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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Mann, der dort wohnte, hatte ihn offenbar ziemlich vernachlässigt. Er hatte einen seltsamen Namen – Sig de Zoet – und einen Raum voller Miniatursoldaten. An dem Tag, als Waynes Großmutter beerdigt worden war, war er zu dem alten Mann hinübergegangen und hatte sie sich angesehen. Der Mann war sehr nett gewesen. Er hatte Wayne erzählt, dass seine Mutter V ic früher ein paar der Figuren angemalt hatte. »Deine Mutter konnte schon immer gut mit einem Pinsel umgehen«, hatte er mit seinem Nazi-Akzent gesagt. Seine Frau hatte Wayne ein Glas Eistee mit Orangenscheiben gebracht, der absolut himmlisch geschmeckt hatte.
    Wayne überlegte, ob er noch einmal hinübergehen und sich die Soldaten des alten Mannes anschauen sollte. Dann wäre er aus der Hitze raus und müsste nicht mehr über die Ausdrucke in seiner Hosentasche nachdenken, die er sich wahrscheinlich nicht ansehen sollte.
    Er stand sogar schon auf, um die Straße zu überqueren – aber dann blickte er zu seinem eigenen Haus zurück und setzte sich wieder. Seiner Mutter würde es nicht gefallen, wenn er einfach irgendwo hinging, ohne ihr Bescheid zu sagen, und es war definitiv der falsche Zeitpunkt, um ins Haus zurückzukehren und sie um Erlaubnis zu fragen. Deshalb blieb er sitzen, betrachtete den vergilbten Rasen auf der anderen Straßenseite und verspürte Sehnsucht nach den Bergen.
    Letzten Winter hatte Wayne eine Lawine gesehen. Er hatte seinen V ater nach Longmont begleitet, um einen Mercedes abzuschleppen, der von der Straße abgekommen und einen Hang hinuntergerutscht war. Die Familie im Wagen war mit einem Schrecken davongekommen. Es war eine ganz normale Familie gewesen: Mutter, V ater und zwei Kinder. Das kleine Mädchen hatte sogar blonde Zöpfe gehabt – so normal waren sie. Sie sahen nicht so aus, als wäre die Mutter schon mal in einer Irrenanstalt gewesen oder als hätte der V ater eine Rüstung der imperialen Sturmtruppen im Schrank hängen. Die Kinder hatten bestimmt normale Namen wie John oder Sue und waren nicht nach einem Comichelden benannt worden. Auf dem Dach des Mercedes waren Skier befestigt, und der V ater fragte Lou, ob er mit AmEx bezahlen könne. Nicht American Express. AmEx. Wayne hatte die Familie gerade erst kennengelernt und schon in sein Herz geschlossen – eigentlich vollkommen bescheuert.
    Lou schickte Wayne mit dem Windenseil, an dem ein Haken befestigt war, den Hang hinunter. Als der Junge sich dem Wagen näherte, hörte er von hoch oben ein lautes Krachen, das an einen Gewehrschuss erinnerte. Alle blickten zu den scharfzackigen, schneebedeckten Gipfeln der Rockies hinauf, die über ihnen aus dem Wald ragten.
    V or ihren Augen geriet ein Teil der Schneedecke, so breit und lang wie ein Fußballfeld, in Bewegung und rutschte den Berg hinunter. Das Ganze geschah etwa einen Kilometer weiter südlich, sie befanden sich also nicht in Gefahr. Und nach dem anfänglichen Krachen war kaum noch etwas zu hören. Lediglich ein fernes Donnern. Aber Wayne konnte spüren, wie der Boden unter seinen Füßen leise erzitterte.
    Der Schnee rutschte ein paar Hundert Meter den Abhang hinunter, bevor er auf die Baumgrenze traf und dort in einer gewaltigen weißen Woge explodierte. Schneefontänen waren gut zehn Meter hoch in die Luft gespritzt.
    Der V ater mit der AmEx hob seinen Sohn auf die Schultern, damit er besser sehen konnte.
    »Wir sind jetzt in der Wildnis, Kleiner«, sagte er, während ein Morgen Wald unter sechshundert Tonnen Schnee begraben wurde.
    »Meine Fresse«, sagte Lou und sah zu Wayne hinüber. Sein Gesicht strahlte vor Begeisterung. »Kannst du dir vorstellen, wie es wäre, unter so einem Ding begraben zu werden?«
    Das konnte Wayne tatsächlich – die V orstellung war ihm sogar sehr vertraut. Es wäre die schönste Art zu sterben: von einer gewaltigen Explosion aus Schnee und Licht ausgelöscht zu werden, während sich unter einem dröhnend der Erdboden auftat.
    Bruce Wayne Carmody war schon so lange unglücklich, dass er sich an diesen Zustand inzwischen beinahe gewöhnt hatte. Manchmal hatte er das Gefühl, schon seit Jahren würde sich unter seinen Füßen Stück für Stück der Erdboden öffnen. Er wartete nur noch darauf, hinabgerissen und ein für alle Mal begraben zu werden.
    Seine Mutter hatte lange Zeit unter Wahnvorstellungen gelitten und sich eingebildet, am Telefon mit toten Kindern zu sprechen. Bisweilen kam es ihm so vor, dass sie mehr mit den Toten geredet hatte als mit ihm. Sie hatte ihr Haus

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