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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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indigofarbenen Tuch.
    »Woher wissen Sie das?«
    Der Mann lachte laut auf:
    »Das ist einfach. Ich kenne jeden in der Region.«
    Beflissen drückte er Kasdans Hand. Auch er hatte ein Glas Bier. Sie saßen alle im gleichen Boot.
    »Bernard Liévois, Bürgermeister von Massac, einer kleinen Stadt östlich von Florac. Woher kommen Sie?«
    »Aus Paris. Ich interessiere mich für Chöre.«
    »Dieser ist einen Abstecher wert, nicht wahr?«
    »Ich habe schon lange nicht mehr eine solche … Reinheit gehört.«
    Der Mann senkte die Stimme und fasste Kasdan am Arm:
    »Sie wissen aber wenigstens, wo wir sind?«
    »Ja, nach all den Absperrungen zu urteilen, die ich passieren musste …«
    Liévois murmelte in verschwörerischem Tonfall:
    »Die Leute der Kolonie sehen sich vor, und zwar zu Recht. Sie haben ihre Anhänger, aber es gibt viele Verleumder.«
    »Ich muss Sie wohl nicht fragen, in welchem Lager Sie stehen?«
    Der Mann zog die Augenbrauen hoch:
    »Als diese Leute hierherkamen, war diese Region eine Wüste. Hier wurde nichts angebaut. Hier sagten sich Fuchs und Hase gute Nacht. Sehen Sie den Erfolg? Sie öffnen die Pforten ihres Krankenhauses für die Bewohner der Gegend. Kostenlos! Sie bieten uns die besten Schulen an. Sie geben jungen Leuten Arbeit. Und was verlangen sie im Gegenzug? Nichts. Man muss wirklich ein übler Nörgler sein, um das zu kritisieren.«
    »Manche behaupten, die Kolonie sei eine Sekte.«
    Liévois fegte die Andeutung mit lässiger Geste vom Tisch:
    »Sie kennen die Redensart: ›Der einzige Unterschied zwischen einer Sekte und einer Religionsgemeinschaft ist die Anzahl der Anhänger.‹ Die Leute der Kolonie haben ihre eigene Glaubenslehre. Na und? Ich kann Ihnen eins versichern: Sie versuchen keine neuen Anhänger zu gewinnen. Ihre Schule ist weltlich, und in ihrem Krankenhaus arbeiten Ärzte, die genauso atheistisch sind wie ich. Im Übrigen könnte ich Ihnen nicht einmal ihren Glauben beschreiben. Sie reden nie darüber!«
    »Diese Verschwiegenheit könnte das verschleiern, was man heute ›sektiererische Auswüchse‹ nennt.«
    »Wie?«
    »Die Gemeinschaft scheint unglaublich wohlhabend zu sein …«
    »Das ist typisch französisch. Wer viel Geld hat, wird sofort verdächtigt, es sich auf unlautere Weise beschafft zu haben. Lieber Freund, diese Leute arbeiten von morgens bis abends. Sie haben die Landwirtschaft in der Region revolutioniert. Eine solche Anstrengung verdient es, belohnt zu werden.«
    Kasdan ließ sich nicht beirren:
    »Und diese Kinder? Kommen sie Ihnen nicht etwas … seltsam vor?«
    »Einen Keks, Monsieur?«
    Kasdan drehte sich um. Er erwartete, einen jungen Mann zu sehen, erblickte aber ein junges Mädchen, das ein Tablett mit Sandgebäck in Händen hielt. Ein weiteres Mal hatte ihn die Stimme getäuscht. Was immer der begeisterte Bürgermeister sagte, die Kinder der Kolonie Asunción glichen wirklich Außerirdischen.
    Er nahm einen Keks, ohne die junge Frau aus den Augen zu lassen. Kleines Gesicht. Großer Mund. Lange Arme. Schmale Hüften. Abgesehen von der Feinheit des Gesichts hatte sie nichts Weibliches.
    Er wandte sich um, gewillt, den Bürgermeister weiter auszuquetschen, aber der war bereits von einer anderen Gruppe umringt worden. Eine Hand fasste ihn am Arm und zog ihn zur Seite. Wahl-Duvshani.
    »Ich habe einen Teil Ihres Gesprächs mit Liévois gehört. Mir scheint, dass Sie uns böse Absichten unterstellen …«
    Der Arzt hatte dies ohne Aggressivität gesagt, eher in einem listigen Ton.
    »Überhaupt nicht«, verteidigte sich Kasdan wenig überzeugend.
    »Die Unschuld ist in unserer Zeit so selten, dass sie alle möglichen Verdächtigungen auslöst.«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Weil Sie Polizist sind. Sie sind doch Polizist, oder?«
    Sein Bier in einer Hand, den Keks in der anderen, hatte Kasdan den Eindruck, dass sein Gesprächspartner es auf ihn abgesehen hatte. Er antwortete nicht.
    »Wir sind solche Besuche gewohnt«, fuhr der Mann fort. »Der Inlandsgeheimdienst. Der Verfassungsschutz. Die Gendarmerie. Manchmal sagen sie offen, wer sie sind. Dann wird ihnen das Betreten des Anwesens untersagt. Andere wie Sie versuchen sich an ›Tagen der offenen Tür‹ inkognito einzuschleichen. Aber im strahlenden Licht unserer Gemeinschaft fällt ihre Schwärze umso stärker in die Augen.«
    »Ich verstehe.«
    »Nein, Sie verstehen nichts. Die Klarheit unserer Absichten übersteigt Ihr Vorstellungsvermögen. Das sage ich Ihnen ohne jede Aggressivität. Sie

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