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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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der Finsternis am Ende der Brücke wurde ein Paar Scheinwerfer eingeschaltet: zwei blasse Lichtkreise, die dicht beieinanderlagen. Die Scheinwerfer waren furchtbar hell, und manchmal sah sie sie sogar noch vor sich, wenn sie die Augen öffnete. Dann wollte sie am liebsten laut schreien.
    Ein bisschen X wirkte beruhigend. Wenn sie es nahm, hatte sie immer das Gefühl dahinzusegeln, den Wind im Gesicht. Die Welt rauschte sanft an ihr vorbei, so als würde sie sich hinten auf dem Motorrad ihres V aters befinden, der sich in die Kurve legte. Wenn sie Ecstasy nahm, musste sie nicht schlafen. Dann liebte sie die Welt zu sehr, um einzuschlafen. Stattdessen rief sie ihre Freunde an, um ihnen zu sagen, dass sie sie liebte. Sie blieb die ganze Nacht auf und skizzierte Tattoo-Designs. Sie wollte sich einen Motorradmotor über den Brüsten tätowieren lassen, um den Jungs zu imponieren. Drauf geschissen, dass sie mit siebzehn praktisch die letzte Jungfrau in ihrer Klasse war.
    Die Ginfläschchen hatten keine Bedeutung. Den Gin benutzte sie lediglich dazu, das Ecstasy hinunterzuspülen.
    »Denk, was du willst«, sagte V ic. »Es ist mir scheißegal.«
    »Wahrscheinlich sollte ich dankbar dafür sein, dass du zumindest Kondome benutzt. Wenn du ein uneheliches Kind bekommst, erwarte nicht, dass ich dir helfen werde. Damit will ich nichts zu tun haben. Und mit dir dann auch nicht mehr.«
    V ic wollte ihr sagen, dass das ein guter Grund wäre, möglichst schnell schwanger zu werden. Stattdessen sagte sie jedoch: »Ich habe nicht mit ihm geschlafen.«
    »Jetzt lügst du. V ierter September. Ich habe gedacht, du würdest bei Willa übernachten. Aber in deinem Tagebuch steht …«
    »Du hast mein verdammtes Tagebuch gelesen?«
    »… dass du zum ersten Mal die ganze Nacht mit Craig verbracht hast. Denkst du, ich weiß nicht, was das bedeutet?«
    Es bedeutete, dass sie gemeinsam bei Willa geschlafen hatten – bekleidet und unter einer Decke, zusammen mit sechs anderen Jugendlichen. Aber als V ic aufgewacht war, hatte Craig an ihren Rücken geschmiegt dagelegen, einen Arm um ihre Taille. Sie hatte seinen Atem in ihrem Nacken gespürt und gedacht: Bitte wach nicht auf. Einen Moment lang war sie unglaublich glücklich gewesen.
    »Ja. Es bedeutet, dass wir miteinander gevögelt haben, Mama«, sagte V ic leise. »Ich hatte es satt, immer nur seinen Schwanz zu lutschen. Ist ja läppisch.«
    Das blasse Gesicht ihrer Mutter wurde noch bleicher.
    »Ich behalte deine persönlichen Gegenstände«, sagte sie. »Mir ist egal, dass du schon fast achtzehn bist. Solange du unter meinem Dach lebst, hältst du dich an meine Regeln. Wenn das funktioniert, kannst du in ein paar Monaten …«
    »Hast du das mit Papa auch gemacht, als er dich enttäuscht hat? Deine Muschi ein paar Monate lang für ihn dichtgemacht, um ihn zu zwingen, sich an deine Regeln zu halten?«
    »Glaub mir, wenn ich in diesem Haus einen Keuschheitsgürtel hätte, würde ich ihn dir anlegen«, sagte ihre Mutter. »Du kleine Hure.«
    V ic lachte wild und gequält.
    »Was bist du doch für ein hässlicher Mensch«, sagte sie. Es war die schlimmste Beleidigung, die ihr einfiel. »Ich verschwinde von hier.«
    »Wenn du jetzt gehst, wird die Tür für dich verschlossen sein, wenn du wiederkommst«, sagte ihre Mutter, aber V ic hörte schon nicht mehr zu, sondern verließ das Zimmer.

Draußen in der Kälte
    S ie ging einfach immer weiter.
    Feine Graupeln fielen vom Himmel, durchweichten ihren Parka und blieben als Eiskörnchen in ihren Haaren hängen.
    Ihr V ater lebte mit seiner Freundin in Durham, New Hampshire. Man konnte mit der MBTA dorthin kommen – erst mit der Bahn bis zur North Station und dann weiter mit Amtrak –, aber das hätte eine Menge Geld gekostet, das V ic nicht hatte.
    Sie ging trotzdem zum Bahnhof und hing dort eine Weile herum, um sich unterzustellen. Sie überlegte, wen sie anrufen und um Geld für eine Fahrkarte bitten könnte. Dann dachte sie: Scheiß drauf. Sie würde einfach ihren V ater anrufen und ihn bitten, sie abzuholen. Warum hatte sie nicht gleich daran gedacht?
    Im vergangenen Jahr hatte sie ihn nur einmal besucht, was ein ziemlicher Reinfall gewesen war. V ic hatte sich mit seiner Freundin gestritten und eine Fernbedienung nach ihr geworfen, die sie ausgerechnet am Auge getroffen hatte. Ihr V ater hatte V ic noch am selben Abend nach Hause geschickt, ohne sich ihre Seite der Geschichte auch nur anhören zu wollen.
    Chris McQueen ging nach dem zweiten

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