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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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westwärts.
    Geh nicht, bat Torak Fin-Kedinn stumm. Mit einem hohlen Gefühl im Bauch sah er zu, wie die breitschultrige Gestalt gemeinsam mit Renn zwischen den Bäumen seinem Blick entschwand. Er starrte den beiden nach, bis seine Augen brannten.
    Noch lange nachdem sie gegangen waren, kauerte er im Weidendickicht, während allmählich die Nacht um ihn heraufzog.
    Plötzlich knackte ein Zweig.
    Torak erstarrte.
    Erneutes Knacken. Laut. Absichtlich.
    »Ich bin’s!«, flüsterte Renn. »Wo steckst du?«
    Torak schloss die Augen. Er durfte ihr nicht antworten, wenn er sie nicht in Gefahr bringen wollte.
    » Torak! « Sie klang wütend und ängstlich. »Ich weiß genau, dass du hier bist! Du hast einen zerkauten Bastfetzen auf dem Wechsel liegen lassen. Ich konnte ihn gerade noch rechtzeitig aufheben, ehe die anderen ihn entdeckt haben.«
    Er fand es entsetzlich , dass er schweigen musste.
    »Na gut!«, schnaufte sie. »Vielleicht ändert das hier deine Meinung.« Wieder Geraschel. »Ich habe alles mitgebracht, was du brauchst, um das Zeichen der Seelenesser loszuwerden. Deswegen bin ich gekommen. Um dir zu sagen, was du tun musst.« Erneute Pause. »Aber wenn du jetzt nicht rauskommst, lasse ich es bleiben.«

Kapitel 6

    »Wie konntest du nur hierherkommen!«, zischte Torak und zerrte Renn ins Gebüsch. »Wenn dich jemand beobachtet hat!«
    »Keine Sorge«, erwiderte sie mit gespieltem Selbstvertrauen. »Ich habe dir ein paar Vorräte und einen Schlafsack mitgebracht, eine Axt konnte ich leider nicht stibitzen, deshalb musst du …«
    »Renn. Wie konntest du nur. Du darfst dich auf keinen Fall in die Sache hineinziehen lassen.«
    »Zu spät. Hier, nimm einen Lachsfladen.«
    Als Torak sich nicht rührte, fügte sie hinzu: »Na gut, dann lasse ich ihn eben liegen, bis ihn jemand findet.«
    Das wirkte. Er riss ihr den Lachsfladen aus der Hand und machte sich mit verbissener Konzentration darüber her. Während sie in der säuerlich riechenden Dämmerung neben ihm kauerte, fragte sie sich, wann er das letzte Mal gegessen hatte.
    »Ich habe noch mehr davon mitgenommen«, fuhr sie fort. »Außerdem Blutwurst, getrocknete Auerochsenzunge und einen Beutel Haselnüsse. Das müsste für einen halben Mond reichen, wenn du dir alles gut einteilst.«
    Sie wusste, dass sie zu viel redete. Aber Torak sah so verändert aus. Das Stirnband machte ihn älter und sein Gesicht wirkte angespannt und maskenhaft. Ein ums andere Mal blickte er sich um, als könnte sich jeden Augenblick ein Jäger aus den Schatten lösen.
    So fühlt man sich als Gejagter, dachte sie.
    Sie behielt ihre Sorgen jedoch für sich, fragte stattdessen laut nach Wolf, und Torak erwiderte, er sei weggelaufen, um Aki von der Fährte abzulenken. Dann wollte er wissen, wie es ihr gelungen sei, Fin-Kedinn zu entwischen, und sie sagte, sie habe unter dem Vorwand, »ein paar Fallen zu überprüfen«, kehrtgemacht, die Vorräte, die sie vorher versteckt habe, zusammengeklaubt, nebst einer Waldtaube, die sie wohlweislich ebenfalls im Voraus verborgen habe, um sie im Lager als Beweis für die »Fallen« vorzuzeigen. Sie verschwieg, wie eng es ihr um die Brust gewesen war, als sie Fin-Kedinn hintergangen hatte, und erzählte auch nichts von dem schmerzlichen Blick des Clanältesten, der sehr wohl gewusst hatte, was sie plante.
    »Er hat vermutet, dass ich hier bin, nicht wahr?«, sagte Torak. »Ich habe gehört, was er über das Sippentreffen gesagt hat. Er wollte mich warnen.«
    »Kann schon sein. Vielleicht.«
    Renn reichte ihm einen weiteren Lachsfladen und knabberte zur Gesellschaft ein paar Haselnüsse. Dann sagte sie: »Ich denke die ganze Zeit darüber nach, wie das passieren konnte. Vor allem die Sache mit dem Hirschgeweih. Akis Zeichen war nicht mehr zu erkennen, jemand muss es weggewischt haben. Jemand, der wollte, dass man dich verbannt.«
    Er warf ihr einen raschen Blick zu. »Die Seelenesser.«
    Renn nickte. »Inzwischen sind sie weit nach Süden vorgedrungen. Sie wissen, dass du ein Seelenwanderer bist. Sie wollen deine Macht.«
    »Und das letzte Stück des Feueropals.«
    »Wo immer es sein mag.«
    In der tiefblauen Nacht riefen die Eulen sich gegenseitig, während sie zwischen den Bäumen hindurchschwebten, und die Fledermäuse schwirrten mit kaum wahrnehmbarem Flügelknistern über den Farn.
    Torak fegte sich mit einer Handbewegung die Krümel aus dem Mundwinkel. »Renn«, sagte er, »tut mir leid.«
    »Was tut dir leid?«
    »Alles, was passiert ist. Weil ich

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