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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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Berlin-Kreuzberg wieder aus- und stattdessen in die Hochhaussiedlung Gropiusstadt einziehen. Der Vater betäubt seinen Frust darüber mit Alkohol und lässt ihn prügelnd an Christiane und der ein Jahr jüngeren Schwester aus. Die Mutter sieht hilflos zu.
    Das Schicksal der Felscherinows fesselt schon auf den ersten Seiten von Christianes Erzählung, weil sie sehr intime Einblicke in die Seelenstrukturen der Familienmitglieder und die Zusammenhänge untereinander gewährt. Kaum ein Berufsschriftsteller hatte zuvor so fassbar von den Verheerungen unerfüllter Erfolgs- und Prestigesucht berichtet wie Christiane am Beispiel ihres Vaters.
    Dann betritt ein neuer Mann die Bühne, er ist für Christianes Mutter die Eintrittskarte in ein neues Leben ohne Gewalt. Sie beginnt eine Affäre mit Klaus, dem jüngeren Saufkumpanen ihres Mannes, und bringt den Mut auf, den aggressiven Ehemann zu verlassen. Aber der neue Freund der Mutter bleibt für die Kinder ein Fremder, den sie weder ernst nehmen noch sonderlich mögen, weil sie das Gefühl haben, dass er ihre Mutter für sich vereinnahmt. Christianes jüngere Schwester zieht Konsequenzen: „Sie tat das für mich Unfassbare. Sie zog zu meinem Vater. Sie verließ meine Mutter und vor allem mich. Ich war noch etwas einsamer“, heißt es im Buch.
    Als Klaus dann noch dafür sorgt, dass Christianes Mutter die beiden Hunde weggibt, an denen Christiane so sehr hängt, scheinen Rebellion und Flucht dem Mädchen der einzige Ausweg aus den Ungerechtigkeiten, die sie zu Hause empfindet. „Ich fühlte mich zu Hause rausgeekelt. Aber ich fand die Freiheit, die ich hatte, auch toll.“ Zuwendung sucht die inzwischen Zwölfjährige jetzt an anderer Stelle: Sie bewundert eine Schulfreundin, Kessi, die Alkohol trinkt und schon einen Busen und einen Freund hat. Christiane möchte bei Jungs auch so beliebt sein wie Kessi, und sie möchte, dass Kessi ihre beste Freundin wird.
    Gemeinsam gehen sie ins „Haus der Mitte“, einer Einrichtung der evangelischen Kirche. Die Jugendlichen in ihrer neuen Clique sind älter, rauchen Haschisch und schwänzen die Schule, um schon vormittags high zu werden. Und weil Christiane dazugehören will und ihnen nacheifert, macht sie mit.
    Drogen als Konsum – das war in der Bundesrepublik Deutschland etwas völlig Neues. Die Hippie-Bewegung der Sechziger- und Siebzigerjahre verband etwas ganz anderes damit, nämlich gemeinschaftliche Demonstration gegen Konsum und damit die Verbreitung einer Weltanschauung. Anhänger nahmen LSD und Cannabis kollektiv mit dem Ziel der Bewusstseinserweiterung ein. Christiane und ihre Freunde hingegen strebten offenbar die Bewusstlosigkeit an. Die totale innere Leere. Ihnen ging es nur um den Kick, so schien es. Oder war es doch Auflehnung? Aber wogegen?
    Die Öffentlichkeit, in die Christiane Felscherinow als jugendlicher Promi-Junkie katapultiert wurde, wollte das Verhalten ihrer Szene gern als Rebellion deuten. Das gelang aber nicht. Am Ende blieb der ernüchternde Schrecken, mit dem man Christiane fortan verband: Es gab Jugendliche, die völlig ziel- und perspektivlos nur eine einzige, sinnlos erscheinende Motivation im Leben zu haben schienen: den Rausch.
    Christiane schluckt bald auch Medikamente wie Ephedrin, Valium oder Mandrax, und am Wochenende geht sie regelmäßig in die Berliner Disko Sound. Dort lernt sie Detlef kennen. Der 16-Jährige nimmt Heroin, was Christiane zuerst ablehnt. Als sie mit einem anderen befreundeten Fixer ein Konzert ihres Musikidols David Bowie besucht und dieser Freund auf Entzug kommt, hilft Christiane ihm aber, das Geld für neues Heroin zusammenzuschnorren. Ihr junger Körper hatte sich da schon lange an die Pillen gewöhnt, die sie jeden Tag bedenkenlos wie Smarties einwarf und die ihre Wirkung zu verlieren begannen, sodass sie sie nicht mehr aus ihrer Depression befreiten.
    Warum also nicht doch Heroin probieren?
    „Ich hatte ja nicht den Durchblick, dass ich mich in den vergangenen Monaten systematisch reif gemacht hatte fürs H. (…) Da war kein Nachdenken, kein schlechtes Gewissen. Ich wollte es sofort ausprobieren, um endlich mal wieder echt gut drauf zu kommen“, sagte sie den Autoren Hermann und Rieck.
    Sie zieht das braune Pulver durch die Nase, weil ihr das Drücken noch zu viel Angst macht. „Ich musste Brechreiz unterdrücken und spuckte dann doch eine Menge von dem Zeug wieder aus. Dann kam es aber unheimlich schnell. Meine Glieder wurden wahnsinnig schwer und waren

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