Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
flussaufwärts fuhr.«
    Torak nickte. »Er gehört zum Eichenclan und damit zum Großen Wald. Natürlich kehrt er dahin zurück.«
    »Wir nehmen zwei Kanus«, sagte Fin-Kedinn. »Der Clan bleibt hier, bis wir wieder zurück sind.«
    » Wir ?«, fragte Torak schneidend.
    »Ich begleite dich«, erklärte Fin-Kedinn.
    »Ich auch«, sagte Renn, aber die beiden hörten sie gar nicht.
    »Warum?«, fragte Torak den Anführer der Raben, und plötzlich versetzte es Renn einen Stich. Er wollte sie beide nicht dabeihaben. Er wollte Thiazzi allein verfolgen.
    »Ich kenne mich im Großen Wald aus«, sagte Fin-Kedinn. »Du nicht.«
    »Nein!« Saeunns Einwurf kam überraschend heftig. »Fin-Kedinn, du darfst auf keinen Fall gehen.«
    Sie blickten die Alte erstaunt an.
    »Die Knochen haben mir noch etwas enthüllt, und zwar mit absoluter Gewissheit : Fin-Kedinn, du wirst den Großen Wald nicht erreichen.«
    Renns Herz zog sich zusammen. »Dann – dann gehen wir eben ohne ihn, nur Torak und ich.«
    Ein Blick in die abweisende Miene ihres Onkels sagte ihr, dass sie sich jedes weitere Wort sparen konnte. »Nein, Renn«, sagte er mit unheilvoll ruhiger Stimme. »Ohne mich könnt ihr nicht gehen.«
    »O doch«, beharrte sie.
    Fin-Kedinn seufzte. »Du erinnerst dich bestimmt noch daran, dass es im vergangenen Sommer Streit zwischen den Auerochsen und den Waldpferden gegeben hat. Sie lassen keine Fremden in ihr Gebiet. Mich hingegen kennen sie …«
    »Nein!«, stieß Renn hervor. »Das darfst du nicht. Saeunn täuscht sich nie.«
    Die Rabenschamanin schüttelte den Kopf und seufzte rasselnd. »Ach, Fin-Kedinn …«
    »Torak, sag du’s ihm!«, bat Renn. »Sag ihm, dass wir es auch ohne ihn schaffen.«
    Aber Torak wich ihrem Blick aus und hob den Sack mit Vorräten hoch. »Komm schon«, murmelte er. »Wir verlieren bloß Zeit.«
    Fin-Kedinn nahm ihr die anderen Beutel aus den Händen. »Gehen wir«, sagte er.

Kapitel 5

    Wolf folgte der Witterung in langen Sprüngen.
    Der Wald ringsum erwachte aus seinem langen Schlaf, und die Beute war mager, weil auch sie ihr Futter unter dem Weichen Kalten Weiß herauskratzen musste. Wolf überraschte einen Elch dabei, wie er an der saftigen Haut eines Ahorns knabberte. Eine Herde Rentiere spürte, dass er nicht auf der Jagd war, und blickte neugierig auf, als er vorüberlief.
    Der verhasste Geruch strich an seiner Nase vorbei. Vor vielen Hell und Dunkel hatte ihn der Böse Schwanzlose in eine winzige Steinhöhle eingesperrt und Wolfs Schnauze zusammengebunden, damit er nicht heulen konnte. Er hatte ihn hungern lassen und war auf seinem Schwanz herumgetrampelt, und als Wolf vor Schmerzen gejault hatte, hatte er gelacht . Dann hatte er Wolfs Rudelgefährten angegriffen und Wolf hatte sich mit einem Satz auf den Bösen Schwanzlosen gestürzt und die Zähne in seine haarige, fette, saftige Vorderpfote gegraben und die Knochen hatten geknackt.
    Wolf sauste noch schneller dahin. Er wusste nicht, warum er den Gebissenen verfolgte – Wölfe jagen keine Schwanzlosen, nicht einmal die Bösen –, aber etwas sagte ihm, dass er dieser Fährte folgen musste.
    Der Geruch wurde immer deutlicher. Zwischen den Stimmen von Wind, Birke und Vogel vernahm Wolf den Schwanzlosen, der das Nass mit einem Stock aufwirbelte. Er witterte, dass der Schwanzlose keinen Hund bei sich hatte.
    Dann sah er ihn.
    Der Gebissene glitt auf einem Eichenstamm Nass hoch und Wolf erhaschte einen Blick auf die glänzende Steinklaue an seiner Seite. Er roch auch nach Kiefernblut und Rotwildhaut und nach dem seltsamen, furchterregenden Hellen-Tier-das-kalt-beißt.
    Wolfs Maul wurde vor Angst ganz steif. Der Gebissene saß furchtlos da, erfreute sich seiner Stärke und Macht. Er war sehr, sehr stark, nicht einmal das Helle-Tier-das-heiß-beißt wagte es, ihn anzugreifen. Das wusste Wolf genau, denn er hatte gesehen, wie der Schwanzlose seine Vorderpfote mitten in die Schnauze des Hellen Tieres gesteckt und sie unversehrt wieder daraus hervorgezogen hatte.
    Viele Sprünge weiter ertönte die hohe, dünne Hühnerknochenpfeife, mit der Groß Schwanzlos und seine Rudelgefährtin ihn zu rufen pflegten.
    Wolf blieb stehen. Er sehnte sich danach, zu ihnen zu gehen, aber dazu müsste er umkehren.
    Die Hühnerknochenpfeife fiepte.
    Der Gebissene glitt weiter Nass hoch.
    Wolf stand unschlüssig da.

    »Du hast ihn entkommen lassen!«, brüllte Torak. Er war so wütend, dass er völlig vergaß, in der Wolfssprache zu reden. »Er war direkt vor dir und

Weitere Kostenlose Bücher