Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
unter den Fässern hindurch, bis er unterhalb des Floßes wieder herauskam.
    Dort war sie, in der Dunkelheit, ihr Gesicht und ihre Haare glänzten feucht. Sie grinste ihn an, als er neben ihr auftauchte.
    »Schau mal«, sagte sie. »Ein verlorener Schatz.«
    Sie deutete auf ein zitterndes Spinnennetz, das mindestens einen halben Meter breit und mit Tausenden Perlen geschmückt war, die silbern, weiß und diamanten funkelten.
    »Können wir trotzdem frühstücken gehen?«
    »Klar«, sagte sie. »Das müssen wir sogar. Einen Pimpf zu besiegen, ist schön und gut, aber davon wird man nicht satt.«

Die Kieseinfahrt
    S eine Mutter arbeitete den ganzen Nachmittag an dem Motorrad.
    Der Himmel war migränefarben. Einmal donnerte es – ein lautes Rumpeln, als würde ein schwerer Lastwagen über eine Eisenbrücke fahren. Wayne wartete auf den Regen.
    Doch der kam nicht.
    »Wünschst du dir manchmal, du hättest lieber eine Harley-Davidson adoptiert, anstatt ein Kind in die Welt zu setzen?«, fragte er seine Mutter.
    »Das wäre auf jeden Fall billiger gewesen«, sagte sie. »Reich mir mal den Lappen.«
    Er gab ihn ihr.
    Sie wischte sich die Hände ab, befestigte dann den Ledersitz über einer brandneuen Batterie und schwang ein Bein darüber. Mit ihren abgeschnittenen Jeans, den klobigen schwarzen Motorradstiefeln und den Tätowierungen an Armen und Beinen sah sie nicht wie eine Frau aus, zu der jemand »Mama« sagte.
    Sie drehte den Zündschlüssel und schaltete den Scheinwerfer ein. Der Zyklop öffnete sein Auge.
    Dann setzte sie einen Fuß auf den Kickstarter, erhob sich und trat mit aller Kraft darauf. Das Motorrad gab ein Keuchen von sich.
    »Gesundheit«, sagte Wayne.
    V ic stand noch einmal auf und trat den Hebel mit Schwung durch. Der Motor atmete aus und blies Staub und Blätter aus den Rohren. Wayne gefiel es nicht, wie seine Mutter mit ihrem ganzes Gewicht auf den Kickstarter trat. Er fürchtete, etwas könnte kaputtgehen. Nicht unbedingt das Motorrad.
    »Komm schon«, sagte sie leise zu der Maschine. »Wir wissen beide, warum der Junge dich gefunden hat. Also, los jetzt!«
    Sie trat erneut den Kickstarter durch und dann noch einmal. Ihre Haare fielen ihr ins Gesicht. Der Anlasser ratterte, und der Motor gab ein schwaches Furzen von sich.
    »Wenn es nicht funktioniert, ist das auch nicht so schlimm«, sagte Wayne. Plötzlich gefiel ihm die ganze Sache nicht mehr. Sie erschien ihm verrückt – war das vielleicht eine dieser verrücken Aktionen, die seine Mutter in die Klapse gebracht hatten? »Wir können es ja später noch einmal versuchen.«
    Seine Mutter achtete nicht auf ihn. Sie richtete sich auf und setzte ihren Stiefel noch einmal auf den Kickstarter.
    »Lass uns auf die Suche gehen, du Miststück«, sagte sie und trat den Kickstarter durch. »Rede mit mir.«
    Im Motor gab es einen lauten Knall. Schmutzig blauer Rauch schoss aus dem Auspuffrohr. Wayne wäre beinahe von dem Zaunpfosten gefallen, auf dem er saß. Hooper duckte sich und bellte erschrocken.
    Wayne s Mutter gab Gas, und der Motor dröhnte. Der Lärm, den di e Maschin e machte , wa r furchteinflößend . Un d zugleic h aufregend.
    » ES LÄUFT! «, brüllte Wayne.
    Seine Mutter nickte.
    » UND, WAS SAGT ES? «, rief er.
    Sie runzelte verständnislos die Stirn.
    » DU HAST GESAGT, ES SOLL MIT DIR REDEN. ALSO, WAS SAGT ES? MIT MOTORRADSPRACHE KENN ICH MICH NICHT AUS. «
    » ACH SO «, erwiderte sie. » ES SAGT: HI. «
    *
    » ICH HOLE SCHNELL NOCH MEINEN HELM! «, rief Wayne.
    » DU BLEIBST HIER. «
    Sie mussten beide schreien, um sich über das laute Knattern des Motors hinweg verständlich zu machen.
    » WARUM? «
    » ES IST NOCH NICHT SICHER. ICH FAHRE NICHT WEIT. IN FÜNF MINUTEN BIN ICH WIEDER DA. «
    » WARTE! «, rief Wayne, hob einen Finger und lief zum Haus.
    Die Sonne war ein kalter weißer Punkt in den niedrig hängenden Wolkenbergen.
    V ic wollte losfahren. Der Drang, sich in Bewegung zu setzen, war wie ein juckender Mückenstich, den man einfach nicht in Ruhe lassen konnte. Sie wollte zum Highway fahren und schauen, wozu das Motorrad so imstande war. Was sie damit finden könnte.
    Die Haustür schlug zu. Ihr Sohn kam mit einem Helm und Lous Jacke angelaufen.
    » KOMM BITTE LEBEND ZURÜCK, JA? «, rief er.
    » DAS HABE ICH VOR «, sagte sie. Und dann, während sie die Jacke anzog, fügte sie noch hinzu: » ICH BIN GLEICH WIEDER DA. KEINE SORGE. «
    Er nickte.
    Die Kraft des Motors ließ die ganze Welt vibrieren: die Bäume, die Straße,

Weitere Kostenlose Bücher