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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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dass Ted bereits über den zugefrorenen Bach gestiegen war und auf den Wald zulief. Seine dunkle Gestalt war in wehende Schneeschleier gehüllt.
    »Hey, Ted!«, rief ihm Rocky aus der Scheune nach. »Lass den verdammten Wolf in Ruhe! Auf der Winterweide lässt der sich bestimmt nicht blicken!«
    »Sicher ist sicher!«, erwiderte Ted. »Ich leg ihn lieber um!«
    »Der wartet sowieso nicht auf dich! Lass den Blödsinn!«
    Doch Ted lief weiter, und tatsächlich war Bones noch in der Nähe, lief unruhig vor dem Waldrand auf und ab, als ahnte er, dass Ted ihm nichts tun würde. Clarissa war sicher, dass es Bones war. Inzwischen war er etwas nähergekommen und gegen den Schnee deutlich zu erkennen, die knochige Gestalt und das lang gezogene, etwas heisere Heulen konnten nur zu Bones gehören. Außerdem hinkte er kaum merklich, vielleicht hatte sich die Narbe entzündet.
    Clarissa rannte dem Cowboy nach, stapfte durch den Tiefschnee jenseits des Baches und achtete gar nicht darauf, dass der Schnee in ihre Stiefel drang. In der Eile hatte sie auf ihre wollene Unterwäsche verzichtet. Der Wind ließ ihren Rock flattern, und sie musste ihn mehrmals mit den Händen nach unten drücken, um nicht nackt dazustehen.
    »Ted!«, rief sie in panischer Angst. »Nicht schießen, Ted!«
    Der Cowboy blieb stehen und drehte sich erstaunt um. »Was suchen Sie denn hier, Ma’am? Gehen Sie ins Haus zurück! Da draußen ist ein Wolf.«
    Sie rannte weiter. »Nicht schießen, Ted! Lassen Sie den Wolf in Ruhe!«
    »Aber ich … Ich muss ihn töten! Er reißt unsere Rinder!«
    »Nicht Bones! Nicht dieser Wolf!«
    Er bekam große Augen. »Sie … Sie kennen den Wolf?«
    Sie hatte ihn eingeholt und blieb schwer atmend stehen. »Das ist Bones«, erklärte sie keuchend. »Der tut den Rindern nichts! Er kennt mich. Ich habe ihm mal … Er war verletzt, und ich habe ihn verbunden. Seitdem taucht er öfter in meiner Nähe auf.« Sie vermied das Wort »Schutzgeist«, wohl wissend, dass er darüber nur gelacht hätte. »Lassen Sie ihn laufen, Ted, er tut nichts.«
    »Woher wollen Sie denn wissen, dass es dieser Bones ist?«
    »Ich erkenne ihn. Sehen Sie nicht, wie er ein Bein leicht nachzieht?«
    Doch Bones war schon wieder verschwunden, und man sah nicht einmal mehr seine Augen in der Dunkelheit leuchten. »Jetzt ist er sowieso weg«, gab Ted auf und machte sich auf den Rückweg. »Ein schlauer Kerl, Ihr Bones.«
    Ted kehrte in die Scheune zurück, wo er und Rocky ihr Nachtlager hatten, und sie machte es sich in ihrer Blockhütte bequem, nicht ohne vorher noch einen Holzscheit ins Feuer zu werfen. Diesmal lag ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie sich hinlegte, und in ihren Träumen kehrte Bones zurück und rannte dem Hundeschlitten voraus, mit dem Alex zu ihr zurückkehren würde.

32
    »Was hab ich da gehört?«, fragte Flagler, als sie am nächsten Morgen nach Williams Lake fuhren. Sie saßen auf dem Kutschbock eines Pritschenwagens, dessen Räder man durch Kufen ersetzt hatte, dicke Wolldecken über dem Schoß. Es war windig und bitterkalt. »Sie sind mit einem Wolf befreundet?«
    »Bones«, antwortete sie und erzählte ihm dasselbe wie Ted. Er brauchte nicht zu wissen, dass Bones übernatürliche Kräfte zu besitzen schien, vielleicht sogar ein Geisterwolf und ihr Schutzgeist war. Ihr fiel es selbst schwer, diese Version zu glauben, obwohl sie Hört-den-Donner durchaus zugestand, mit den Geistern in Verbindung zu stehen. Zumindest war er ein weiser Mann. »Ich hab ihn mal verarztet und wollte nicht, dass Ted ihn erschießt.«
    »Sie haben ein weiches Herz, Clara.«
    »Sie etwa nicht? Ich kenne keinen Mann, der Indianern gegenüber so großzügig ist wie Sie. Die meisten Rancher hätten die beiden Rinderdiebe der Northwest Mounted Police übergeben oder an Ort und Stelle aufgeknüpft.«
    Er hielt die Zügel locker in einer Hand. »Ich mag die Indianer. Carmen war Mexikanerin, hatte aber auch Indianerblut in den Adern. Yaqui, glaube ich.« Er grinste. »Selbst die Apachen hatten Angst vor den Yaqui-Frauen. Geronimo soll einer Yaqui-Frau davongelaufen sein, weil sie ihn ausgepeitscht hat.«
    »Der Apachen-Häuptling? Der kam auch bei Buffalo Bill vor.«
    »Obwohl der wirkliche Buffalo Bill ihn nie zu Gesicht bekommen hat. Die Apachen leben an der mexikanischen Grenze, so weit südlich war er nie.«
    »Dann sind die Geschichten alle erfunden?«
    Er lachte. »Haben Sie das nicht gewusst?«
    »Doch … irgendwie schon. Zumindest die

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