Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)
leidet, plötzlich ist ein junger Mann wie ein Opa. Er wollte kein Junkie sein.
Ich fand meinen Ausweis noch am Tag seiner Abreise. Allerdings nachdem er abgeflogen war, hinten in einer Jeanshosentasche, wo ich ihn nie hinstecke, denn sonst verliere ich ihn ja. Wir hatten auch dreimal in der Hose nachgesehen und nichts gefunden. So kam ich zwei Tage nach Panagiotis auf Kreta an, und wir haben Entzug gemacht. Normalerweise sind wir nach zwei, drei Wochen wieder hochgekommen und haben gefeiert, waren fit.
Aber in dem Jahr kamen wir nicht hoch, uns wurde übel nach dem Trinken, wir hatten eben mit dem Hepatitis-Virus zu kämpfen. Wir wechselten den Ort und sind in ein Dorf sechs Kilometer weiter südlich gefahren. Eines Abends kommt Panagiotis zu mir und sagt: „There is a German couple in the village.“ Und ich sagte: „So what? I don’t want to talk to Germans, that is why I am in Greece.“ – Ich habe keine Lust, mit Deutschen zu reden. Darum bin ich ja in Griechenland! Gut, ich war auf Turkey, da ist man leicht empfindlich.
Wir sprachen dann auch nicht weiter darüber, bis ich den Ginger selbst das erste Mal am Strand sah. Er trug eine riesige Sonnenbrille und hatte einen Lederhut auf, seine Frau war genauso blass wie er, aber blond. Sie saßen am Strand beim Picknick, und ich habe mir, obwohl es erst Anfang März war, also keine Urlaubssaison für Deutsche, immer noch nichts dabei gedacht.
Als wir wieder fitter waren, zogen wir weiter nach Mirtos und Terza, ebenfalls kleine Örtchen. Und als dort eines Abends der Ginger und sein Weib in einem Restaurant neben uns am Tisch saßen, habe ich gecheckt, dass sie unseretwegen da waren. Sie saßen da und hatten ganz große Ohren, haben sich alles angehört. Angesprochen haben sie uns nicht.
Ich denke, dass diese Überwachung von meiner Mutter initiiert wurde. Sie hatte mich schon einmal bei der Polizei gemeldet, als ich zwischen meiner U-Haft in der GeSa und der Haftstrafe in Plötzensee unerlaubt in Berlin gewesen war. Anna Keel hatte ja dem Gericht versprochen, mich in Zürich in ihre Obhut zu nehmen. Aber ich war zwischendurch einmal unerlaubt in Berlin. Ich war unglücklich in diesen britischen Speedjunkie verliebt und kam nur, um ihn zu sehen.
Meine Mutter war die Einzige, die das wusste, und sie muss mich der Polizei gemeldet haben, denn sonst hätten die Bullen mich doch im Januar nicht aus dem Flugzeug rausgeholt, als ich aus Zürich zurückkam, um in Berlin meine Haftstrafe anzutreten. So etwas machen die doch nicht ohne Grund. So erkläre ich mir das alles. Beweisen kann ich es nicht.
Mir wurde das erste Mal klar, dass etwas nicht stimmt, als meine ganzen Fische tot auf dem Teppichboden meiner Eigentumswohnung in der Reuterstraße lagen. Zuerst fehlten mir immer wieder einzelne Sachen, zum Beispiel alter Schmuck von meiner Oma. Zunächst hatte ich meine Freunde in Verdacht, die ja auch nicht alle wirklich Freunde waren, sondern manche auch nur Bekanntschaften von der Szene. Aber als es zum zweiten Mal passierte, dass alle meine Fische wie drapiert auf dem Boden nebeneinander lagen, wurde ich stutzig. Und dann gab es einen Zwischenfall mit meinem Rottweiler, der mir klarmachte, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging.
Für 2.000 Mark hatte ich mir Bronko gekauft, einen vier Jahre jungen Rottweiler mit Schutzhundprüfung. Anfangs habe ich mich fünf Tage lang nicht getraut, ihn allein in der Wohnung zu lassen, weil ich Angst hatte, er lässt mich nicht wieder rein. Diese Tiere verteidigen ihr Revier, und wenn sie dich nicht kennen, hast du unter Umständen Pech. 1982 hatte ich meine Eigentumswohnung in der Reuterstraße gekauft, es gab drei Zimmer, und eines davon war komplett für Hunde. Die Leute sind durchgedreht, wenn sie zu mir kamen, es gab 15 Hundeleinen, verschiedenes Geschirr und tonnenweise Futter. Ich habe immer gern viele Hunde aus den besetzten Häusern aufgenommen.
Durch meine Schwester Anette hatte ich zu diesen Leuten Kontakt, denn sie lebte in so einem besetzten Haus. Die haben die Hunde dort wild ficken lassen, es gab super viele Welpen zu versorgen, und so habe ich mir von Anettes damaligem Mann und dessen Freunden einen richtigen Zwinger in meine Wohnung bauen lassen.
Als ich eines Tages nach Hause kam, hatte ganz offenbar gerade noch jemand seinen Arsch aus der Tür gekriegt. Man konnte so richtig sehen, dass jemand Stühle gepackt und sich damit gegen Bronko verteidigt hatte. Rottweiler sind riesige, schwere Hunde,
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