Christmasland (German Edition)
Nummer des Notrufs.
Eine Frau meldete sich. Ihre Stimme klang ruhig und distanziert. »Wie ist Ihr Name und worum geht es?«
» V ictoria McQueen. Ich wurde überfallen. Ein Mann hat meinen Sohn entführt. Ich kann Ihnen das Auto beschreiben. Sie sind gerade erst weggefahren. Bitte informieren Sie die Polizei.«
Die Frau am anderen Ende der Leitung bemühte sich um einen ruhigen Ton, auch wenn es ihr nicht ganz gelang. Zu viel Adrenalin.
»Wie schwer sind Sie verletzt?«
»Das ist nicht so wichtig. Lassen Sie mich lieber den Entführer beschreiben. Sein Name ist Charles Talent Manx. Er ist … ich weiß nicht, alt. « Beinahe hätte V ic »tot« gesagt. »Etwa siebzig Jahre. Er ist über eins achtzig, kahlköpfig und wiegt um die achtzig Kilo. Er hat noch einen zweiten Mann bei sich, etwas jünger. Ich konnte ihn nicht so gut erkennen.« Weil er aus irgendeinem Grund eine verdammte Gasmaske aufhatte. Aber auch das verschwieg sie. »Sie fahren einen Rolls-Royce Wraith, einen Oldtimer aus den Dreißigerjahren. Mein Sohn befindet sich auf dem Rücksitz. Er ist zwölf und heißt Bruce, aber er mag seinen Namen nicht.« Unwillkürlich brach V ic in Tränen aus. »Er hat schwarze Haare, ist eins fünfzig groß und trägt ein weißes T-Shirt ohne Aufdruck.«
» V ictoria, die Polizei ist unterwegs zu Ihnen. Waren die Männer bewaffnet?«
»Ja. Der Jüngere hat eine Pistole. Und Manx hat irgendeinen Hammer, mit dem er mich ein paarmal geschlagen hat.«
»Ich schicke Ihnen einen Krankenwagen. Konnten Sie eventuell einen Blick auf das Nummernschild werfen?«
»Es ist ein verdammter Rolls-Royce aus den Dreißigern mit meinem Sohn auf dem Rücksitz. Was meinen Sie, wie viele davon hier unterwegs sind?« Ihr versagte die Stimme. Sie hustete und gab dann das Kennzeichen durch: »N-O-S- V ier-A-Zwei. Das ergibt ein Wort: Nosferatu.«
»Was bedeutet das?«
»Ist doch egal! Schlagen Sie es verdammt noch mal nach!«
»Entschuldigung. Ich verstehe, dass Sie aufgebracht sind. Wir schicken sofort eine Suchmeldung raus. Wir tun alles, was wir können, um Ihren Sohn zu finden. Ich weiß, dass Sie Angst haben. V ersuchen Sie bitte, sich zu beruhigen.« V ic hatte das Gefühl, dass die V ermittlerin halb mit sich selbst sprach. Ihre Stimme zitterte ein wenig, als würde sie gegen Tränen ankämpfen. »Hilfe ist unterwegs. V ictoria …«
»Nennen Sie mich V ic. Danke. Tut mir leid, dass ich Sie angeschrien habe.«
»Schon gut. Machen Sie sich keine Gedanken. V ic, wenn die Entführer ein besonderes Auto fahren, werden sie leicht zu finden sein. In einem solchen Fahrzeug werden sie nicht weit kommen. Irgendjemand wird sie auf der Straße entdecken.«
Doch das geschah nicht.
*
Als die Sanitäter versuchten, V ic zum Krankenwagen zu bringen, riss sie sich los und sagte ihnen, dass sie sie nicht anfassen sollten.
Eine der Polizistinnen, eine kleine, korpulente Inderin, schob sich zwischen V ic und die Männer.
»Sie können sie hier untersuchen«, sagte sie und führte V ic zum Sofa. Ihre Stimme hatte einen leichten Akzent, der ihre Sätze melodisch und ein wenig fragend klingen ließ. »Es ist besser, wenn sie hier bleibt. Womöglich rufen die Entführer an.«
In eine Decke gewickelt legte V ic sich in ihrer nassen Hose aufs Sofa. Einer der Sanitäter mit den blauen Handschuhen kam zu ihr und forderte sie auf, ihr T-Shirt auszuziehen. Einige Polizisten im Raum warfen ihr verstohlene Blicke zu. Doch V ic gehorchte, ohne zu zögern, und warf ihr nasses T-Shirt auf den Boden. Sie trug keinen BH und bedeckte deshalb mit einem Arm ihre Brüste, während sie sich vorbeugte, damit der Sanitäter ihren Rücken untersuchen konnte.
Der Mann atmete scharf ein.
Die indische Polizistin – Chitra stand auf ihrem Namensschild – stand auf V ics anderer Seite und betrachtete ebenfalls ihren Rücken. Sie stieß ein mitfühlendes Seufzen aus.
»Sie haben gesagt, er hätte versucht , Sie zu überfahren«, sagte Chitra. »Nicht dass es ihm auch gelungen ist.«
»Sie wird eine Erklärung unterschreiben müssen«, sagte der Sanitäter. »Dass sie nicht in den Krankenwagen einsteigen wollte. Ich muss mich absichern. Womöglich übersehe ich hier eine gebrochene Rippe oder eine gerissene Milz. Ich möchte, dass offiziell festgehalten wird, dass ich es nicht für das Beste halte, sie hier zu untersuchen.«
»Für mich ist es vielleicht nicht das Beste«, sagte V ic. »Aber für Sie schon. Weil ich Ihnen nämlich den Arsch aufreißen werde,
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