Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)
lebensgefährlicher Infektionskrankheiten unter Heroinkonsumenten, sogenannten Fixern, präventiv entgegenzuarbeiten. Durch die Bereitstellung von sterilem Spritzbesteck, Pflastern und Einweghandschuhen sowie der Präsenz von Rettungskräften vor Ort sollen die Akuthilfe bei einer lebensgefährlichen Überdosis und der Konsum der Drogen unter hygienischen Bedingungen möglich sein. Darüber hinaus können weiterführende Hilfsangebote an Schwerstabhängige vermittelt werden. Da der Konsum von Drogen an sich nicht illegal ist, gilt das Injizieren in einer dieser sogenannten Fixerstuben als rechtlich straffreie Selbstschädigung.
Auch die nicht Drogen konsumierende Bevölkerung hat ihre Vorteile durch die Einrichtung solcher Räume, weil weniger Junkies sich ihren Schuss etwa in Parkanlagen, auf offener Straße oder in S- und U-Bahnstationen setzen und daher auch deutlich weniger benutztes Spritzbesteck und andere gefährliche Gegenstände mit Verletzungsgefahr an öffentlichen Plätzen zu finden sind. In Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland gibt es solche Drogenkonsumräume.
Einer wissenschaftlichen Untersuchung zufolge akzeptieren fast 80 Prozent der Nachbarn die Fixerstuben, weil die im Vorfeld befürchtete Ausweitung der Szene im angrenzenden Gebiet nicht stattgefunden hat. Die Bereitschaft der Betroffenen, in eigens dazu bereitgestellten Räumlichkeiten Drogen zu konsumieren, ist allerdings gering: Nur etwa 15 Prozent nahmen das Angebot an. Die Nutzer sehen den Vorteil der Drogenkonsumräume vor allem in der Vermittlung von Drogenhilfe.
Politische Forderungen von JES sind unter anderem ausgeweitete Spritzentauschprogramme, die dabei helfen sollen, dass sich weniger Fixer mit Infektionskrankheiten anstecken, ausreichende Behandlungsangebote mit Substitutionsmitteln auch in ländlichen Regionen und die geregelte Abgabe von sauberem Heroin an Konsumenten, die mit Methadon, Polamidon oder Subutex – den heute gängigen Mitteln zur Substitution – nicht zurechtkommen.
Ein langfristiges Ziel des Bündnisses ist der Verkauf heute illegaler Drogen in Fachgeschäften durch ausgebildetes Fachpersonal. Doch die Lobby, die selbst eine Teillegalisierung verhindern will, ist stark: „Viele tausend Menschen im Staatsdienst würden ihre Arbeitsplätze verlieren. Die Entzugskliniken würden eine Menge Kunden verlieren, weil viele von ihnen von der Justiz zu einem Entzug gezwungen werden. Die Menschen, die Gefängnisse bauen, haben auch ein Interesse an vielen Insassen. Außerdem mag die Kirche Drogen nicht“, benannte Harvard-Ökonom Jeffrey Miron im Spiegel-Online-Interview die Interessensgruppen, die weiter am internationalen Krieg gegen Drogen festhalten. Seit 2011 hat JES zumindest in Deutschland Unterstützung von einer Partei: Die Linke hat auf ihrem Parteitag in Erfurt beschlossen, langfristig den Konsum von Heroin und Kokain zulassen zu wollen. Die Drogen sollen der Partei zufolge nur von Stellen mit der entsprechenden fachlichen Qualifikation ausgegeben werden, zum Beispiel Apotheken. Unter Umständen soll es eine Beratungspflicht für Verkäufer und Käufer geben. In jedem Fall sei nur eine Legalisierung der Drogen und die Entkriminalisierung der Konsumenten eine rationale und humane Drogenpolitik, hieß es vonseiten der Linken.
Das freut Dirk Schäffer: „Wir haben bereits viel erreicht.“ Dennoch bleibe „für die Zukunft viel zu tun, und hierfür brauchen wir Unterstützung, jüngere und ältere Leute, die gemeinsam mit uns für eine Legalisierung einstehen und die Rahmenbedingungen schaffen, die ein menschenwürdiges Leben auch mit Drogen ermöglichen, das nicht durch Kriminalisierung und Ausgrenzung gekennzeichnet ist.“
S. V.
Anna
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E ines Tages stand ein farbiger Mann mit einem Karton vor der Wohnungstür. Ich lebte zwar noch in der Vierer-WG in Hamburg, aber die Musiker waren oft unterwegs, auf Tournee, im Tonstudio oder auf irgendeinem Gig, weshalb ich dann meist für ein paar Tage bei Miriam und Guido einzog. Ich wollte nicht allein sein, ich war nie gern allein. Und da stand nun dieser schwarze Fremde und fragte nach den beiden, sonst sagte er nichts, nicht einmal seinen Namen. Doch sie waren nicht da, hatten dem Mann aber offenbar versprochen, dass er seine Kiste auf dem Dachboden lagern dürfe. Was sollte ich machen? Der Typ stand da an der Türschwelle mit dem Karton und starrte mich an. Ich hatte irgendwie Angst vor ihm, also ließ ich ihn
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