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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Raum.
    »Schauen Sie in seiner Akte nach«, sagte V ic. »Charles Talent Manx. Und er lässt sich nicht so leicht festnehmen. Ich muss dringend diese nasse Hose ausziehen. Das würde ich aber gern im Schlafzimmer tun, wenn es Ihnen recht ist. Ich habe heute schon genug nackte Haut gezeigt.«
    *
    Immer wieder sah V ic Wayne auf dem Rücksitz des Rolls-Royce vor sich. Er hatte mit der Hand gewedelt – Los! Lauf weg! –, beinah so, als wäre er wütend auf sie. Er war leichenblass gewesen.
    Erinnerungen blitzten in ihr auf, die sie wie Hammerschläge trafen, diesmal allerdings nicht auf den Rücken, sondern auf die Brust. Wayne, der nackt im Sandkasten hinter ihrem Stadt haus in Denver saß, ein pummeliger Dreijähriger mit schwarzem Haarschopf, der mit seiner Plastikschippe ein Plastiktelefon eingrub. Wayne zu Weihnachten in der Entzugsklinik, wie er Geschenkpapier aufriss und ein weißes iPhone auswickelte. Wayne, der mit einem viel zu schweren Werkzeugkoffer auf den Steg gelaufen kam.
    Bilder prasselten auf sie ein, und ihre schmerzenden Eingeweide verkrampften sich erneut. Wayne als Säugling, wie er an ihrer nackten Brust schlief. Wayne, der neben ihr in der Kieseinfahrt kniete, die Arme bis zum Ellbogen voller Schmiere, und ihr dabei half, die Motorradkette wieder auf die Zahnräder zu legen. Mitunter wurde der Schmerz so heftig, dass ihr schwarz vor Augen wurde. Sie fühlte sich schwach.
    Irgendwann musste sie jedoch aufstehen. Sie konnte nicht ewig auf dem Sofa liegen bleiben.
    »Wenn jemand Hunger hat, ich kann was zu essen machen«, sagte sie. Da war es bereits kurz vor halb zehn. »Ich habe einen vollen Kühlschrank.«
    »Wir lassen uns was kommen«, sagte Daltry. »Machen Sie sich keine Umstände.«
    Der Fernseher war eingeschaltet und zeigte den Sender NECN , New England Cable News. Die Suchmeldung war bereits vor einer Stunde das erste Mal gesendet worden. V ic hatte sie schon zweimal gesehen und glaubte nicht, dass sie es ein drittes Mal ertragen würde.
    Als Erstes wurde das Foto von Wayne gezeigt, das V ic der Polizei gegeben hatte. Er trug darauf ein Aerosmith-T-Shirt und eine Avalanche-Wollmütze und blinzelte in die helle Frühlingssonne. Inzwischen bedauerte sie es, ausgerechnet dieses Foto ausgesucht zu haben. Ihr gefiel nicht, wie die Mütze sein schwarzes Haar verbarg und seine Ohren abstehen ließ.
    Danach folgte ein Foto von V ic selbst, das von der Search-Engine -Webseite stammte. Das verwendeten die Medien wahrscheinlich nur, um eine hübsche Frau zeigen zu können – sie trug Make-up, einen schwarzen Rock und Cowboystiefel und hatte lachend den Kopf in den Nacken gelegt. Ziemlich unpassend.
    Manx zeigten sie nicht. Nicht einmal sein Name wurde genannt. Die Entführer wurden nur als zwei Weiße in einem antiken schwarzen Rolls-Royce beschrieben.
    »Warum wird nicht gesagt, nach wem gesucht wird?«, hatte V ic gefragt, als sie die Meldung das erste Mal gesehen hatte.
    Daltry hatte mit den Achseln gezuckt und war vom Sofa aufgestanden, um die Männer im V orgarten danach zu fragen. Als er wieder hereinkam, hatte er jedoch nichts Neues zu berichten gehabt. Und als die Meldung das zweite Mal lief, wurde immer noch nach zwei nicht näher bestimmten Weißen gesucht – von denen es in Neuengland schätzungsweise ja nur vierzehn Millionen gab.
    Wenn V ic die Meldung ein drittes Mal sah und immer noch kein Bild von Charlie Manx gezeigt oder zumindest sein Name genannt wurde, würde sie wahrscheinlich einen Stuhl in den Fernseher werfen.
    »Hören Sie«, sagte V ic. »Ich habe ein bisschen Krautsalat und Schinken. Und jede Menge Brot. Ich könnte ein paar Sandwiches machen.«
    Daltry verlagerte das Gewicht und wechselte unschlüssige Blicke mit den Kollegen, hin- und hergerissen zwischen Hunger und Anstand.
    »Ja, warum nicht?«, sagte Officer Chitra. »Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«
    Es tat gut, aus dem überfüllten Wohnzimmer herauszukommen. Polizisten gingen ein und aus, und unablässig krächzten die Walkie-Talkies. V ic blieb kurz stehen und warf durch die offene Haustür einen Blick in den V orgarten. Im Gleißen der Scheinwerfer war es dort nachts heller, als es am Tage bei Nebel gewesen war. Sie sah den umgestürzten Gartenzaun und einen Mann mit Gummihandschuhen, der die Reifenabdrücke in der lehmigen Erde vermaß.
    An den Polizeiwagen waren die Blaulichter eingeschaltet, als wären sie gerade erst am Ort des V erbrechens angekommen, obwohl sie schon seit Stunden vor der Tür standen.

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