerecht!“
Der Vertreter der UNESCO setzt sich bewusst auf einen Stuhl mit Rücken zur Fensterreihe. Er will gar nicht hinunterschauen auf die Elbe, die vor einiger Zeit dermaßen über die Ufer trat, dass man in Dresden und Deutschland eine große Hilfsbereitschaft entwickelte, dass gar Millionen an Spendengeldern aus privater Hand kamen. Der Staat wollte und konnte dem nicht nachstehen und so wurden zusätzlich noch alle Firmen und viele betroffene Privathaushalte an der Elbe wieder in Schuss gebracht oder zumindest begonnen, dies einzuleiten.
Ja, er versteht den Drang, diese Baubereitschaft, dieses Anpacken aller gleich zu nutzen, um eine weitere Sorge der Stadt auszuräumen, aber er will und darf auch nicht anders entscheiden, als es seine Partner bei der UNESCO tun werden. Selbst, wenn man ihnen eine unsichtbare Brücke vorlegen würde… solange Dresden nicht von dem Projekt Abstand nimmt, wird der Titel erst einmal auf die rote Liste gesetzt… und dann… na ja, bis zur Aberkennung kann man sich noch besinnen oder man lässt es eben und… der Titel ist weg. Ein für alle Mal. Nie wieder dürfte diese Landschaft dafür vorgeschlagen werden. Zwar findet er auch diese Entscheidung nicht gerade… gut, aber so sind nun einmal die Regeln. Man kann nicht für etwas bestrafen und dann irgendwann das Gleiche wieder gut heißen. Das bringt doch das gesamte System in Abrede… Er grinst und trinkt, um es zu verschleiern, einen großen Schluck Wasser.
„Und welche Alternative haben wir?“
Alternative, Alternative… die sollen sich nicht so anstellen! Es gibt keine. Er will den Titel nur dann hier lassen, wenn die Brücke nicht kommt. Keine Alternative.
„Und ein Tunnel?“
Tunnel? Hier? Dresden soll auf Sand stehen.
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