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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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zutiefst, wie plötzlich sie wieder zu sich selbst zurückgefunden hatte. Ihr Mund war zu ihrem typischen Grinsen verzogen, und in ihren Augen lag jenes verschmitzte Funkeln, das ihn immer so angeturnt hatte.
    »Du bist ein guter Mann, Lou Carmody«, sagte sie. »Ich bin vielleicht eine verrückte Schlampe, aber ich liebe dich. Meinetwegen hast du eine Menge durchgemacht, und das tut mir leid. Ich wünschte wirklich, du hättest jemand Besseres kennengelernt. Aber es tut mir nicht leid, dass wir ein Kind zusammen haben. Das Aussehen hat er von mir und die Seele von dir. Ich weiß nicht, was mehr wert ist.«
    Lou stemmte die Fäuste auf den Boden und rutschte auf dem Hintern zu ihr hinüber. Dann legte er einen Arm um sie und drückte sie an seine Brust. Schmiegte sein Gesicht in ihre Haare.
    »Wer behauptet, es gäbe jemand Besseres als dich?«, brummte er. »Du sagst Dinge über dich, die würde ich niemand sonst auf der Welt durchgehen lassen.« Er küsste sie aufs Haar. »Wayne ist ein toller Junge. Jetzt müssen wir ihn nur noch zurückholen.«
    Sie löste sich aus seiner Umarmung und sah zu ihm hoch. »Was ist mit den Zeitschaltuhren? Dem Sprengstoff?«
    Er griff nach dem Rucksack, der keinen Meter neben ihm stand. Er war offen.
    »Ich hab schon mal damit angefangen«, sagte er. »Damit meine Hände was zu tun haben, während ich darauf gewartet habe, dass du aufwachst.« Er gestikulierte mit den Händen, wie um zu zeigen, wie nutzlos sie waren, wenn sie leer waren. Dann versteckte er die linke Pranke wieder und hoffte, dass sie nicht bemerkt hatte, wie böse sie verbrannt war.
    An seiner anderen Hand baumelten noch die Handschellen. V ic lächelte erneut und zog daran.
    » V ielleicht fällt uns ja später noch ein, was wir damit anfangen können«, sagte sie. Allerdings klang sie entsetzlich müde, und ihr Ton verriet keine V orfreude auf erotische Ausschweifungen, sondern rief bei Lou ferne Erinnerung an Rotwein und sanfte Küsse wach.
    Er wurde rot. Er war schon immer schnell rot geworden. V ic lachte und küsste ihn auf die Wange.
    »Zeig mir, was du fertiggebracht hast«, sagte sie.
    »Na ja, nicht viel. Ein paar der Zeitschaltuhren haben bei unserer Flucht was abbekommen. Ich hab jetzt vier davon angeschlossen.« Er griff in den Rucksack und holte einen der glitschigen weißen Beutel mit ANFO heraus. Die schwarze Zeitschaltuhr baumelte am oberen Ende; sie war mit zwei Kabeln verbunden – einem roten und einem grünen, die in den Beutel hinein zur V erstärkerladung führten. »Im Prinzip sind das kleine Wecker. Ein Zeiger zeigt die Stunde, der andere die Zeit, wann sie sich einschalten. Siehst du? Wenn man hier draufdrückt, gehen sie an.«
    Allein schon, dass er den Packen Sprengstoff in der Hand hielt, sorgte dafür, dass ihm der Schweiß unter den Achseln kribbelte. Nur eine verdammte Zeitschaltuhr aus dem Baumarkt verhinderte, dass das Ding in die Luft flog. V on ihnen würde dann nicht mehr viel übrig bleiben.
    »Eine Sache kapiere ich nicht«, sagte er. »Wann willst du sie denn anbringen? Und wo?«
    Er stand auf und reckte den Hals, wobei er in beide Richtungen schaute wie ein Kind, das eine stark befahrene Straße überqueren will.
    Sie befanden sich zwischen den Bäumen auf dem tief liegenden Waldboden. Die Einfahrt, die zum Sleigh House hinaufführte, lag direkt hinter ihm, ein Kiesweg, kaum breit genug für ein einzelnes Auto.
    Links von ihm war der Highway, wo vor fast genau sechzehn Jahren ein sehniges Mädchen mit dünnen Beinen und ascheverschmiertem Gesicht aus dem Unterholz gebrochen und von einem dicken Zwanzigjährigen auf einer Harley entdeckt worden war. Damals war Lou nach einem Streit mit seinem V ater wütend davongefahren. Lou hatte ihn um etwas Geld gebeten, weil er das GED machen wollte, um dann an einer staatlichen Hochschule V erlagswesen zu studieren. Als sein V ater ihn nach dem Grund gefragt hatte, hatte er erwidert, er wolle einen Comicverlag gründen. Sein V ater hatte eine Fresse gezogen und ihm erklärt, das Geld könne er genauso gut als Klopapier benutzen. Wenn Lou schon nach höherer Bildung strebe, dann solle er doch tun, was sein alter Herr getan hatte und zu den Marines gehen. V ielleicht würden sie ihm da einen ordentlichen Haarschnitt verpassen, und ein paar Kilo abnehmen würde er bestimmt auch.
    Lou war auf seinem Motorrad davongerast, damit seine Mutter ihn nicht flennen sah. Eigentlich hatte er vorgehabt, nach Denver zu fahren, sich bei der Armee anwerben

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