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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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durchpflügten, keuchende Hunde, die am Fluss neben den Einbäumen herliefen. Aki und seine Freunde hatten sich nur eine kurze Rast gegönnt.
    Torak schlug sich durch den Weidensumpf, zermalmte Hasenschwanzgras unter den Füßen und mied dabei sorgsam das bleichgrüne Moos, in dessen weicher Oberfläche sich Abdrücke tagelang eingruben. Wolf stellte sich erheblich geschickter an und lief auf den großen, leicht gespreizten Pfoten leichtfüßig voran, fast ohne eine Spur zu hinterlassen.
    Bestürzt stellte Torak fest, dass seine Verfolger keineswegs dem Flusslauf folgten, sondern ans andere Ufer übersetzten, als hätten sie seinen Plan durchschaut. In den Einbäumen kamen sie bedeutend schneller und müheloser voran als er zu Fuß. Er beobachtete, wie sie die Boote auf die Schultern hievten und ans Ufer kletterten. Offenbar wollten sie die Einbäume zum Wasserfall tragen und ihm dort auflauern.
    Trotzdem blieb ihm keine andere Wahl, als weiterzugehen.
    Der Fluss schoss immer wilder und ungebärdiger dahin, klatschte gegen Felsen und benetzte Torak mit Sprühnebel. Während er an den Stromschnellen entlangkrabbelte, ließ er seine Verfolger am gegenüberliegenden Ufer nicht aus den Augen. Soweit er sich erinnerte, musste er allmählich die Stelle erreicht haben, an der zwei schmale Seitentäler aus dem Axtknauftal führten. Vor zwei Herbsten hatten er und Renn eine gestürzte Eiche entdeckt, die wie ein Steg über dem Fluss lag, und waren auf allen vieren ans andere Ufer gekrochen. Vielleicht…
    Doch als er die Stelle erreichte, war die Eiche verschwunden, wahrscheinlich von dem rasch dahinbrausenden Fluss mitgerissen.
    Einen Augenblick wusste Torak nicht weiter. Sein Schädel schien zu bersten, ein unaufhörliches Summen in den Ohren machte ihm das Denken beinahe unmöglich. Aber irgendwie musste es doch eine Möglichkeit geben, ans andere Ufer zu gelangen.
    Als er sich suchend umblickte, hatte er einen Einfall. Weiter vorne wurde das Tal enger. Ertrunkenes Ufergestrüpp wich Steinen und mühsam ums Überleben kämpfenden Baumschösslingen. Eine umgestürzte Kiefer lag ungefähr zehn Schritte quer über dem Fluss. Zugegeben, besonders vielversprechend sah die Brücke nicht aus. Die Rinde war schlüpfrig, die Äste erschwerten das Überqueren noch zusätzlich, und als Torak prüfend die Hand auf den Stamm legte, geriet der Baum bedenklich ins Wanken.
    Das muss ausreichen, sprach er sich Mut zu.
    Er ahnte zwar, dass er dabei war, einen Fehler zu begehen  – aber seltsamerweise erklomm er trotzdem die Kiefer und kroch langsam voran.
    Wolf sprang munter vor ihm her und setzte anmutig über die Zweige hinweg. Als er das andere Ufer erreicht hatte, drehte er sich zu Torak um und wedelte mit dem Schwanz. Ganz einfach!
    Nein, das stimmt nicht, hätte Torak am liebsten erwidert. Jedenfalls nicht, wenn man auf allen vieren in glatter, durchnässter Lederkleidung kriecht und obendrein noch Schlafsack, Bogen und Köcher auf dem Rücken trägt – und keine Krallen hat.
    Er hatte es beinahe auf die andere Seite geschafft, als er Stimmen vernahm. Er blickte hinunter und wäre vor Entsetzen fast in die Tiefe gestürzt.
    Blaues Wasser und weiße Gischt umschäumten die moosüberwucherten Steine. Auf einem davon standen, direkt unter Torak, Aki und Raut.
    Torak hielt den Atem an. Wenn einer von ihnen nun zufällig nach oben blickte …
    »Mir reicht’s«, stellte Raut fest. »Ich geh zurück.«
    »Ich nicht!«, fauchte Aki.
    Torak machte Anstalten, sich auf dem Stamm weiter voranzuschieben, doch Renns Ebereschenband hatte sich an einem Zweig verfangen. Als er es vorsichtig lösen wollte, geriet der ganze Stamm ins Schwanken.
    »Die anderen sind schon vor einer ganzen Weile umgekehrt«, sagte Raut. »Wir sollten ihnen folgen. Wir haben unser Gebiet längst verlassen.«
    Wieder zog Torak an dem Armband, diesmal etwas energischer. Es zerriss und die Ebereschenbeeren kullerten auf die Felsen hinunter.
    Glücklicherweise war Aki zu aufgebracht, um etwas von dem Zwischenfall zu bemerken. »Wenn du jetzt umkehrst, kannst du zu Fuß gehen! Ich behalte das Boot.«
    »Versuch das bloß mal!«, gab Raut hitzig zurück und fuhr dann etwas besonnener fort: »Aki, irgendetwas ist hier faul. Warum hasst du ihn so sehr?«
    »Ich hasse ihn doch gar nicht!«, blaffte Aki.
    »Warum bist du dann so versessen darauf, ihn zu erwischen?«
    »Weil ich’s versprochen habe! Ich hab’s Fa versprochen. Ich kann nicht zurück, solange ich es nicht

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