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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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Drogenabhängigkeit. Früher musste man zum Beispiel eine schwere Krankheit haben oder schwanger sein, die Therapie war auf Menschen reduziert, die schon sehr lange und sehr schwer abhängig sind und denen akute Gefahr für Leib und Leben drohte.
    Die Abgabe von Ersatzdrogen war anfangs sehr umstritten. Manche meinten, der Staat mache sich zum Dealer, andere vertraten die Ansicht, dass Substitution die Sucht nur verlängere. Inzwischen gilt das Gegenteil beider Behauptungen: Es ist weitgehend akzeptiert, dass manche Abhängige nur mit Dauersubstitution ein geregeltes und nicht kriminelles Leben führen können. Gleichzeitig hat sich die Methadongabe als eine der wirksamsten Therapien für opiatabhängige Menschen erwiesen.
    Der Erfolg der Substitution, das heißt eine nachhaltige Stabilisierung der Patienten, ist internationalen Studien zufolge aber nicht allein auf das Medikament zurückzuführen, sondern vor allem auch der Tatsache geschuldet, dass es in strukturierten Programmen verabreicht wird. Dadurch, dass die Patienten einmal täglich zu bestimmten Uhrzeiten eine Praxis aufsuchen und das Substitutionsmittel unter Aufsicht des Arztes einnehmen müssen, entwickeln sie eine Alltagsstruktur, die viele aufgrund mangelnder sozialer Einbindung lange nicht mehr kannten. Eine Untersuchung der Cochrane Association, eines Zusammenschlusses von mehr als 28.000 Forschern und anderen Engagierten aus mehr als 100   Ländern weltweit, belegte im Jahr 2003, dass betreute Methadonpatienten deutlich weniger Heroin konsumieren und infolgedessen auch seltener straffällig werden.
    Die Betreuungsarbeit obliegt dabei nicht nur Ärzten und Pflegepersonal, sondern auch den Psychosozialen Betreuern (PSB). Regelmäßige Gespräche mit Psychosozialen Betreuern sind integraler und verbindlicher Bestandteil der Substitutionsbehandlung in Deutschland; es handelt sich dabei nicht um Psychotherapie, sondern um Prävention, Hilfe im Alltag und zur Selbsthilfe. Die Ausbildung der Betreuer ist sehr unterschiedlich, mal handelt es sich um Sozial-, mal um Sonderpädagogen, in seltenen Fällen um Psychologen. Regelmäßige Treffen mit einer oder einem PSB sind für Substitutionspatienten Pflicht. Ohne Gesprächsnachweise bekommen sie keine Substitutionstherapie.
    So sieht es das Gesetz im Moment zumindest vor – nur fehlen bundesweit die Betreuer, und die „Evidenz“ eines Zusatznutzens der PSB konnte bisher nicht erbracht werden.
    Das Nadelöhr in der Substitutionspraxis sind eindeutig die Ärzte. Obwohl 2012 in Deutschland fast 8.000   Mediziner über eine suchttherapeutische Qualifikation verfügten, führten nur 2.710 von ihnen Substitutionsbehandlungen durch. Der Grund hierfür liegt nach Meinung der Ärzte vor allem darin, dass sich die hohen Anforderungen der Substitutionsbehandlung – der zeitliche Aufwand, die vielen labortechnischen Untersuchungen und das zusätzlich benötigte Personal – mit dem dafür bereitgestellten Budget der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht umsetzen lassen, sodass sowohl das Patientenwohl als auch der Verdienst des Arztes hinreichend gesichert wären. Neben der regelmäßigen Kontrolle des Beigebrauchs sind auch der Verlauf lebensbedrohlicher Krankheiten wie etwa HIV, Aids und Hepatitis C zu behandeln.
    Außerdem hat der Arzt die Pflicht, bei Einnahme des Substitutionsmittels im Raum mit dem Patienten anwesend zu sein, da nur er über die Erlaubnis zur Vergabe von Betäubungsmitteln zu Substitutionszwecken verfügt, nicht aber seine Schwestern und Pfleger.
    Viele Substitutionsärzte haben ihre Praxen im städtischen Raum, wo es aber auch überproportional viele Abhängige gibt. 2010 behandelten 14   Prozent der substituierenden Ärzte bundesweit die Hälfte aller Substitutionspatienten. Durchschnittlich kümmerten sich also 380   Ärzte um 38.700 Patienten, das macht rund 102   Substituierte je Arzt.
    Den wichtigsten Grund dafür, dass viele Mediziner sich nicht auf die Substitutionsbehandlung einlassen, sehen Experten jedoch im „Dealer-Paragrafen“. Es geht dabei um den fünften Paragrafen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV). Neben den Richtlinien der Bundesärztekammer zur „Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger“ und den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses regelt die BtMVV die Versorgung mit den Ersatzdrogen in der Bundesrepublik.
    Paragraf 5   BtMVV klärt die rechtlichen Vorausetzungen des Verschreibens, der Abgabe und des

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