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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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– Verwaltungsgebäude, Klinik, Kirche, Schulen, Wohnanlage für die Landarbeiter – mussten sich auf der anderen Seite befinden.
    Ein weiterer Checkpoint, wo noch strenger kontrolliert wurde.
    Dieses Mal schoben die Männer – wieder kräftige und freundliche Burschen – einen Spiegel unter das Fahrgestell seines Wagens und durchsuchten minuziös seinen Kofferraum. Kasdan dachte noch einmal an seine Waffe, aber sie war im Innern des Reifens befestigt. Er musste seinen Mantel und seine Schuhe ausziehen und durch einen Metalldetektor-Rahmen gehen. Wieder musste er seine Papiere aushändigen, die mit einer Digitalkamera aufgenommen wurden. Es war 15.10 Uhr, aber Kasdan befürchtete nicht mehr, den Beginn des Konzerts zu verpassen. Er ahnte, dass die Bewohner dieser kleinen Welt über Funkgeräte kommunizierten und dass sie auf ihn warten würden.
    Er versuchte eine Unterhaltung anzuknüpfen:
    »Heute viele Besucher da?«
    »Wie jedes Jahr.«
    Ihm fiel ein Detail auf. Eine leichte Veränderung der Stimme, vielleicht ein Akzent …
    »Was werden sie singen?«
    »Sie erhalten ein Programm.«
    Kein Akzent, etwas anderes … Ein belegtes Timbre vielleicht, das ein Unbehagen auslöste. Kasdan öffnete den Mund, um weiterzusprechen, doch der Mann gab ihm seine Dokumente und einen markierten Plan zurück. Die Unterhaltung war beendet.
    Der Weg war jetzt asphaltiert und schlängelte sich durch dichtes Unterholz, das an die korsische Macchia erinnerte. Ab und zu tauchten hinter Baumgruppen oder Schilfrohrflächen plötzlich Gebäude auf. Alles wirkte planvoll gestaltet wie auf einem Gemälde und hatte nichts mehr mit der Steppenlandschaft des Causse gemein. Die Oberflächengestalt und die Vegetationslinien wirkten wie von Menschenhand gezeichnet. Das Befremdliche an der Stimme des Wachpostens passte auf rätselhafte Weise zu dieser allzu pefekten Landschaft. Alles hier war künstlich.
    Die Gebäude waren aus Holz. Dunklem oder hellem Holz, je nach Gebäude, aber immer nach demselben schlichten Plan zusammengefügt. Hartmann und seine Clique hatten den bayerischen Stil zugunsten nüchterner, robuster Häuser aufgegeben, die so ausgelegt waren, dass sie Kälte und Schnee widerstanden. Ein Doppeldach schützte gegen die Unbilden der Witterung, und die Fassaden bestanden aus einem dichten Gefüge von Brettern, die im Winter die Wärme und im Sommer die Frische bewahrten.
    Im Strauchwerk entdeckte Kasdan Leuchtsäulen. In diese Säulen waren mit Sicherheit Fotozellen und Kameras integriert. Immer diese Doppeldeutigkeit. Einerseits der traditionelle Lebensstil, aus dem jegliches Zeichen der Modernität verbannt war. Andererseits die leistungsfähigsten Innovationen, um die Mitglieder der Gemeinschaft und etwaige Fremde zu überwachen.
    Er gelangte auf einen Parkplatz mit Autos. Ein dritter Zaun, wieder aus Eisendraht. Auf der anderen Seite zweifellos das Allerheiligste, das »Zentrum der Reinheit«, in dem die eigentlichen Mitglieder der Sekte lebten. Direkt an der Umzäunung lag die Klinik, eines der wenigen Gebäude aus Beton mit einem gewölbten Vordach aus Aluminium. Die verglaste und bereits beleuchtete Eingangshalle glich einem großen Raumschiff, das auf dem kurz geschnittenen Rasen gelandet war.
    Jenseits davon sah man in einer leichten Mulde einen Platz, um den herum sternförmig angeordnete Gebäude und Treibhäuser standen. In der Mitte eine gigantische hölzerne Skulptur, die eine zum Himmel hin geöffnete Hand darstellte. Eine an Gott gerichtete Geste, ein Sinnbild für Opfer und Bitte. Am liebsten hätte der Armenier das Krankenhaus betreten und nach einem Ausgang auf der anderen Seite gesucht, der in dieses verbotene Tal führte. Aber er musste vorsichtig bleiben.
    Er studierte seinen Plan. Das Konzert fand im Hauptsaal des Konservatoriums statt, dreihundert Meter weiter rechts, neben der Kirche mit ihrem eigenartigen Turm, der aus vier ineinander verschlungenen Metallstangen bestand. Kasdan ging den Kiesweg zu Fuß hinauf. Kein Mensch weit und breit. Er sah auch keine Wächter, fühlte sich aber beobachtet. Er erreichte das Konservatorium, ein Gebäude, das einer Scheune glich, ein zweiflügeliges Portal aufwies und von einem Kreuz überragt wurde.
    Im Innern gelangte er in eine große Vorhalle mit hellem Parkett und weißen Wänden. An Wandleisten hingen Farbfotos, die Szenen aus dem Alltagsleben der Gemeinschaft zeigten.
    »Sie haben sich verspätet.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Kasdan lächelnd. »Ich hatte

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