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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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Depressionen. Es ist echt kein Spaß, von Methadon zu entziehen. Ich brauchte eigentlich dringend einen Arzt, aber das Einzige, worauf ich mich konzentrieren konnte, war: Wie schaffe ich es, meinem Jungen hier was zu bieten? So kann er doch nicht leben!
    Im Prinzip blieb jeder Tag ergebnislos, jeder Versuch vergebens – wir warteten eigentlich nur noch darauf, dass uns das Geld ausging. Also fasste ich einen Entschluss: Ich musste neues Geld besorgen. Ich musste heim. Also ließ ich Phillip schweren Herzens bei Beckermann und kaufte mir ein Ticket nach Berlin. Sechs Stunden hin, sechs Stunden zurück, dazwischen nur kurz zur Bank. Mit weiteren 3.000 Euro kam ich wieder in Amsterdam an. Aber es waren meine letzten Reserven, den Rest meines Ersparten hatte ich auf irgendwelchen Festgeldkonten sicher angelegt. Es hätte Wochen gedauert, daranzukommen.
    Mein Geld versteckte ich jetzt vorne in meiner Unterhose und schlief zusammengekauert. In Fötusstellung, damit Beckermann mir nicht noch den Rest stehlen konnte. Ich habe keine Ahnung, wie er es dennoch geschafft hat, gebe aber zu, zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr ganz bei Sinnen gewesen zu sein: Der Turkey machte mir echt zu schaffen, und irgendwann bin ich aus lauter Verzweiflung an ein paar Abenden nach Amsterdam, um ein paar Gin Tonic zu kippen und mir etwas Gras und Hasch zu besorgen. Sonst hätte ich das alles gar nicht durchgestanden.
    Beckermann schüchterte mich nur noch mehr ein und machte mir andauernd Vorwürfe. Für den Kokskönigssohn ist Hasch nämlich eine Gammlerdroge, und wir gerieten andauernd in heftigen Streit darüber. Meine Nerven waren jetzt 24   Stunden am Tag angespannt, aus Angst vor der Polizei, aus Angst vor Beckermann, aus Angst davor, dass mir irgendjemand mein Kind wegnehmen würde, und wegen der schleichenden Erkenntnis, dass der Junge jetzt, in dieser Situation, ganz sicher woanders besser aufgehoben gewesen wäre als bei mir.
    Nach einem heftigen Streit darüber, dass er nun endlich auch einmal Geld beisteuern sollte, was er überhaupt nicht einsah, denn schließlich sei es mein Kind, mein Hund, meine Flucht und überhaupt alles meine Schuld, verschwand Beckermann in einer Nacht einfach von der Bildfläche. Als kurz darauf auch mein restliches Bargeld fast verbraucht war, gab ich auf.
    Ich rief Thorsten an, erzählte ihm, wo ich war, welche Probleme ich hatte, und kündigte meine Rückkehr nach Berlin an. Mir war jetzt einfach klar, was es bedeutete, dass ich meinen Jungen entführt hatte. Ich war außerstande, so etwas wie Normalität für ihn aufzubauen, bevor das nicht geregelt war. Keine Schule, keine Krankenkasse, kein Vermieter würde uns aufnehmen.
    Ich konzentrierte mich nur noch auf die Idee, das Jugendamt Potsdam-Mittelmark davon zu überzeugen, dass man mir den Jungen nicht wegnehmen müsse, und glaubte fest daran, dass es für mich von Vorteil war, wenn ich mich stellte.
    Dabei ignorierte ich vollkommen, dass Beckermann inzwischen wieder fast stündlich auf meinem Mobiltelefon anrief. Mit einem Taxi brachten wir unser ganzes Zeugs zum Bahnhof, es war früher Abend, sechs Wochen nach unserer Flucht aus Deutschland, als wir im Zug zurück nach Berlin saßen.
    Nach dem Kauf der Tickets hatte ich noch 7,50   Euro übrig. „Halte die Stellung, Phillip, ich schaue jetzt mal im Bordrestaurant, was ich dafür zum Essen bekomme. Vielleicht einen Kakao und Brötchen“, sagte ich zu dem Jungen, als wir im Zug saßen und schon über die Grenze waren. Schon seit Wochen hatte ich kaum einen Bissen runterbekommen. Der Stress und der Entzug setzten meinem Magen schwer zu, sodass ich von ursprünglich 66   Kilogramm nun nur noch 47 auf die Waage brachte.
    Aber wenn es um mein Kind ging, dann hatte ich immer noch Kraft wie eine Löwin! Ehe ich zum Bordrestaurant ging, machte ich Phillip klar, dass er auf gar keinen Fall an mein Mobiltelefon gehen solle, weil man uns dadurch orten könne. Doch kaum war ich aus dem Abteil raus, ging Beckermanns 34. Anruf ein, und Phillip wollte ihm sagen, dass er endlich kapieren solle: „Wir wollen dich nie wieder sehen!“ Er wollte mich beschützen.
    Als ich in Wuppertal vier Polizisten am Gleis stehen und in unseren Zug einsteigen sah, wusste ich sofort, was sie suchten und dass die ganze Sache gelaufen war. Ob Beckermann der Polizei anonym einen Tipp gegeben hatte oder jemand anders, das weiß ich nicht. Durch meine Buchung war es dann auf jeden Fall sehr leicht, herauszufinden, in welchem ICE

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