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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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Darum fällt sie durch das Raster der Behörden, und das ist ihr so wichtig, dass sie nicht einmal mit der Polizei sprach, nachdem ihre sogenannten Freunde sich an ihrem Kind vergriffen hatten. Am liebsten hätte ich sie angezeigt, als sie mir davon erzählte.
    Aber in dem Moment fahndete die Polizei mithilfe sämtlicher Taxizentralen nach uns, und ihre Wohnung war der sicherste Platz.
    Die Jungen waren im gleichen Alter und spielten. Wir saßen in der Küche und rauchten ein, zwei Schachteln Zigaretten weg, bis wir uns fast fünf Stunden später endlich aufmachen konnten, um Beckermann zu treffen. Er hatte in der Zwischenzeit mit seinem libanesischen Halbbruder meine Sachen gepackt. Das heißt, er hat irgendwas eingepackt, völlig ohne Sinn und Verstand. Er hat es völlig vergeigt, zum Schluss konnte ich nichts davon tragen oder gebrauchen, meine Schminke hatte er vergessen und mein Adressbuch, ohne das ich völlig aufgeschmissen bin.
    Aber er machte ein riesiges Theater, so nach dem Motto: „Treffpunkt: da und da“. In Neukölln, wo Christine wohnt, waren ihm zu viele Polizisten unterwegs. Also bestellte er uns erst hierhin und dann dorthin. Aber dann befiel ihn wieder die Paranoia, und ich sollte doch wieder woanders hin, weil es da und da angeblich doch zu unsicher war – bis ich ausrastete und ihm am Telefon verbal die Pistole auf die Brust setzte: „Hör mal gut zu! Ich habe hier einen elfjährigen Jungen, ich kann nicht ständig woandershin, nur weil du Angst vor den Bullen hast. Jetzt lade uns endlich irgendwo ein, oder ich haue allein ab.“
    Die Frage, welches Motiv Beckermann eigentlich hatte, uns zu begleiten, war mir nie in den Sinn gekommen. Er sagte, er habe eine Wohnung in Viersen, nahe der niederländischen Grenze, und ich dachte einfach, er wollte uns helfen. Ich hatte nie vor, mit dem Mann zusammenzuziehen, ich hatte den Kopf einfach bis oben hin voll mit meinen Problemen, und ich war ehrlich gesagt froh, nicht allein zu sein.
    Beckermann holte uns letztlich an der Spielbank am Potsdamer Platz ab, das heißt: nicht Beckermann, sein Halbbruder Mustafa. Denn Beckermann hat keinen Führerschein. Mustafa musste einen geplanten Mallorca-Urlaub mit seiner Freundin absagen und chauffierte uns stattdessen mit einem Kombi-Mietwagen nach Amsterdam. Dessen Freundin war völlig außer sich, wie man sich vorstellen kann. Die Fahrt dauerte knapp sieben Stunden.
    Die vom Jugendamt glaubten offenbar, in Berlin sei der Drogennotstand ausgebrochen, weshalb ich nach Amsterdam ziehen wolle, um mich fortan nur noch zuzudröhnen mit Gras, mit H, mit Shit.
    Wenn ich wieder Drogen hätte nehmen wollen – das habe ich später auch der Presse gesagt –, dann wäre ich echt in Berlin geblieben. Oder nach Hamburg gegangen oder noch besser: nach Frankfurt. Da bekomme ich 24   Stunden am Tag Dope, so viel ich will. Da muss ich nicht nach Amsterdam ziehen!
    Aber letztlich hatte ich mir das Unheil selbst ins Haus geholt. Nach der Geburt von Phillip und der Trennung von Sebastian war ich für zwei Jahre in eine sozial betreute Frauen-WG in Spandau gezogen, weil ich etwas Unterstützung und den Austausch mit anderen Müttern suchte. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich in dem Haus in der Pflügerstraße nicht mehr willkommen war. Und dort gab es ja auch nur dieses Hochbett, aus dem man so schrecklich abstürzen konnte. Als Phillip noch ein Säugling war, schlief ich immer auf der Ledercouch unter dem Bett, während er in seinem Babybett lag. Aber nun war der Junge sechs Jahre alt, und es wurde Zeit für mehr Platz.
    Es war 2002, als ich in diese Wohngemeinschaft in Spandau zog, in der nur Frauen lebten, die an einem Substitutionsprogramm teilnahmen. Es war ein ganzes Haus, die Zwei-Zimmer-Appartements kosteten 350   Euro im Monat. Aber es gab nur vier Toiletten für 16   Frauen und deren 20 Kinder – wir mussten sogar über den Hof, um zu duschen und unser Geschäft zu machen.
    Vor allem aber hat mich nach ein paar Monaten schon der ganze Stress unter den Bewohnerinnen furchtbar genervt. Ständig gab es Zoff: Wer putzt wann? Wie trennt man den Müll? Kann man den Schwamm, mit dem man die Schuhe putzt, auch noch zum Spülen gebrauchen?
    Jede Frau braucht ihren eigenen Haushalt, ihr eigenes Revier. Sonst geht das nicht. Es ging nicht für mich. Also suchte ich mir eine eigene Wohnung, und da meine Mutter zu der Zeit schon draußen in Stahnsdorf bei Teltow zusammen mit ihrem dritten Ehemann wohnte, wusste ich, dass

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