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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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ergnügungspark abzweigten. Sie blickte zurück und sah Kinder – an die fünfzig – völlig lautlos durch die Finsternis auf sie zuströmen. Der Baum hinter ihnen war so groß wie ein zehnstöckiges Gebäude, und irgendwo hinter ihm befanden sich der Wraith und Wayne.
    Der Mond starrte sie vom Himmel herab wütend an. Das schreckliche blutunterlaufene Auge schien aus seiner Höhle treten zu wollen. Er brüllte:
    » DAS SCHERENSPIEL!
    SPIELT DAS SCHERENSPIEL MIT DER HURE! «
    Für einen Augenblick verschwand er jedoch und wurde von einem Flimmern überlagert, wie bei einem Fernseher, der auf einen toten Kanal gestellt war. Der Himmel verwandelte sich in Rauschen. V ic konnte es sogar hören.
    Beweg dich, dachte sie, und unvermittelt fand sie sich auf den Beinen wieder. Sie packte die Triumph am Lenker, wuchtete die Maschine hoch. Sie schrie, als ihr ein heftiger Schmerz durch das linke Knie und die Hüfte fuhr.
    Das kleine Mädchen mit dem Maul eines Riesenwurms war gegen die Tür eines Eckladens geschleudert worden: Charlie’s Costume Carnival. Es – sie – saß an die Tür gelehnt da und schüttelte benommen den Kopf. Der weiße Plastikbeutel mit dem ANFO war irgendwie zwischen den Füßen des Mädchens gelandet.
    ANFO , dachte V ic – das Wort war für sie zu einem Mantra geworden. Sie beugte sich vor und packte den Rucksack, der immer noch an der Fußraste hing. Sie warf ihn sich über die Schulter und schwang ein Bein über das Motorrad.
    Die Kinder, die auf sie zurannten, hätten kreischen oder kampflustige Schreie ausstoßen müssen, irgendetwas in der Art, aber sie stürmten nur schweigend vorwärts, sprangen von dem verschneiten Kreis in der Mitte des Rondells auf das Pflaster. V ic trat auf den Kickstarter.
    Die Triumph hustete leise und verstummte wieder.
    V ic trat den Anlasser erneut durch. Aus einem der Auspuffrohre, das auf die Straße herabhing, schoss eine Abgaswolke, aber der Motor gab nur ein müdes, ersticktes Geräusch von sich.
    Ein Stein traf V ic am Hinterkopf, und vor ihren Augen explodierte ein schwarzer Blitz. Als sie wieder klar sehen konnte, hatte sich der Himmel ein weiteres Mal in einen Partikelwirbel verwandelt. Dann verdüsterte er sich und nahm wieder die Gestalt von Wolken und Finsternis an. Sie trat auf den Kickstarter.
    Zahnräder surrten, aber sie wollten einfach nicht greifen.
    Das erste Kind hatte V ic erreicht. Der Junge hatte keine Waffe – vielleicht war er derjenige gewesen, der den Stein geworfen hatte –, aber sein Kiefer klappte weit auf und gab den Blick auf eine obszöne rosafarbene Höhle mit zahllosen Zahnreihen frei. Er schlug die Zähne in ihr nacktes Bein. Widerhaken durchbohrten ihre Haut, verfingen sich in Muskeln.
    V ic stieß einen Schmerzensschrei aus und trat mit dem rechten Fuß nach unten, um den Jungen abzuschütteln. Ihr Absatz traf den Kickstarter, und der Motor erwachte zum Leben. Sie packte den Gasgriff, und das Motorrad raste los. Der Junge wurde von den Beinen gerissen und zur Seite geschleudert. Er blieb hinter ihr zurück.
    Während sie die Nebenstraße entlang auf die Schlittenachterbahn und das Rentierkarussell zuraste, blickte sie über die Schulter.
    Zwanzig, dreißig, vielleicht vierzig Kinder sprinteten hinter ihr her, viele von ihnen barfuß.
    Das Mädchen, das gegen die Tür von Charlie’s Costume Carnival geschleudert worden war, setzte sich in diesem Moment auf. Sie beugte sich vor und streckte die Hand nach dem weißen Plastikbeutel mit dem ANFO aus.
    Ein weißer Blitz zuckte empor.
    Die Explosion trieb eine Welle heißer Luft über das Pflaster. V ic glaubte einen Moment, die Druckwelle würde sie aus dem Sattel heben und durch die Luft schleudern.
    Sämtliche Fenster in der Straße explodierten. Aus dem weißen Blitz wurde ein riesiger Feuerball. Charlie’s Costume Carnival fiel in sich zusammen, und eine Lawine aus Backsteinen und pulverisiertem Glas brandete über die Straße hinweg. Eine Feuerwolke hüllte einen Teil der Kinder ein, riss sie empor, als wären sie Streichhölzer, und warf sie in die Nacht. Pflastersteine barsten aus der Straße und wurden durch die Luft geschleudert.
    Der Mond öffnete den Mund, um einen Entsetzensschrei auszustoßen – und dann traf die Schockwelle den falschen Himmel, und das ganze Ding wackelte wie eine Reflexion in einem Zerrspiegel. Der Mond und die Sterne lösten sich in Flimmern auf. Der Knall hallte die Straße entlang. Gebäude erzitterten. V ic atmete brennende Luft, Dieselrauch

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