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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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vielleicht. Welche Rosita Fernandez sollte Jimmy sonst einen Brief schreiben?« Er trank einen Schluck Kaffee und nickte anerkennend. »Ich dachte, der Brief wäre wichtig.«
    Sie steckte den Umschlag in ihre Schürzentasche. »Das ist er bestimmt. Danke, dass Sie ihn gleich vorbeigebracht haben. Ich gebe ihn Jimmy besser erst nach dem Essen, sonst bringt er vor Aufregung keinen Bissen herunter.«
    »Eine gute Idee«, stimmte ihr der Postreiter zu. Er trank seinen Kaffee aus und stand auf. »Na, dann will ich mal weiter. Meine Betty wartet sicher schon mit dem Abendessen auf mich, und wenn ich zu spät komme, gibt es Ärger.«
    Clarissa verabschiedete den Postreiter und machte sich an die Zubereitung des Abendessens. Der Brief brannte in ihrer Tasche. Wenn er wirklich von einer Verwandten seiner geliebten Carmen kam, würde er sein Leben verändern, egal, was drinstand. Den Gedanken, dass sie Alex nie mehr wiedersehen und in dreißig Jahren in einem Brief eines Verwandten von ihm hören würde, konnte sie kaum ertragen. Sie würde ihm den Brief nach dem Essen geben, wenn die Cowboys gegangen waren und er es sich in seinem Sessel bequem machte. Einen so wichtigen Brief las man nicht zwischen Tür und Angel.
    Es dämmerte bereits, als Clarissa sich an die Zubereitung des Abendessens machte. Bei ihnen zu Hause hatte es selten Steaks gegeben, bei den Whittlers jedoch jede Woche, und sie hatte der Köchin öfter beim Braten zugesehen. Man durfte das Fleisch nicht zu lange in der Pfanne lassen, damit es nicht zu hart und zäh wurde, und sollte es danach auf ein Tuch zum »Durchatmen« legen, dann würde es noch besser schmecken. Das stimmte tatsächlich, denn beim Abendessen stimmte Flagler schon nach dem ersten Bissen ein Loblied an, und selbst die mundfaulen Cowboys ließen sich ein anerkennendes Grinsen entlocken. Die Kartoffeln hatte sie roh in eine Pfanne geschnibbelt, wie sie es bei der Frau eines deutschen Fischers gesehen hatte, die Bohnen hatte sie mit etwas Speck und Zwiebeln verfeinert. Sie selbst bekam kaum einen Bissen runter, weil sie dem Moment entgegenfieberte, wenn sie ihm den Brief gab.
    »Warum essen Sie denn nicht, Clarissa?«, fragte der Rancher. Den Cowboys fiel kaum auf, dass er sie mit einem anderen Namen ansprach. »Sagen Sie bloß, Ihnen schmeckt Ihr eigenes Essen nicht. Die Steaks sind großartig!«
    Sie lächelte nur und wartete geduldig, bis alle gegessen hatten. Zum Nachtisch servierte sie die Pfirsiche, die Flagler so gerne aß, und fand auch selbst ihren Appetit wieder. Die Pfirsiche schmeckten noch besser als Schokolade.
    Nachdem die Cowboys gegangen waren und sie das Geschirr abgewaschen hatte, kehrte sie ins Wohnzimmer zurück und sah ihn mit dem neuen Buffalo-Bill-Magazin im Sessel sitzen. »Der Postreiter war vorhin hier«, sagte sie. »Er hat mir einen Brief gegeben, der besonders wichtig wäre, nur deshalb hat er den Umweg gemacht und ist vorbeigekommen.« Sie reichte ihm den Brief.
    Flagler nahm ihn und starrte lange auf den Absender, als hätte er gerade Post aus dem Jenseits bekommen. In seinen Augen bildeten sich Tränen. Er öffnete den Brief mit den Fingern, faltete das Schreiben auseinander und starrte auf die handgeschriebenen Zeilen, ohne etwas zu erkennen. Er schüttelte seufzend den Kopf. »Ich … Ich kann nicht. Lesen Sie ihn mir vor … bitte!«
    Clarissa nahm den Brief und setzte sich ihm gegenüber. Im Schein der flackernden Öllampe las sie die ungelenk geschriebenen und fehlerhaften Zeilen. Während des Lesens korrigierte sie die vielen Fehler. »Werter Senor Flagler, ich schreibe nur sehr schlecht Englisch und bitte Sie, meine Fehler zu entschuldigen. Ich bin die Schwester von Carmen. Ich habe lange gebraucht, um herauszufinden, wo Sie wohnen. Einige Kanadier, die in meiner Bodega abstiegen, haben mir erzählt, dass es in der Nähe von Williams Lake einen Rancher gibt, der so heißt. Einen Texaner. Das müssen Sie sein, Senor Jimmy. Ich weiß nicht, wo Williams Lake liegt und wie groß es ist, hoffe aber, der Postmeister kennt Ihren Namen und lässt Ihnen den Brief zukommen.«
    Clarissa atmete ein paar Mal durch und las weiter: »Wir haben uns nie kennengelernt, Senor Jimmy. Ich war noch in Mexiko, als Sie und Carmen sich kennenlernten. Seit beinahe zwanzig Jahren lebe ich in San Antonio, die letzten sieben zusammen mit meiner Schwester. Ich weiß nicht, ob Sie nach all diesen Jahren noch an sie denken, aber Sie waren in ihren Gedanken, das weiß ich ganz genau,

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