Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
Schamanenkunst verfügen.« Sie machte eine kleine Pause. »Aber ja doch! Und wir beide wissen auch, woher das kommt.«
    Zitternd legte Renn einen Pfeil in den Bogen ein.
    Torak packte ihren Arm. »Nein, Renn!«
    »Das darfst du nicht! Sie ist nicht bewaffnet!«, rief Bale.
    Lachend entblößte Seshru ihre weiße Kehle. »Ach, sie schießt doch nicht! Sie kann nicht schießen. Hab ich recht, Renn?«
    Von Kopf bis Fuß zitternd, senkte Renn den Bogen.
    »Ich wusste es ja«, sagte die Natternschamanin verächtlich und richtete den Blick auf Bale. »Eine wehrlose Frau töten … wer würde sich derart erniedrigen? Du vielleicht ?«
    Ihre Schönheit nahm ihn gefangen, die Axt entglitt seiner Hand.
    »Das hätte mich auch sehr enttäuscht«, sagte sie. »So etwas tut nur ein schwacher Mann und du bist nicht schwach. Du bist ein Jäger vom Robbenclan. Du bist stark.«
    Bale schüttelte sich und holte tief Luft, als wäre er soeben aus dem Meer aufgetaucht, doch seine Arme hingen schlaff herab.
    Die Natternschamanin löste den Blick von ihm, und Torak spürte aufs Neue, welche Macht davon ausging. Es war, als starrte er in die Sonne.
    »Sieh sie nicht an«, sagte Renn. »Hör nicht auf sie!«
    Torak umklammerte seinen Messergriff, bis die Knöchel weiß hervortraten. Dieses Messer hatte einmal Fa gehört. Fa hatte die Kraft gehabt, sich den Seelenessern entgegenzustellen. Also musste es auch ihm gelingen. »Ich … gehe nicht mit dir«, sagte er schließlich. »Ich helfe dir nicht, den Feueropal zu finden.«
    »Aber sicher gehst du mit«, erwiderte Seshru und ihre Lippen öffneten sich zu einem geräuschlosen Lachen. »Sobald du die Wahrheit kennst, kommst du freiwillig mit!«
    »Nein.«
    »Weißt du«, fuhr sie fort, als hätte er überhaupt nichts gesagt, »ich kann dich dazu bringen, deine Freunde zu verlassen, kann dich von deiner sicheren kleinen Herde trennen, einfach so, mit einem Fingerschnippen.«
    »Nein«, flüsterte Torak.
    »Sie lügt«, sagte Renn mit eigenartiger, flehender Stimme. »Glaub ihr kein Wort, Torak! Sie lügt! Sie maßt sich Dinge an, die sie nicht getan hat, sie leugnet die Untaten, die sie verbrochen hat. Glaube nichts von dem, was sie sagt!«
    »Nun, manches darfst du ruhig glauben«, sagte Seshru mit giftsprühender Stimme zu Renn. »Wir beide wissen das, was, Renn? Obwohl ich mich wundern muss, dass du es ihm nie gesagt hast. Wenn er tatsächlich dein Freund ist – wenn er dir wirklich so viel bedeutet, wie du ihm bedeutest, und du bedeutest ihm zweifellos sehr viel … Es ihm nicht zu sagen! Was für ein schwerwiegender Fehler! Andererseits«, fügte sie verschlagen hinzu, »hast du inzwischen bestimmt längst begriffen, dass es ein Fehler war. So ist es doch, Renn, oder?«
    Torak sah, dass Renns Gesicht kalkweiß geworden war. »Renn?«, fragte er. »Was hast du?«
    Renns Augen glichen dunkle Höhlen, ihr Ausdruck war nicht zu deuten. »Ich wollte es dir sagen«, brachte sie mit erstickter Stimme heraus. »Aber ich bin nie dazu gekommen … Es war niemals der richtige Moment dafür.«
    Torak spürte, wie ihm eiskalt wurde. »Was denn sagen?«
    »Hast du es noch nicht erraten?«, fragte Seshru, beugte sich vor und betrachtete ihn mit dem starren Blick, mit dem eine Schlange sich ihrem Opfer nähert.
    »Erraten? Was denn?«, fragte Torak. »Renn, was redet sie da?«
    Seshru lächelte ihr aasiges Lächeln. »Sag’s ihm, Renn. Sag es ihm!«
    Renn machte den Mund auf, aber es kam kein Ton heraus.
    »Was ?«, rief Torak.
    Die Natternschamanin leckte sich über die Lippen und zischte: »Sie ist meine Tochter!«

Kapitel 32

    Renn wünschte, Torak würde etwas sagen, irgendetwas, aber er stand einfach nur da und starrte sie an. Und das war schlimmer.
    »Ich wollte es dir sagen«, sagte sie. »Aber ich habe nie den richtigen Zeitpunkt dafür gefunden.«
    Er sah aus, als habe man ihm vor die Brust getreten. Er sah aus, als wüsste er nicht, wer sie überhaupt war.
    Sie fuhr fort: »Am Anfang konnte ich es dir nicht sagen. Sonst hättest du nie mein Freund sein wollen.«
    »Zwei Sommer lang«, flüsterte er. »Du hast es mir zwei Sommer lang verschwiegen.«
    Ihr wurde kalt. Eine tiefe innere Kälte, als sei sie kurz vor dem Erfrieren. »Ich dachte, du hast es vielleicht längst erraten. Als du in diesen Elch übergewechselt bist. Und in die Schlange. Ich dachte, du wärst wütend.«
    »Nein. Du hast dein Geheimnis zu gut vor mir versteckt.«
    Sie zuckte zusammen. »Du … du hast auch Sachen

Weitere Kostenlose Bücher