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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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niedergebrannt und einen Monat in einer Nervenklinik verbracht. Zu einem Gerichtstermin war sie nicht erschienen und danach für knapp zwei Jahre aus Waynes Leben verschwunden. Eine Weile lang war sie auf Lesereise gewesen und hatte morgens Buchläden und abends die örtlichen Bars besucht. Sechs Monate hatte sie in L. A. verbracht und an einer Zeichentrickversion von Search Engine gearbeitet, aus der letzten Endes nichts wurde. Dafür hatte sie sich in der Zeit erfolgreich eine Kokain-Sucht zugelegt. Zwischenzeitlich hatte sie überdachte Brücken für eine Ausstellung gemalt, die niemand besucht hatte.
    Irgendwann hatte Waynes V ater von V ics Trunksucht, ihren Eskapaden und ihrer V errücktheit die Nase voll gehabt und etwas mit der Frau angefangen, die die meisten seiner Tätowierungen gemacht hatte. Sie hieß Carol, hatte hochtoupierte Haare und kleidete sich, als wären die Achtziger noch in vollem Schwange. Aber Carol hatte noch einen anderen Freund. Die beiden stahlen Lous Identität und setzten sich nach Kalifornien ab, wo sie in Lous Namen zehntausend Dollar Schulden machten. Lou hatte immer noch mit den Gläubigern zu tun.
    Bruce Wayne Carmody hätte seine Eltern gern gemocht und geachtet, und manchmal tat er das auch. Aber sie machten es ihm nicht leicht. Und deshalb fühlten sich die Ausdrucke in seiner Tasche wie Nitroglyzerin an – eine Bombe, die noch nicht hochgegangen war.
    Allerdings sollte er vorher wohl besser einen Blick darauf werfen, um abschätzen zu können, welchen Schaden sie anrichten und wie er sich am besten davor schützen könnte. Er zog die Ausdrucke aus der Tasche, blickte ein letztes Mal vorsorglich zum Haus hinüber und faltete das Papier auf den Knien auseinander.
    Der erste Zeitungsartikel enthielt ein Foto eines toten Serienmörders namens Charles Talent Manx. Sein Gesicht war so lang, dass es aussah, als wäre es geschmolzen. Er besaß hervorquellende Augen, einen seltsamen Überbiss und einen kahlen, gewölbten Schädel, der an das Ei eines Zeichentrick-Dinosauriers erinnerte.
    Charles Manx war vor beinahe fünfzehn Jahren oberhalb von Gunbarrel festgenommen worden. Er hatte eine Minderjährige über eine Bundesstaatengrenze verschleppt und dann einen Mann, der versucht hatte, ihn aufzuhalten, bei lebendigem Leib verbrannt.
    Niemand wusste, wie alt er war, als er ins Gefängnis gesperrt wurde. Aber das Leben hinter Gittern ist ihm offenbar nicht gut bekommen. 2001 fiel er ins Koma und wurde in den Spitaltrakt des Hochsicherheitsgefängnisses von Denver gebracht. Dort lag er elf Jahre, bis er im vergangenen Mai schließlich starb.
    Der Rest des Artikels bestand lediglich aus blutrünstigen Spekulationen. Manx hatte außerhalb von Gunbarrel eine Jagdhütte besessen, und die Bäume im Umkreis waren mit jeder Menge Weihnachtsschmuck behängt gewesen. Die Presse nannte die Hütte »Sleigh House« – kein besonders originelles Wortspiel. In dem Artikel wurde behauptet, Manx hätte dort jahrelang Kinder gefangen gehalten und ermordet. Allerdings wurden nie irgendwelche Leichen auf dem Grundstück gefunden.
    Was hatte das alles mit seiner Mutter zu tun? Soweit Wayne sehen konnte, nichts. V ielleicht würden die anderen Artikel ihn weiterbringen.
    Dort hieß es: »Leiche eines mutmaßlichen Serienmörders verschwindet aus Leichenhalle«. Jemand war in das St. Luke’s Medical Center in Denver eingebrochen, hatte einen Sicherheitsmann niedergeschlagen und war mit der Leiche des alten Charlie Manx abgehauen. Der Dieb hatte außerdem einen Trans Am vom Parkplatz auf der anderen Straßenseite gestohlen.
    Der dritte Artikel war ein Ausschnitt aus einer Zeitung in Louisville, Kentucky, und hatte nicht das Geringste mit Charles Manx zu tun.
    Er trug die Überschrift »Boeing-Ingenieur verschwunden, Polizei und IRS stehen vor einem Rätsel« und enthielt das Foto eines sonnengebräunten, drahtigen Mannes mit einem dichten schwarzen Bart, der sich gegen die Motorhaube eines alten Rolls-Royce lehnte.
    Mit gerunzelter Stirn las Wayne die Geschichte. Nathan Demeter wurde von seiner Tochter als vermisst gemeldet, als sie von der Schule zurückgekehrt war und das Haus unverschlossen und die Garage offen vorgefunden hatte. Auf dem Tisch hatte ein halb verzehrtes Mittagessen gestanden, und der antike Rolls-Royce ihres V aters war verschwunden. Der IRS war offenbar der Ansicht, Demeter sei untergetaucht, um einer Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung zu entgehen. Seine Tochter versicherte

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