Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill

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sie in einen traumähnlichen, halb bewussten Zustand. Eine Gruppe von Bikern ließ sich in der letzten warmen Nacht des Herbstes von ihren Maschinen einem unbekannten Ziel entgegentragen.

Verschiedene Orte
    E s regnete in Strömen in Chesapeake, V irginia, als Jeff Haddon am Abend des neunten Mai 1993 seinen Springer Spaniel zu seinem üblichen Abendspaziergang ausführte. Keiner von beiden wollte bei diesem Wetter draußen sein, weder Haddon noch sein Hund Garbo. Der Regen prasselte so heftig auf den Battlefield Boulevard, dass er von den Bürgersteigen und gepflasterten Einfahrten hochspritzte. Die Luft duftete nach Salbei und Stechpalme. Jeff trug einen großen gelben Poncho, an dem der Wind wütend zerrte. Garbo machte einen jämmerlichen Eindruck, als sie die Hinterbeine zum Pinkeln spreizte. Ihr lockiges Fell war nass und verfilzt.
    Auf ihrem Spaziergang kamen Haddon und Garbo an dem gewaltigen Tudor-Anwesen von Nancy Lee Martin vorbei, einer reichen Witwe mit einer neun Jahre alten Tochter. Den Ermittlern des Polizeidezernats von Chesapeake erzählte Haddon später, er hätte einen Blick in die Einfahrt geworfen, weil er Weihnachtsmusik hörte, aber das stimmte nicht ganz. Über dem prasselnden Regen hatte er gar nichts gehört. Er warf einfach stets einen Blick in die Einfahrt, weil er ein wenig in Nancy Lee Martin verliebt war. Mit zweiundvierzig war sie zehn Jahre älter als er, sah aber immer noch aus wie die V irginia-Tech-Cheerleaderin von einst.
    Als er die Einfahrt hinaufschaute, sah er Nancy mit ihrer Tochter Amy aus der Haustür treten. Ein hochgewachsener Mann in einem schwarzen Mantel hielt einen Regenschirm über sie. Die Frau und das Mädchen trugen Abendkleider und Seidenschals, und Jeff Haddon erinnerte sich, dass seine Frau erwähnt hatte, Nancy Lee würde zu einer Benefizveranstaltung zugunsten von George Allen gehen, der sich gerade als Kandidat für das Gouverneursamt hatte aufstellen lassen.
    Haddon, der Mercedeshändler war und Ahnung von Autos besaß, erkannte in dem Wagen in der Einfahrt einen frühen Rolls-Royce, einen Phantom oder Wraith aus den Dreißigerjahren.
    Er rief Nancy Lee Martin einen Gruß zu und hob die Hand. Ob sie zurückwinkte, konnte er nicht genau erkennen. Erst als der Chauffeur die Tür des Wagens öffnete, hörte er die Musik, und Haddon hätte schwören können, dass ein Chor »Little Drummer Boy« sang. Im Frühling war es eher seltsam, solche Lieder zu hören. V ielleicht war Nancy Lee derselben Meinung – jedenfalls schien sie zu zögern, bevor sie einstieg. Aber angesichts des heftigen Regens hielt das Zögern nicht lange an.
    Haddon ging weiter, und als er zurückkehrte, war der Wagen verschwunden. Nancy Lee Martin und ihre Tochter Amy kamen nie bei der Benefizveranstaltung an.
    Der Fahrer, der sie eigentlich hatte abholen sollen, Malcolm Ackroyd, verschwand ebenfalls. Sein Wagen wurde in der Nähe des Bainbridge Boulevard unten am Wasser gefunden, die Fahrertür stand offen. Sein mit Blut getränkter Hut lag nicht weit entfernt im Gras.
    *
    Ende Mai 1994 traf es Jake Christensen aus Buffalo, New York. Er war zehn Jahre alt und kehrte gerade allein mit dem Flugzeug aus Philadelphia zurück, wo er ein Internat besuchte. Ein Fahrer namens Bill Black sollte ihn am Flughafen abholen, erlitt jedoch einen Herzanfall im Parkhaus und wurde tot hinter dem Lenkrad seiner Stretch-Limousine gefunden. Wer Jake stattdessen am Flughafen abholte – und ihn entführte –, konnte nie ermittelt werden.
    Die Obduktion ergab, dass Bill Blacks Herzanfall auf eine tödliche Dosis Sevofluran zurückzuführen war, ein Gas, das besonders gern von Zahnärzten verwendet wird. Ein Hauch davon machte einen Menschen schmerzunempfindlich und äußerst beeinflussbar, mit anderen Worten, es verwandelte ihn in einen Zombie. Sevofluran war nicht leicht zu bekommen – man brauchte eine Zulassung als Arzt –, und es erschien zunächst wie eine vielversprechende Spur. Aber Befragungen von Zahnärzten und ihren Mitarbeitern im gesamten Bundesstaat brachten keinerlei Ergebnisse.
    *
    1995 waren Steve Conlon und seine zwölfjährige Tochter Charlie (die eigentlich Charlene hieß, aber von ihren Freunden Charlie genannt wurde) an der Reihe. Sie wollten zu einem gemeinsamen Tanzabend in Plattsburgh, New York, fahren und hatten eine Stretch-Limousine bestellt. Stattdessen bog jedoch ein Rolls-Royce in ihre Einfahrt ein. Charlies Mutter Agatha küsste ihre Tochter noch einmal auf die Stirn und