Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)
Alliance (DPA), einer Organisation, die sich für eine neue Drogenpolitik einsetzt, der wohl angesehenste Drogenexperte der USA, sagte dem Magazin: „Was in Lateinamerika passiert, ist eine Revolution. Präsidenten, die sagen: ‚Beendet den Drogenkrieg!‘ Das war lange völlig unvorstellbar.“
„Ein Verbot von Drogen ist wohl die schlechteste Lösung, um Schaden zu verhindern“, erklärte der Harvard-Ökonom Jeffrey Miron. „Erstens führt es zu einem Schwarzmarkt, der korrupt ist und Menschenleben kostet. Zweitens schränkt ein Verbot Menschen ein, die Drogen nicht missbrauchen würden. Drittens kostet das Verbot den Steuerzahler Geld.“ Dem Wirtschaftsprofessor zufolge könnten zum Beispiel die USA durch eine Legalisierung 85 bis 90 Milliarden Dollar im Jahr sparen. „Die eine Hälfte des Betrags durch die Kosten der aktuellen Drogenpolitik, die dann wegfallen würden, und die andere Hälfte durch Steuern, die auf legale Drogen erhoben werden könnten und dem Staat bisher entgehen.“
„Wir haben heute weniger als in den Anfangsjahren damit zu kämpfen, dass man uns als Drogenkonsumenten nicht ernst nimmt“, sagt Dirk Schäffer. Dennoch lebt das Gros der nach Schätzungen des Bundeskriminalamtes (BKA) bundesweit rund 200.000 schwerstabhängigen Drogensüchtigen auch 2013 noch in sozialen Randlagen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Anhängern der akzeptierenden Drogenpolitik zufolge liegt eine der Ursachen in den Gesetzgebungen der jeweiligen Länder, die Betroffene bei der Beschaffung der Rauschmittel kriminalisieren.
Die Grundlage hierfür bildet in Deutschland das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), dessen Anhang 1 die nicht verkehrsfähigen Substanzen festlegt. Dazu gehören einige biogene und halbsynthetische Drogen pflanzlichen Ursprungs wie Heroin, Kokain und Cannabis sowie synthetisch hergestellte Varianten wie zum Beispiel LSD und Ecstasy. Das Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel der Vereinten Nationen ist die Grundlage dafür, welche Stoffe in Deutschland als illegal gelten und welche erlaubt sind. Das 1961 entstandene Vertragswerk soll die Verfügbarkeit einiger Drogen einschränken und bildet bis heute den Rahmen der weltweiten Drogenkontrolle: Kokastrauch, Schlafmohn und Indischer Hanf, die pflanzlichen Rohstoffe Opium, Mohnstroh und Cannabis, Opiate und Heroin sowie einige synthetische Opioide wie Methadon sind Gegenstand der Vereinbarung.
In der Präambel steht, dass die Betäubungsmittelsucht für den Einzelnen ein Übel und für die Menschheit eine wirtschaftliche und soziale Gefahr darstellt. Unter manchen Wissenschaftlern und Politikern gilt das Abkommen als längst überholt: Der britische Lancet, eine der ältesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt, veröffentlichte bereits 2010 eine Studie, der zufolge Alkohol die Droge mit dem größten Schadenspotenzial in Bezug auf Selbst- und Fremdschädigung ist.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2013. Demnach trinkt jeder Einwohner der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 9,6 Liter Alkohol pro Jahr. „Dies ist im internationalen Vergleich ein hoher Wert“, heißt es in dem Lagebericht. Und weiter: „Die empfohlenen Trinkmengen werden in Deutschland von 9,5 Millionen Bundesbürgern überschritten, von denen wiederum 1,3 Millionen eine Alkoholabhängigkeit aufweisen.“ Die volkswirtschaftlichen Schäden durch Alkohol belaufen sich demnach auf rund 27 Milliarden Euro, fast 75.000 Menschen sterben jedes Jahr an direkten und indirekten Folgen ihres übermäßigen Alkoholkonsums, heißt es.
Zu den abhängigkeitsgefährlichsten Substanzen gehört weiteren Untersuchungen zufolge neben Heroin und Crack auch Tabak. In den meisten Ländern werden Alkohol und Tabak aber ganz legal gehandelt.
Bei anderen Drogen führe vor allem die Prohibition zu Mord und Totschlag, sagt Miron: „Indem man einen Schwarzmarkt erzwingt, erzeugt man Gewalt, weil die Konflikte der Handelnden nicht innerhalb des Justizsystems gelöst werden können. Die Akteure werden in eine Schattenwelt gezwungen.“
In Deutschland machen sich Süchtige nicht durch den Konsum, sondern durch den Drogenbesitz zu Kriminellen. Mit der Beschaffung der illegalen Substanzen verstoßen sie gegen das Betäubungsmittelgesetz. Das ist Anhängern der akzeptierenden Drogenpolitik zufolge der Grund dafür, dass sich außerhalb der Gesellschaft ein eigenes Milieu bildet, in dem die Beschaffung, der
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