Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)
geschafft habe.«
»Dann musst du dich eben alleine durchschlagen. Wir teilen unsere Vorräte, sieh zu, wie du ohne mich zurechtkommst.«
Erschöpft und erleichtert, sah Torak zu, wie die beiden den Einbaum stromabwärts lenkten.
Er wollte sich gerade ein Stückchen vorwärts schieben, als Akis Stimme erklang: »Ich weiß, dass du irgendwo hier steckst, Seelenesser! Ich finde dich, das schwöre ich bei meinen Seelen! Ich finde dich und jage dich, bis ich dich habe.«
Wolf hatte geduldig auf ihn gewartet, aber als Torak das Ufer erreichte, beachtete er ihn kaum, sondern hockte in seiner nassen Kleidung auf dem Boden und dachte über Akis Drohung nach. Die Stimme seines Verfolgers hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er nicht so schnell aufgeben würde.
Torak warf einen Blick auf Wolf. Solange er und Wolf zusammen waren, befand sich Wolf in Lebensgefahr. Die Clangesetze untersagten es zwar, einen Jäger zu töten, machten aber eine Ausnahme, sobald man sein eigenes Leben verteidigen musste. Was, wenn es zum Kampf kam und Wolf seinem Rudelgefährten helfen wollte und von Aki getötet wurde?
Für einen Augenblick stieg entsetzliche Panik in Torak auf. Er konnte sich nicht vorstellen, ohne Wolf zu leben.
Aber das ist der einzige Weg, sagte er sich. Und es ist ja nicht für immer.
Wir müssen uns trennen , sagte er in Wolfssprache zu seinem Rudelgefährten.
Wolf blinzelte ihn verständnislos an.
Er würde ihm nie und nimmer begreiflich machen können, dass sie sich nicht auf ewig trennen mussten, sondern nur solange Aki ihm auf den Fersen war. Unter Aufbietung aller Kräfte verschloss Torak sein Herz und wiederholte den Befehl mit Nachdruck. Wir müssen uns trennen.
Wolf sah beleidigt drein. Dann schüttelte er unwillig den Pelz und trottete im Farnkraut davon.
Torak hatte seit einer Weile nichts von Aki oder seinen Hunden gehört und auch von Wolf keine Spur mehr gesehen.
Das Summen in seinen Ohren schwoll abwechselnd an und ab, die Wunde in seiner Brust pochte. Inzwischen hatte Torak, wenn auch etwas zu spät, einen Verband aus zerkautem Weidenbast aufgelegt, aber die Wunde wollte einfach nicht heilen. Der Schmerz erinnerte ihn fortwährend daran, dass Aki keineswegs der Einzige war, der ihn verfolgte. Die Seelenesser hatten einen verborgenen Haken in seinem Fleisch versenkt, an dem sie ihn langsam zu sich zogen.
Nach und nach wurde der Boden steiniger. Dort, wo Torak stand und hinabblickte, fiel die Uferböschung steil zum Axtknauffluss ab. Obwohl er die Stromschnellen schon vor einer Weile hinter sich gelassen hatte, dröhnte das Tosen des Wassers noch in seinen Ohren.
Gegen eine Birke gelehnt, verschlang er hastig die letzte Blutwurst aus Renns Vorratsbeutel, ohne dabei einen Gedanken an ein Opfer zu verschwenden. Er brauchte alles für sich selbst.
Torak verspürte jedoch nicht nur Hunger, sondern auch Durst, aber um ans Flussufer zu gelangen, hätte er eine gefährliche Kletterpartie auf sich nehmen müssen. Stattdessen ritzte er den Stamm einer Birke an und trank das Blut in gierigen Zügen. Als er seinen Durst gelöscht hatte, taumelte er weiter, ohne die Wunde der Birke zu schließen, obgleich er wusste, dass sein Verhalten ungehörig und falsch war. Etwas hatte sich zwischen ihn und den Wald geschoben, doch er war zu erschöpft, um dagegen anzukämpfen.
Weiter unten rauschte der Fluss rasch und gleichmäßig dahin. Sollte er in der Nähe des Wassers bleiben oder lieber Schutz im Dickicht suchen? Er beschloss, in der Nähe des Flusses zu bleiben.
Falsche Entscheidung. Die Findlinge waren mit tückischen Moospolstern bewachsen, er glitt aus, stürzte und kollerte kopfüber die Böschung hinunter.
Alle viere von sich gestreckt, landete er schließlich auf einem Felsen am Ufer. Die Bäume wuchsen hier nur spärlich, und als er sich aufrappelte, konnte er den ganzen Fluss überblicken – und entdeckte sofort den Bug des Einbaums, der sich genau in diesem Augenblick um die Flussbiegung schob. Aki hatte ihn ebenfalls erspäht und brach in Triumphgeheul aus.
Verzweifelt sah sich Torak um. Ihm blieb keine Zeit mehr, die Böschung hinaufzuklettern. Weiter oben schnitt ihm ein Steinschlag den Rückweg ab. Er saß in der Falle.
Und Aki hatte den ganzen Köcher voller Pfeile.
Kapitel 12
Kurz entschlossen streifte Torak seine Ausrüstung ab und stürzte sich kopfüber in den Fluss.
Das eisige Wasser war wie ein Faustschlag gegen die Brust. Die Strömung riss ihm die Stiefel von den Füßen,
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