Christmasland (German Edition)
Nerven behielt.
»Kommst du hier aus der Gegend?«, fragte die Frau des Soldaten.
V ic schüttelte den Kopf. »Haverhill.«
»Liegt das in Colorado?«, erkundigte sich der Soldat, dessen Name Tom Priest war. Er hatte gerade zwei Wochen Urlaub gehabt und sollte noch am selben Abend über Fort Hood nach Saudi-Arabien zurückkehren.
V ic schüttelte den Kopf. »Massachusetts. Ich muss meine Mutter anrufen. Sie hat mich seit Tagen nicht mehr gesehen.«
V on diesem Moment an war V ic nicht mehr in der Lage, zur Wahrheit zurückzukehren. In Massachusetts wurde sie seit zwei Tagen vermisst. Jetzt befand sie sich in Colorado und war einem Mann entkommen, der sie in seinem Haus eingesperrt und versucht hatte, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen. Allen war sofort klar, dass sie entführt worden sein musste, ohne dass sie etwas Derartiges behauptet hätte.
Das wurde die neue Wahrheit, sogar für V ic selbst. Genau wie sie sich auch einredete, den Armreif ihrer Mutter nicht in Terry’s Primo Subs in Hampton Beach, sondern im Wagen der Familie gefunden zu haben. Die Lügen kamen ihr leicht über die Lippen, weil sie sie nicht als solche empfand. Als sie gefragt wurde, wie sie nach Colorado gekommen war, sagte sie, dass sie sich an die Fahrt in Charlie Manx’ Auto nicht erinnern könne, und die Polizisten tauschten traurige, mitleidige Blicke. Als sie noch einmal nachhakten, erwiderte V ic, alles sei dunkel gewesen. Dunkel, weil sie in einem Kofferraum eingesperrt gewesen war? Ja, vielleicht. Jemand andres schrieb ihre Aussage nieder. Sie unterzeichnete sie, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, den Text zu lesen.
»Wo bist du hingegangen, nachdem du aus dem Haus entkommen warst?«, fragte der Soldat.
»Zum Highway«, antwortete Louis Carmody für V ic, die ihre Stimme noch nicht wiedergefunden hatte. »Etwa einen Kilometer von hier entfernt. Ich könnte Sie hinführen. Es ist draußen im Wald. Mann, wenn die Feuerwehr nicht bald kommt, wird der halbe Hügel abbrennen.«
»Das ist das Haus des Weihnachtsmanns«, sagte Popeye, das Telefon noch am Ohr.
»Weihnachtsmann?«, fragte der Soldat.
Ein Mann mit ausladendem Hinterteil und rot-weiß kariertem Hemd sagte: »Das kenne ich. Da bin ich beim Jagen schon dran vorbeigekommen. Das ist total seltsam. Die Bäume drum herum sind das ganze Jahr über weihnachtlich geschmückt. Allerdings habe ich dort noch nie jemand gesehen.«
»Dieser Typ hat sein eigenes Haus in Brand gesteckt und ist dann weggefahren?«, fragte der Soldat.
»Und er hat ein Kind in seiner Gewalt«, sagte Lou.
»Was für ein Auto fährt er denn?«
V ic wollte antworten, doch dann bemerkte sie durch die Glasscheibe in der Tür eine Bewegung. Es war der Wraith, der draußen vor den Tanksäulen vorfuhr, als hätte ihn der Soldat mit seiner Frage herbeibeschworen. Selbst durch die geschlossene Tür konnte V ic die Weihnachtsmusik hören.
Sam’s Gas & Sundries
V ic brachte keinen Ton heraus, aber das war auch nicht nötig. Der Soldat sah ihr Gesicht, drehte sich um und warf einen Blick durch die Tür.
Der Fahrer stieg gerade aus und ging um das Auto herum, um aufzutanken.
»Dieser Typ?«, fragte der Soldat. »Der Fahrer?«
V ic nickte.
»Ich kann da kein Kind entdecken«, sagte Lou und reckte den Hals, um aus dem Fenster zu schauen.
Einen Moment lang herrschte bedrücktes Schweigen, während alle im Laden darüber nachdachten, was zu tun war.
»Hat er eine Waffe?«, fragte der Soldat.
»Ich weiß es nicht«, sagte V ic. »Ich habe jedenfalls keine gesehen.«
Der Soldat drehte sich um und ging zur Tür.
Seine Frau warf ihm einen scharfen Blick zu. »Wo willst du hin?«
Der Soldat sagte: »Na, wohin wohl?«
»Überlass das der Polizei, Tom Priest.«
»Das werde ich auch. Wenn sie hier eingetroffen ist. Aber bis dahin werde ich dafür sorgen, dass er nicht abhaut.«
»Ich komme mit, Tommy«, sagte der kräftige Mann in dem rot-weiß karierten Hemd. »Das sollte ich sowieso. Schließlich bin ich der Einzige hier mit einer Dienstmarke.«
Popeye senkte das Telefon und legte die Hand über den Hörer. »Alan, auf deiner Dienstmarke steht Wildhüter«, sagte er. »Aber sie sieht aus, als käme sie aus einer Packung Cracker Jack.«
»Tut sie aber nicht«, sagte Alan Warner, rückte einen unsichtbaren Schlips zurecht und hob schalkhaft die buschigen silbernen Augenbrauen. »Die habe ich bei einem absolut seriösen Unternehmen gekauft. Zusammen mit meiner Wasserpistole und der
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